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Feature: Matchup-Führer Ohlbrecht vs. Grünheid

Im steten Wechsel zwischen Innen und Außen suchen die modernen Power Forwards das gesunde Mittelmaß

Im ersten Teil des Matchup-Führers ging es um Baskets-Spielmacher Nic Wise sowie Tübingens Assistmaschine Branislav Ratkovica. Den zweiten Part bildeten die Shooting Guards Jeremy Hunt und Julius Jenkins (Berlin) im Fokus. Den dritten Teil prägten auf der andere Seite des Flügels Folarin Campbell und Jimmy McKinney (Frankfurt). Im vierten Part des Matchup-Führers geht es nun um zwei Spieler, die als Power Forward die Position bekleiden, welche im Basketball innerhalb des letzten Jahrzehnts die größte Veränderung durchgemacht hat. Willkommen in der Welt von Nationalspieler Tim Ohlbrecht und Wölfe-Vierer Guido Grünheid.

 

Taffer als gedacht

 

Es gibt eine Szene in der Karriere des Guido Grünheid, die ihn in Basketballdeutschland berühmt und berüchtigt gemacht hat. Es ist die Finalserie 2003 um die Deutsche Meisterschaft. Berlin versus Bamberg. In einer eng geführten Partie lässt sich der damals 20-Jährige instinktiv in die rechte Ecke hinter die Dreierlinie zurückfallen und öffnete so in der Zone den Platz für Mannschaftskamerad DC Collins. Der Guard vernascht seinen Verteidiger, attackiert das Brett und zieht so die Aufmerksamkeit von Grünheids Bewacher auf sich, der prompt zur Hilfe eilt. Ein Pass, und der lange Schlacks schickt sofort den Dreier auf die Reise. Der Distanztreffer zum 72:69 für die Albatrosse 35 Sekunden vor Schluss sichert Berlin letztlich den siebten Titel in Serie, Grünheid wird von den Hauptstadt-Fans auf Händen getragen. In der ganzen Saison 2002/2003 hatte der Youngster zuvor erst sechs Mal von jenseits der 6,25m-Linie draufgehalten, was seine Kaltschnäuzigkeit umso imposanter erscheinen lässt.

 

Acht Jahre später ist der 2,08m-Mann im Kader des Mitteldeutschen BC eine der wenigen klaren Konstanten. Seine durchschnittlich 5,4 abgegriffenen Rebounds pro Spiel sind der beste Wert im Wolfs-Rudel, was bereits darauf deuten lässt, dass Grünheid sich im Zonengewühl wohl fühlt. Zwar so gehört es sich für einen modernen Vierer hält er sich auch oft an der Dreierlinie auf, doch sein Wurf von außen ist keine überaus große Bedrohung. Nur etwa jeder fünfte Schuss (20,8 Prozent) von außen findet seinen Weg zum anberaumten Ziel, weswegen er seine 114 Kilogramm vermehrt lieber in die Penetration wirft. Beim Drive bevorzugt er das Dribbling über die rechte Seite. Im Lowpost hat er einen netten Baby-Hook am Start, der ebenfalls fast ausnahmslos mit der rechten Hand angebracht wird. Mit dem Rücken zum Korb agierend sucht Grünheid zudem gern den Weg um den Verteidiger herum, indem er sich über die linke Schulter dreht und dann den Weg ans Brett, bzw. den Kontakt zum Gegner sucht. In der Verteidigung ist er ein solider Positionskämpfer, geht aber nicht überaus aggressiv zum Ball, da er eine Tendenz zu hoher Foulbelastung hat. Grünheid hat 2010/2011 in 20 Spielen deren zwölf mit mindestens vier Fouls auf dem Konto beendet, wobei er in vier Partien frühzeitig vom Feld musste.

 

Das goldene Mittelmaß

 

Im Vergleich zu Grünheid bringt Tim Ohlbrecht mit seinen 98 Kilogramm einiges weniger auf die Waage. Was allerdings nicht bedeutet, dass der früher gern als soft verschriene Forward dem physischen Spiel vollend aus dem Weg geht. Im Gegenteil, der 22-Jährige sucht und findet die goldene Mitte zwischen Aktionen in der Zone sowie Würfen von außen. Im System der Telekom Baskets findet er sich nicht zu selten auf einer Außenposition wieder, wo er dank des grünen Lichts von Headcoach Michael Koch jederzeit einen Dreierversuch auf die Reise schicken darf. Seine aktuelle Trefferquote von 33,3 Prozent aus der Distanz ist nicht die eines designierten Shooters, aber nach 2009/2010 (34,2 Prozent) Ohlbrechts zweitbeste Karrierewert.

 

Sein Spiel mit dem Rücken zum Korb ist ausbaufähig, stattdessen dreht sich der 2,10m-Mann nach der Ballannahme lieber mit dem Gesicht zum Brett, um nach einer Schusstäuschung oder ein, zwei schnellen Dribblings auf der Stelle zu attackieren. In Zonennähe schließt er in 38,6 Prozent aller Fälle erfolgreich ab. Erstaunlich ist die Tatsache, dass der Forward ganz bewusst seine Länge ausnutzt, um in Brettnähe zu punkten, anstatt sich in den körperlich bequemeren Midrange-Jumper zu verlieben. Von all seinen Korbversuchen stammen nur schlappe 8,5 Prozent aus der Mitteldistanz, 42,2 Prozent von Downtown und präsente 49,3 Prozent innerhalb der Zone.

 

Defensiv erlaubt es ihm seine Beweglichkeit, auch kleinere Gegenspieler bis hinaus an die Dreierlinie zu verteidigen. Dort könnte Ohlbrecht dank seiner enormen Spannweite vereinzelt noch etwas mehr Abstand lassen, um nicht doch durch einen schnellen ersten Schritt geschlagen zu werden. Im Lowpost besteht er gut gegen schwerere Kontrahenten, was sich nicht zuletzt an der Zahl der abgegriffenen Fehlwürfe (4,5 RpS) ablesen lässt.

 

 

 

 


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