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Feature: Wehe, wenn sie losgelassen

Telekom Baskets-Forward Alex King und Triers Philip Zwiener haben lange warten müssen, ehe sie Gas geben durften

Basketball ist eine tolle Sportart. Mit Kumpels kann auf dem Freiplatz gezockt oder im Verein ordentlich trainiert werden. Irgendwie steht dabei der Spaß immer ganz klar im Vordergrund. Bei manchen Jugendlichen sorgt das Ehrgeiz-Gen dafür, dass sie auf dem Feld stets etwas mehr investieren als andere. Dass sie Qualitäten entwickeln, die sie oberhalb der Norm agieren lassen und in die Notizbücher diverser Spielerbeobachter bringt. Spätestens mit dem Ende der Jugendkarriere ist es dann vorbei mit dem Spaß, denn im Profigeschäft weht ein ganz anderer Wind Bonns Alex King und Triers Philip Zwiener mussten dies jahrelang auf die harte Tour lernen.

 

Wir sehn uns wieder

 

In der Saison 2004/2005 waren die Bremern Roosters in der 2. Liga Nord eine der heißesten Mannschaften der gesamten Jungen Liga. Dass die Nordlichter bei der versammelten Konkurrenz gefürchtet waren, lag allerdings nicht nur an Veteranen wie Danny Herbst oder Jens Hakanowitz, die durch die frische Seeluft beschwingt aufspielten, sondern an einem 19-jährigen Youngster, der das ganze Team auf ein neues, ein höheres Level hob. Es war die Spielzeit, in der Philip Zwiener mit einem nicht zu verteidigenden Spin-Move gegnerische Verteidigungen durchschnitt wie ein erhitztes Messer tiefgefrorene Butter. Der Jungspund legt im Schnitt 14,4 Punkte pro Partie auf und garniert diese mit guter Arbeit am Brett (4,7 RpS). Das weckt Begehrlichkeiten, und so ist es nicht sonderlich verwunderlich, dass Zwiener nach der Saison bei ALBA Berlin unterschreibt. Alles schreit in dieser Zeit nach Langzeitplanung mit Blick auf die irgendwann einmal kommende Deutschen-Quote. Wozu einen Bankdrücker mit dem D im Pass hinter der Bande sitzen haben, wenn es auch gute Einheimische mit Skills gibt, die das Oberhaus rocken können so die graue Theorie. Fünf Jahre später hat Zwiener lediglich während einer Saison im Schnitt zweistellige Minuteneinsätze abgegriffen (2008/09: 11:26min). Bei Kooperationspartner TuS Lichterfelde ist er fast chronisch unterfordert, weil er im Training bei den Albatrossen so unendlich viel lernt, was wochenends auf der BBL-Bühne niemand sehen kann.

 

Fürs Memo: Wir reden hier von Kalibern á la Matej Mamic, Quadre Lollis, Sharrod Ford, Aleksandar Nadjfeji, Dijon Thompson oder auch Ansu Sesay als Konkurrenz um Spielanteile. Auf der anderen Seite sind es genau jene Hochkaräter, gegen die Zwiener jeden Tag ran muss. Die er studieren kann. All diese Stunden der harten Arbeit zahlen sich jetzt, da der 2,01m-Mann im Trierer Dress die Liga aufmischt, zigfach aus. Mit 25 Jahren ist Zwiener aus dem Stadium des jungen Talents längst heraus, ist ein Mann geworden, der im TBB-Kader ohne Umschweife auch The Man ist. Seine durchschnittlich 14,0 Punkte und 5,4 Rebounds pro Spiel sind teaminterne Bestwerte und das in gerade einmal 29:30 Minuten Spielzeit. Bei seinem ersten Auftritt mit den Moselstädtern bei seinen alten Verein schenkt er den Albatrossen 16 Punkte (7/7 Freiwürfe) ein und greift sich sechs Boards. Auch wenn der Sieg (67:59) an die Hauptstädter geht, so bekommen sie aus erster Hand zu spüren, was (lies: wen) sie jahrelang am Ende der Bank geparkt hatten. Aus dem ehemaligen Rooster ist ein waschechter Kampfhahn geworden, der Ende Oktober mit 23 Punkten gegen die Eisbären Bremerhaven eine persönliche Bestmarke erzielte aber dazu später mehr.

 

Das Schönste auf der Welt

 

Es war im Sommer 2005. Dem Sommer, in dem Streetball in Deutschland noch eine Daseinsberechtigung hatte. In dem die große amerikanische Liga mit den drei magischen Buchstaben quer durch die Nation eine Serie an Turnieren ausrief. In dem Alex King nicht genug von Basketball bekommen konnte und in Frankfurt den rauen Asphalt der Straße betrat, um sein Team bis ins Halbfinale zu führen. Mit seinen großen Händen wilderte er in den Passwegen des Gegners, griff sich Rebounds ab oder schickte Würfe mit freundlichem Gruß an den Absender zurück oder alternativ in die dritte Zuschauerreihe. Defense, ja, die konnte er schon damals spielen. Doch damit nicht genug. Im Angriff warf er seine 2,00m in den Lowpost, ging mit einem langen ersten Schritt am Verteidiger vorbei oder netzte aus der Distanz ein. Doch es gab auch den Alex King, der bei den ortsansässigen OPEL SKYLINERS spielte. Verteidigte. Denn die offensiven Vorzüge des Flügelspielers kamen nur wenig zum Tragen. Die konnte ich nur in der 2. Liga bei Kronberg oder Langen zum Einsatz bringen, berichtet King. Im Erstliga-Team habe ich nur die zehnte oder elfte Geige gespielt. Es geht so weit, dass er in der Saison 2007/08 schlappe 6:00 Minuten pro Spiel auf dem Parkett steht.

 

Es folgte der Wechsel nach Bonn und damit die Suche nach seinen fast verloren geglaubten Offensiv-Qualitäten. Aus meiner Zeit in Frankfurt habe ich viel mitgenommen, habe sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht, gibt der heute 26-Jährige zu Protokoll. Tyrone Ellis und Chris Williams waren die besten individuellen Spieler, von denen ich mir viel abgeguckt habe. Besonders der variable Williams, der 2004 in der Finalserie gegen Bamberg mit 16,0 PpS und 10,6 RpS im Schnitt ein Double-Double auflegt, hat King tief beeindruckt. Er hat das Spiel gut gelesen und immer einen Weg gefunden, um an seinem Gegenspieler vorbei zu kommen. Bei den Baskets ist AK nach zwei Jahren Anlaufzeit ein ganz wichtiger Faktor, den Coach Michael Koch nicht nur als Energizer, sondern auch auf beiden Forward-Positionen bringen kann. Bis zur Rückkehr Patrick Flomos fand King sich oft mit dem Rücken zum Korb im Lowpost wieder. Er macht seinen Job gut, wird mit reichlich Einsatzzeit (18:09min) für sein Engagement belohnt und ist maßgeblich an Erfolg oder Misserfolg der Baskets beteiligt. Die Eisbären aus Bremerhaven, denen King beim 74:71-Sieg der Baskets im November eine Karrierebestleistung von 17 Punkten einschenkte, können ein Lied davon singen. Scheint, als seien die Norddeutschen anfällig für gute Vorstellungen ambitionierter deutscher Spieler. Bleibt nur zu hoffen, dass King nach seinem Außenbandriss bis kommende Woche wieder einsatzbereit ist. Dann ist am 5. März um 20.00 Uhr Bremerhaven zu Gast im Telekom Dome.

 

 


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