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Baskets-Tagebuch: 6. Dezember - Nikolaus in türkischer Hauptstadt

Keine Süßigkeiten im Stiefel, dafür gibt es abends einen Sieg gegen Ankara

Nach der langen Reise vom Flughafen Köln/Bonn über München nach Ankara sind die Telekom Baskets Bonn bereit für das fünfte Gruppenspiel in der FIBA EuroChallenge. Der komplette Ablauf ist der Vorbereitung auf das abendliche Spiel gegen den türkischen Pokalsieger von 2008 abgestimmt. Je näher der Tipoff rückt, desto fokussierter werden alle Beteiligten. Wird beim Frühstück noch gelacht und auf der Fahrt zum Shootaround herumgeflaxt, haben spätestens nach dem Mittagsschlaf alle ihr „Game Face“ aufgesetzt. Und wozu das alles? Um mit einem souveränen 94:81 den Einzug in die nächste Runde dingfest zu machen.

10:00 Uhr: Frühstück

 

Nach dem späten Abendessen des Vortages wird erstmal ausgeschlafen. Punkt 9:30 Uhr klingelt Teambetreuer Andreas Könings die Spieler aus den Betten, die kurz darauf am reichhaltigen Frühstücksbüffett stehen. Neben den Standards wie Rührei und Würstchen gibt es zahlreiche kulinarische Leckereien, die aufgrund mangelnder Kenntnis der türkischen Küche zwar nicht identifiziert werden können, dem Gaumen nichts desto trotz schmeicheln.

 

10:30 Uhr: Video

 

Im direkten Anschluss an den Morgenkaffee geht es in einen Besprechungsraum, wo Headcoach Michael Koch in der Theorie nochmal auf die taktischen Besonderheiten gegen Türk Telekom eingeht. Dann übergibt er an Co-Trainer Peter Günschel, der einen Videoauszug der FIBA EuroChallenge-Partie „Ankara vs. Izmir“ auf die Leinwand bringt. Mit kurzen Stichworten weißt Koch zwischendurch auf Kleinigkeiten hin, zumal in dem gezeigten Spiel sowohl Mehmet Okur (zurück in die NBA) als auch Darius Washington (verletzt) noch mit von der Partie sind. Der Cheftrainer verweist deswegen unter anderem auf den Ex-Berliner Michael Wright, der offensiv noch mehr gefragt ist. Im Nachgang wird sich herausstellen, dass Kochs Worte abends nahezu prophetisch in Erfüllung gingen.

 

11:15 Uhr: Abfahrt zum Shootaround

 

Nach der visualisierten Theorie ist vor der Praxis. Zum zweiten Mal seit der Ankunft geht es in den „Ankara Spor Salonu“, um Hand- und Sprunggelenke zu lockern, aber auch den Kopf einzuschalten. Unter den gestrengen Augen des Hausmeisters, der parallel zum Training der Baskets noch die Seitenbanden präpariert, werden abermals des Gegners wichtigste Systeme und einige spezielle Ausstiege für die Schlüsselspieler durchgegangen. Beim abschließenden Wurfspiel „Money in the bank“ steht, zur Verwunderung seiner Mannschaftskollegen und der offensichtlichen Erheiterung des Hausmeisters, plötzlich Jonas Wohlfarth-Bottermann im Finale - dort muss er sich aber Simonas Serapinas geschlagen geben, der jenseits der 6,75 Meter-Linie schonmal ein Kreuzchen auf den Boden gemacht hat.

 

13:00 Uhr: Mittagessen

 

Nach einer schnellen Dusche geht es ins Hotelrestaurant, wo viel Fleisch und grüne Beilagen darauf warten verspeist zu werden. Ganz im Gegensatz zum Abendessen tags zuvor geht es nicht darum, sich den Bauch voll zu schlagen, um den Hunger zu bekämpfen und Reserven aufzufüllen. Vielmehr achten die Spieler darauf, nur so viel zu sich zu nehmen, wie Sinn macht, ehe sich ein Teil des Teams nochmal hinlegt und der andere sich auf der nahegelegenen EInkaufsmeile die Füße vertritt.

 

16:30 Uhr: Snack

 

Ein paar belegte Schnittchen, Kuchen, Kaffee und Unmengen verschiedener Sorten Tee stehen auf einem Tisch im Konferenzraum. Statt wie bei der Videoanalyse auf Türk Telekom einzugehen, liegt der ganze Fokus darauf, zweieinhalb Stunden vor dem Spiel dem Körper einen kleinen Energieschub zu geben. „Zusätzlich gehen wir damit sicher, dass niemand aus Versehen verschläft“, sagt Teambetreuer Andreas Könings. Es ist einer der wenigen Sätze, die in diesen Minuten fallen. Nach und nach verlassen die Spieler die Runde und ziehen sich auf ihre Zimmer zurück, um die Tasche fürs Spiel zu packen. Coach Koch ist schon „uniformiert“ und scheint gedanklich nochmal einige Dinge durchzugehen.

 

17:10 Uhr: Abfahrt zum Spiel

 

Sogar fünf Minuten früher als geplant verlässt der Bus das Hotelgelände in Richtung „Ankara Spor Salonu“. Auf den meisten Ohren ruhen große Kopfhörer, die meist starren Blicke zeugen von Bereitschaft und Willen. Kreuzen sich zwei Augenpaare zufällig, wird der Kontakt kurz gehalten und dann nichtssagend-vielsagend genickt - auf geht‘s Baskets, kämpfen und siegen! Der Bus rollt nicht wie zuvor auf den Parkplatz, sondern wird von der Security direkt durch ein riesiges Tor in den Bauch der Halle gelotst. Die Arena selbst ist im Innenraum in türkisblaues Licht getaucht, welches der große Würfel unter dem Hallendach abstrahlt. In den Katakomben herrscht emsige Betriebsamkeit, Techniker von „FIBA TV“ rollen die letzten Kabelstränge aus, von den Gastgebern ist weit und breit nichts zu sehen. Die Baskets verschwinden in ihrer Umkleide, ziehen sich ein letztes Mal in den engsten Kreis der Mannschaft zurück.

 

20:45 Uhr: Ein Stiefel voller neuer Gegner

 

Andrej Mangold steht, den Oberkörper vornüber gebeugt, schwer atmend und sturzbachartig schwitzend, auf dem Parkett. An ihm vorbei geht Jared Jordan, der ebenfalls ziemlich gezeichnet daherkommt und dem Deutschen auf den Rücke klopft. Chris Ensminger hält sich noch immer den Kiefer, der während der Partie unliebsame Bekanntschaft mit dem Ellbogen von Kaspars Kambala gemacht hat. Was trotz all der Erschöpfung, trotz der davongetragenen Blessuren zählt, prangt im Großformat auf dem Videowürfel: „Ankara 81, Bonn 94“! Auf den Rängen freut sich ein einsamer Fan im Bremerhaven-Trikot für und mit den Magentafarben, der den Sportlichen Leiter der Baskets, Carsten Pohl, noch aus dessen Zeit bei den Eisbären kennt und momentan in Ankara studiert.

 

Die Telekom Baskets stehen damit einen Spieltag vor Ende der Gruppenphase in der FIBA EuroChallenge sicher in der nächsten Runde. Bei der Pressekonferenz vor genau null türkischen Medienvertretern geben Michael Koch und Chris Ensminger in professioneller Manier ihre Statements ab, dann geht es schnellstmöglich in den Bus. Auf dem Weg ins Hotel wird bereits darüber gerätselt, auf welche Gegner Bonn in der nächsten Runde treffen könnte.

 

22:00 Uhr: Abendessen (mit Verzögerung)

 

Geschlaucht, aber glücklich und zufrieden sitzt der Baskets-Tross im Restaurant, lacht schon wieder über einzelne Szenen des Spiels und wartet auf Zvonko Buljan. Der Kroate muss medial nachsitzen, da die heimische Presse gerne noch ein paar O-Töne übermittelt haben möchte. Coach Koch eröffnet dem Forward, dass er das Büffett schonmal ohne ihr eröffnen wird, was bei Buljan zu einem wahren Schwall an Antworten in Rekordzeit führt. So kommt er mit kleiner Verspätung zu seinem Platz, holt den Vorsprung der anderen Speisenden jedoch schneller auf, als dem Küchenpersonal lieb sein kann. Der Rest des Abends geht mit themenübergreifenden Gesprächen, einem kühlen Hefeerzeugnis sowie einer großen Pokerrunde in die hereinbrechende Nacht über...


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