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„Die Moral dieser Mannschaft war immer positiv“

Saisonrückblick mit Baskets-Headcoach Predrag Krunic

Es war eine aufreibende, aber auch geschichtsträchtige Saison 2016/2017 für die Telekom Baskets Bonn. Insgesamt absolvierten die Bundesstädter im Ligabetrieb, Pokal und FIBA Europe Cup zusammengenommen 54 Partien – so viele wie seit 2008/2009 nicht mehr. Cheftrainer Predrag Krunic wirft einen Blick in den Rückspiegel und berichtet über entwickelte Routinen, Knackpunkte „on the road“ sowie Charaktereigenschaften seiner Schützlinge.

Großer Motivator mit klaren Vorstellungen: Predrag Krunic (Foto: Jörn Wolter)

Coach Krunic, wie groß war die Herausforderung, das Team zwei Tage vor Saisonstart zu übernehmen, und wie bewertest du rückblickend die ersten Wochen mit der Mannschaft?

Predrag Krunic: „Es war eine Situation, wie ich sie noch nie zuvor erlebt habe. Zu einem großen Teil lag genau darin die Herausforderung: Einem Verein, den Telekom Baskets Bonn, denen ich viel zu verdanken habe, in einer schwierigen Lage beiseite zu stehen und alles daran zu setzen eine erfolgreiche Saison zu spielen. Normalerweise planst du als Trainer den kompletten Sommer über, was du, mit wem du, wie du Dinge angehen willst. Du lernst in der Vorbereitung die Stärken und Schwächen deiner Spieler kennen, kannst in Ruhe darauf reagieren und bekommst mit der Zeit ein immer klareres Bild davon, wie sich jeder einzelne, aber auch das Team an sich entwickeln können. Diese Vorlaufzeit hatten wir nicht, sondern haben gerade in der Anfangsphase wirklich nur von Tag zu Tag geplant, gearbeitet, versucht ein funktionierendes Arbeitsverhältnis zu schaffen, das allen Seiten gerecht wird und unser Programm insgesamt voran bringt. Da war kein Gedanke daran, wie die Zukunft aussehen würde, weil wir gleich einen vollgepackten Spielplan und auch den ein oder anderen personellen Rückschlag wegzustecken hatten.“

Wann hat sich bei dir erstmals ein Gefühl von Routine eingestellt?

„Das hat einige Wochen gedauert. Es gab im Oktober und November einzelne Phasen, wo wir trotz nationaler und internationaler Belastung etwas mehr Luft hatten, beispielsweise zwischen zwei aufeinanderfolgenden Heimspielen. Da konnten wir gewisse Dinge anschieben, die uns als Team wirklich besser und gefestigter gemacht haben. Es war großartig, zu sehen, dass innerhalb des Vereins alle an einem Strang gezogen und daran mitgewirkt haben: Spieler, Staff, Office, und nicht zuletzt die Fans sobald wir aufs Feld gegangen sind. Das hat es auch mir leichter gemacht, wieder richtig in Bonn anzukommen. Es war ein spannender Mix aus Altbekanntem und Neuem, was mir aus der internen Sicht verdeutlicht hat, wie sehr sich die Telekom Baskets in den letzten Jahren entwickelt haben.“

Internationaler Wettbewerb, Bundesliga-Alltag, dazu die Pokal-Qualifikation und auf lange Sicht immer die Playoffs vor Augen … worin lag die besondere Herausforderung bei so vielen parallel laufenden Aufgaben?

„Die Herausforderungen haben sich in gewisser Weise erst im Laufe der Saison aufgetan und sind immer größer geworden. Ich hatte vom ersten Moment an, als ich den Spielern vor dem Berlin-Spiel gegenübertrat, ein optimistisches Gefühl und keinerlei Zweifel daran, dass wir eine arbeitswillige Truppe beisammen haben. Manchmal war es hart, da wir mit unglücklichen Verletzungen zu kämpfen hatten und uns der Spielplan viel Kraft gekostet hat. Doch die Moral dieser Mannschaft war immer positiv, ging immer in die richtige Richtung. Die Fans haben uns mit ihren Emotionen angeschoben und dafür gesorgt, dass wir immer wussten wofür wir hier eigentlich tagtäglich in der Halle stehen. Dadurch hat es unheimlich viel Spaß gemacht, diese Mannschaft zu trainieren – alle haben an einem Strang gezogen.“

Gab es während der Saison einen Knackpunkt, an den du dich zurückerinnern kannst?

„Ja, und es sind zwei Auswärtsspiele, an welche sich wahrscheinlich kaum jemand wird erinnern können, die aber unser Selbstverständnis perfekt gezeigt haben. Direkt im Anschluss an die Niederlage in Södertälje (89:90, Anm. der Red.) mussten wir nach Würzburg und haben dort trotz vieler Schwierigkeiten gewonnen (85:81). In diesen beiden Begegnungen habe ich binnen weniger Tage gemerkt, dass die Mannschaft das Fehlen einzelner Spieler kompensieren will und kann – das war ein klares Signal, dass es eine gute Saison werden kann. Wie sich gezeigt hat, war dies eine der ausschlaggebenden Qualitäten dafür, dass wir lange parallel national und international im Geschäft waren – das dürften bis dahin wohl nur die wenigsten unserer Spieler zuvor erlebt haben. Immer, wenn wir es wirklich brauchten, haben wir Charakter gezeigt und noch einmal die Kraft gefunden, um alles zu geben – das hat sich nicht zuletzt im dritten Spiel gegen Bamberg gezeigt.“

Einerseits kehrt nun nach dem Saison ende etwas mehr Ruhe ein, andererseits will der Kader für die kommende Saison zusammengestellt werden. Worauf liegt dabei der Fokus?

„Wir gehen mit dem Wunsch in die Offseason, Kontinuität zu schaffen und einen Kern an Spielern zu halten, welcher die Stadt, die Liga, die Telekom Baskets Bonn und unsere Arbeitsweise bereits kennt. Ob uns das gelingt, werden die kommenden Wochen zeigen. Es gibt immer viele Faktoren für den Verbleib, aber auch für den Abgang eines Spielers. Dadurch mag es öffentlich vielleicht etwas ruhiger um uns werden, aber auf dem Spielermarkt ist immer so viel Bewegung, dass wir dies im täglichen Kontakt mit Spielern und Agenten zu spüren bekommen – es wird ein spannender Sommer!“


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