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Erfolg ist kein Glück

Baskets-Guard TJ DiLeo im Portrait

„Als ich klein war, wollte ich - wie jeder andere auch - so sein und spielen wie Allen Iverson. Er war der Spieler, dem alle nacheiferten.“ Im Süden New Jerseys beginnt die Geschichte dieses jungen Mannes … wobei dies auch nur zum Teil korrekt ist. Zur Welt kam der heute 27-Jährige ursprünglich in Düsseldorf, zog jedoch kurz nach seiner Geburt mit seinen Eltern zurück ins Mutterland des Basketballs und verbrachte dort seine Teenager-Jahre. Sein Leben war von Anfang an geprägt durch die orangefarbene Basketballkugel. Wie auch anders, schließlich waren seine Eltern bekannte Namen in der Basketballszene.

Unauffälliges, aber umso wichtigeres Rädchen im Baskets-Uhrenwerk: TJ DiLeo (Foto: Jörn Wolter)

Sein Vater, Tony DiLeo, damals ein erfolgreicher Basketballtrainer in Deutschland, machte sich auch international einen Namen, als er samt Familie im Gepäck in die Staaten zurückkehrte und General Manager der Philadelphia 76ers wurde und kurz darauf dort gar als Headcoach einstieg. Durch seine Mutter, welche selber in Deutschland erfolgreich Basketball spielte und somit TJ den Sport mit in die Gene gab, gab es nur eine Option für ihn: „Ich bin mit dem Basketball aufgewachsen. Ich wurde nie zu etwas gezwungen, die Liebe zum Basketball kam ganz von alleine. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen etwas anderes zu tun oder einen anderen Weg einzuschlagen“, berichtet er. Dabei war TJ in seinen Jugendjahren neben Basketball auch König Fußball zugetan und verbrachte seine Sommerferien in diversen Camps, in denen von früh bis spät gekickt wurde. Zum Fußball-Star jedoch, so gibt er heute selbstkritisch mit einem Augenzwinkern zu, reichten seine Skills dann jedoch nicht aus.

Die perfekten Familienumstände geben ihm die Möglichkeit schon von klein auf die Luft der ganz Großen zu schnuppern und das Spiel zu verstehen: „Als ich älter wurde, war ich immer öfter im Umfeld des Teams meines Vaters und lernte einige der Spieler besser kennen.“ Die ersten eigenen Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. In seinem Abschlussjahr an der Cinnaminson High entwickelt er sich innerhalb kürzester Zeit zum wichtigsten Spieler seines Teams. Mit durchschnittlich 24 Punkten und sechs Rebounds pro Partie führt er seine Mannschaft ins Finale der bundesweiten Schulliga und gewinnt den Titel. Dabei stellt er diverse Rekorde auf, so etwa die in 26 Saisonspielen aufgelegten 692 Punkte (26,6 PpS) und versenkt die meisten Würfe von „Downtown“.

Man erntet nur so viel, wie man auch gibt

So richtig beginnt seine Reise dann in Philadelphia mit seinem Studium an der Temple University, wo er ab 2008 als Shooting Guard für das College-Team der Owls auf Korbjagd geht – ein Team aus der starken Atlantic 10 Conference der NCAA. Doch die Karriere des "Freshman" beginnt ziemlich unglücklich. Schon kurz nach Saisonbeginn muss er verletzungsbedingt die restliche Spielzeit der Saison auf der Bank verbringen. „Es war bitter und echt frustrierend“, sagt der DiLeo rückblickend. Schritt für Schritt kämpft er sich zurück und erhält im Sommer 2010 eine Einladung des Deutschen Basketball Bundes zu den U20-Europameisterschaften. Der Juniorenauswahlspieler entwickelt sich schnell zu einem der besten Scorer der „Adlerträger“. Und: Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass er seinem Headcoach Denis Wucherer über den Weg läuft.

Nachdem er sein Marketing-Studium 2013 beendet, bucht er sein Ticket gen „zweite Heimat“ Deutschland. DiLeo: „Wenn du wirklich sehr gut bist, schaffst du es vielleicht in die NBA – davon träumt jeder kleine Junge. Und wenn es nicht reicht, gehen viele Spieler ins europäische Ausland. Ich habe lange genug in den Staaten gespielt, um einschätzen zu können, wofür es bei mir reicht. Da ich eine deutsche Staatsbürgerschaft habe, fiel mir die Entscheidung nicht allzu schwer. Ich hatte ein gutes Gefühl, dass Deutschland ein guter Ort für mich sein wird, um meine Profikarriere zu beginnen.“

Unter den Fittichen von eben jenem Denis Wucherer beginnt für ihn bei den GIESSEN 46ers der Ernst des Lebens. DiLeo akklimatisiert sich schnell im deutschen Basketball, obwohl er nach eigener Aussage nicht das Buch seines Vaters gelesen habe, welches amerikanischen Spielern helfen soll, sich im Ausland einzuleben. „Du bist nie alleine, du hast immer noch andere Spieler aus Amerika, die genau in der gleichen Situation sind wie du“, sagt er. Als Spielmacher des Erstligaabsteigers steht er über 30 Minuten pro Spiel auf dem Feld und führt, jetzt schon als Kapitän, sein Team ungeschlagen durch die ProA-Playoffs 2014/2015 zurück ins Oberhaus. „In der darauffolgenden Saison, so erklärt DiLeo, „spielte ich nur noch selten Point Guard, weil dann Braydon Hobbs und Cameron Wells dazu kamen. So spielte ich wie damals zu College-Zeiten primär auf der Zwei und fungierte eher als Backup für die beiden, was für mich jedoch kein allzu großes Problem war.“ Nach drei Jahren und knapp 100 Einsätzen für die Mittelhessen verlässt er Gießener und bricht zu neuen Ufern auf.

Keine Zeit mehr zu warten, lass die Anderen für mich schlafen

Zusammen mit Yorman Polas Bartolo kommt der 1,90 große Combo Guard im Sommer 2017 aus Gießen zu den Telekom Baskets. DiLeo: „Für mich war es diese Saison wichtig, ein smarter Spieler zu sein. Ich will jeden im Team besser machen und vor allem ein guter Mitspieler sein – auf und neben dem Feld. Meine Rolle dieses Jahr hat sich wieder sichtlich verändert. Zumindest etwas. Seitdem Konsti (Konstantin Klein, die Red.) sich leider recht früh verletzt hat, musste ich wieder viel häufiger Point Guard spielen, häufiger als früher.“ Dieser Wechsel scheint ihm jedoch nicht viel auszumachen, im Gegenteil: „Mir ist dadurch wieder aufgefallen, wie unheimlich gerne ich auf der Eins spiele. So ist es deswegen momentan ganz gut für mich, auch wenn ich hoffe, dass Konstantin so schnell wie möglich wieder einsteigen kann.“ Und wie sieht der Guard den momentanen Höhenflug seines Teams?  Da, so TJ, komme es neben dem Talent besonders auf die Variabilität des Teams an. Das sei einer der „zweifelsfrei größten Faktoren“, weshalb die Mannschaft in der aktuellen Saison (wettbewerbsübergreifende Bilanz: 26-11) so stark ist. „Wir können sowohl eine sehr starke Defense als auch Offense spielen, aber vor allem haben wir einen so flexiblen Kader, wo jeder mehrere Positionen spielen kann und immer jemand anderes zum Schlüsselspieler wird. Ich denke, das ist auch der Grund wieso wir die Ausfälle so gut kompensieren konnten. Über die Zeit haben wir uns alle so gut kennengelernt – die Chemie in der Kabine stimmt einfach! Und vor allem wissen wir, was jeder einzelne von uns auf dem Feld kann und wachsen durch jedes Spiel immer mehr zusammen. Ich bin gespannt was uns diese Saison noch bringt.“

Zu weit in die Zukunft denken möchte er jedoch nicht und lässt die Dinge auf sich zukommen. TJ weiß zu gut, dass wie der Basketball auch eine Spielerkarriere nach dem Prinzip der "Läufe" funktioniert. Was also noch kommt? Egal, das Momentum zählt. Nur eines weiß er bereits hundertprozentig: ,,Solange ich die Kugel noch durch den Ring werfen kann, werde ich das auch tun. Ich möchte dem Basketball treu bleiben, entweder als Trainer oder in einem anderen sportlichen Bereich. Entweder am College oder, wenn ich die Chance dazu bekomme, sogar bei einem NBA-Team – wie mein Vater.“

 


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