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"Es ist eine Frage des Wollens"

General-Anzeiger vom 01.07.03

Investor für Elf-Millionen-Baskets-Halle auf dem Bonner Hardtberg gefunden - Präsident Wolfgang Wiedlich: Ein Konzept mit Vorteilen für Klub und Stadt

Bonn. Der Bau einer neuen Basketball-Halle, mit der die Bonner Baskets in Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben wollen, ist seit Jahren eine Hängepartie. Nun präsentiert der Bundesligist einen Investor, mit dessen Hilfe Halle und Trainingszentrum für Jugendliche und Kinder auf dem BGS-Gelände Wirklichkeit werden könnten. Im Rathaus hält man sich weiter bedeckt, immer noch müssen Hausaufgaben erledigt werden, heißt es. Aber die Zeit drängt. Mit Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich sprach Sigurd Panne.

 

GA: Erst Sportpark Nord, dann Josefshöhe, zwischendurch Bonn-Kegel, jetzt BGS-Gelände mit neuen Problemen. Alle Parteien haben Ihnen ein kostenloses Grundstück versprochen. Glauben Sie noch daran?

 

Wolfgang Wiedlich: Ja. Aber die Stadt Bonn kann ein Grundstück nicht verschenken. Sie kann es uns zum Beispiel mit zehntausenden Trainingsstunden inklusive Warmduschen für die nächsten zehn Jahre verrechnen, die wir dann mit 40 Teams in 16 Hallen für andere Vereine freimachen. Grundstücke sind unterschiedlich viel wert, einige gehören der Stadt, einige nicht, und das BGS-Gelände ist Teil der Entwicklungsmaßnahme Hardtberg, gehört also zum Teil dem Land.

 

GA: Ist der Stadt das Grundstück vielleicht zu wertvoll?

 

Wiedlich: Seit zwölf Jahren ist damit nichts geschehen, der Standort war eigentlich im Projektbeirat für den Hallenneubau Konsens. Im Übrigen ist die Standort-Diskussion der letzten drei Jahre eine Schein-Diskussion gewesen. Mit der Festlegung auf einem Standort ist nicht beantwortet: Wer zahlt die Halle? Um diesen heißen Brei tanzten die Politiker aller Parteien und keiner wollte sich verbrennen. Bis heute haben wir von der Stadt keine verbindliche Auskunft, ob sie einen Baukostenzuschuss gibt oder nicht. Es gibt viel Informelles, aber nichts Verlässliches, womit man planen könnte.

 

GA: Wo soll das Geld herkommen?

 

Wiedlich: Gute Frage. Das Land gibt keinen Zuschuss, eingeplant und zunächst zugesagt waren 3,2 Millionen Euro. Und wenn in Bonn öffentliche Sportanlagen verfallen und in Schulen nur die nötigsten Reparaturen ausgeführt werden können, was soll man da realistisch von der Stadt erwarten? Wir wollen keinen städtischen Zuschuss auf Kosten des Bonner Sports, dazu kennen wir die Probleme, die alle Vereine haben, nur zu genau, schließlich haben wir selbst mehr als 400 Kinder und Jugendliche. Aber vielleicht muss man ein Team, das in Deutschland und quer durch Europa als Botschafter Bonns wirbt, ganz anders betrachten, zum Beispiel durch die Brille des Wirtschaftsförderers oder in Richtung Investitionshaushalt.

 

GA: Können Sie das Projekt wirtschaftlich nicht mit Sponsoren und dem Engagement der Fans stemmen?

 

Wiedlich: Die werden etwas beitragen, aber wir reden hier über ein Elf-Millionen-Euro-Projekt. Alle Beteiligten müssen sich erst einmal eingestehen, dass die Zeiten für solch ein Projekt recht düster sind. Dennoch haben wir nicht aufgegeben und nach anderen Wegen gesucht.

 

GA: Zum Beispiel?

 

Wiedlich: Das Namensrecht der Halle ist nun ein unverzichtbarer Finanzierungspfeiler. An einer Halle, die man nicht sieht, an der kein öffentlicher Verkehr vorbeifließt, ist das Namensrecht nichts wert. So landeten wir zwangsläufig an der Ecke Autobahn/Konrad-Adenauer-Damm, wo täglich zehntausende Autos vorbeifahren. Das ist ein Standortvorteil des BGS-Geländes, und wir haben bereits ernsthafte Interessenten für das Naming right.

 

GA: Die Vermarktung des Namens dürfte kaum ausreichen, eine 5 800 Zuschauer fassende Halle zu finanzieren?

 

Wiedlich: Aber so wäre schon Mal der weggefallene NRW-Zuschuss kompensiert.

 

GA: Und die anderen Millionen?

 

Wiedlich: Wir haben einen Investor gefunden, der einen Großteil der Baukosten übernimmt, wenn ihm auf dem BGS-Gelände bestimmte Nutzungen gestattet werden. Unser Kreditbedarf wäre dann überschaubar, was wesentlich ist, denn wir müssen durch Mehreinnahmen in der Halle auch noch jährlich rund 400 000 Euro Betriebskosten stemmen. Es bringt nichts, eine neue Halle zu bejubeln und dann nur noch einen Teametat zu haben, mit dem man gegen den Abstieg spielt. Alles muss in Relation zueinander stehen.

 

GA: Welches Nutzungskonzept hat der Investor?

 

Wiedlich: Unterhaltungselektronik und ein Supermarkt mit weitgehend Lebensmitteln, dazu wahrscheinlich noch ein Baumarkt. Aber das sind erste Entwürfe, es gibt Spielräume.

 

GA: Der Stadt ist angeblich erst jetzt aufgefallen, dass es damit Probleme auf dem BGS-Gelände gibt. Sagt Ihnen das Wort "zentrumsschädlich" etwas?

 

Wiedlich: Ich kenne inzwischen sogar die so genannte Kölner Liste, die definiert, dass ein SB-Warenhaus dann zentrumsunschädlich ist, wenn das Sortiment zu 80 Prozent aus Lebensmitteln besteht. Der Projektbeirat mit Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann hat uns losgeschickt und gesagt: "Nehmt Gespräche zu Investoren und Projektentwicklern für das BGS-Gelände auf. Wichtig ist, dass ihr Euch einigt." Nun haben wir eine Lösung, die zwei entscheidende Vorteile hat: Der Klub muss sich nicht abenteuerlich verschulden, und die Stadt müsste ausschließlich das Grundstück für die Sportnutzung zur Verfügung stellen. Sagt die Stadt ja zum Investor/Baskets-Konzept, könnten bald die Bagger rollen.

 

GA: Was ist, wenn Rat und Verwaltung großflächigen Einzelhandel auf dem Hardtberg nicht zulassen. Würde das Projekt scheitern?

 

Wiedlich: Möglich ist das. Unsere Kernkompetenz liegt darin, einen Fan-nahen Basketballklub durch alle Minenfelder zwischen Sponsoring und Stars zu führen, was schwierig genug ist, und nicht darin, von Standort zu Standort zu laufen und ihn für ein Projekt zu prüfen. Von uns befragte neutrale Experten zur Entwicklungsmaßnahme Hardtberg haben uns versichert: Euer Konzept lässt sich rechtlich einwandfrei umsetzen, wenn es politisch gewollt ist. Allerdings ließe sich über eine potenzielle Zentrumsschädlichkeit auch eine Argumentationskette aufbauen, um das Projekt zu verhindern. Mit anderen Worten: Die Bonner Politik muss endlich Farbe bekennen. Ein Haar in der Suppe lässt sich in jedem Konzept finden, aber es sollte allen bewusst sein, dass es in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit keine Lösung ohne irgendeine Kröte gibt, die geschluckt werden muss. Wer etwas anderes glaubt, muss praktikable Alternativen aufzeigen oder offen sagen, dass er keine Chancen für irgendeine städtische Unterstützung der Baskets sieht. Auch das wäre ein Fortschritt zu mehr Klarheit.

 

GA: Schauen Sie neidisch auf andere Städte mit neuen Hallen?

 

Wiedlich: Basketball hat in Bonn, nicht zuletzt durch die vielen Studenten, eine fast 30-jährige Tradition. Aufgeblüht ist das Ganze durch das Sponsoring der Telekom. Das Sportamt hat uns nach Kräften unterstützt, aber unterm Strich musste die Stadt nicht viel dafür tun, dass Bonn eine kleine Basketball-Hauptstadt in Deutschland geworden ist und inzwischen auch auf der Basketball-Landkarte Europas einen Namen hat. Wenn Bremerhaven, eine Stadt mit 120 000 Einwohnern, bereit ist, ihr sportliches Aushängeschild jährlich mit 350 000 Euro zu fördern, von den vielen Fußballstadien mit städtischer Unterstützung will ich erst gar nicht reden, dann hat die Stadt jetzt die Chance, die Weichen für dauerhaften Spitzenbasketball in Bonn zu stellen. Warum sollen wir hier nicht eines Tages ein Bundesleistungszentrum haben?

 

GA: Die Idee, die Halle auf das BGS-Gelände zu stellen, stammt von CDU-Hardtberg-Bezirksvorsteher Gerhard Lorth. Tut sich die Oberbürgermeisterin (SPD) deshalb so schwer?

 

Wiedlich: Ich weiß nicht, ob sie sich schwer tut. Ich bin überzeugt, dass Bärbel Dieckmann die Baskets-Halle will. Wir, die Baskets, und da spreche ich für viele Fans und Sponsoren, denken, dass die Baskets-Halle das denkbar schlechteste Thema für einen Parteienstreit ist. Die Baskets lieben ihr Bonn. Wir sind regelrechte Bonn-Patrioten. Aber ich wünsche mir schon mehr Begleiter in Verwaltung und Politik, die uns sagen, wie es geht, und nicht, warum etwas nicht geht. Es ist eine Frage des Wollens, auch in schlechten Zeiten mit Mut und Phantasie ein sinnvolles Projekt umzusetzen. Ich kenne keinen Klub in der Liga, der in der Hallenfrage so viel Risiko auf sich nimmt wie die Baskets und die Betriebskosten allein stemmen will. Wir wollen nur Hilfe zur Selbsthilfe.

 

GA: Im Hallenranking der Liga auf einem Abstiegsplatz zu stehen, dürfte einem Global Player auf Dauer sauer aufstoßen. Könnte die Deutsche Telekom ihr Hauptsponsoring beenden?

 

Wiedlich: Die Geduld der Telekom müssen Sie an der B 9 erfragen. Klar ist, dass es ohne die Deutsche Telekom den Basketball-Boom in Bonn nicht gäbe, auch nicht über 25 Stunden Fernsehen aus der Hardtberghalle. Ich glaube, dieses Sponsoring-Projekt ist nachhaltiger und erfolgreicher, als es der größte Optimist vor zehn Jahren ahnen konnte.

 

GA: Einige Politiker sagen, wenn die Baskets absteigen oder die Telekom als Sponsor aussteigt, wurde die Halle umsonst gebaut. Können Sie solche Einwände verstehen?

 

Wiedlich: Kann ich. Aber ich sage auch: Das ist ein Totschlag-Argument. Wer so denkt, bewegt nichts. Es ist das alte Lied vom halb vollen oder halb leeren Glas. Die Baskets, ihre Sponsoren und ihre Fans liefern seit einem Jahrzehnt Kontinuität auf hohem Niveau ab, Spitzenleistungen nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch im Internet und im Sonderzug-Tourismus und in vielem mehr. Und das teilweise unter großen Entbehrungen einzelner Personen im Umfeld. Oder: Seit wann gibt es eine VIP-Lounge im Bonner Sport? Seit es sie gibt, wollen alle möglichen Veranstalter die Hardtberghalle mieten.

 

Oder: Vor 25 Jahren wurde im Bonner Sport häufig geklagt, dass es hier nur viele Ämter und Bundesministerien gebe, also kein gutes Pflaster für Spitzensport-Sponsoring. Nun engagiert sich seit zehn Jahren die Telekom und aus einer Fan-Schar ist eine kleine Volksbewegung quer durch alle sozialen Schichten geworden, für die zuerst das Pennenfeld und jetzt die Hardtberghalle zu klein geworden ist. "Sportstadt Bonn" ist ein hübscher Slogan. Jetzt steht er auf dem Prüfstand. Und die Zeit drängt.


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