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General Anzeiger vom 11.09.2001Es gilt, im Hexenkessel die Ruhe zu bewahren

Der europäische Verband hat entschieden, dass das EuroLeague-Qualifikationsspiel der Telekom Baskets Bonn bei Darüssafaka Istanbul am Donnerstag stattfindet - Abflug verzögerte sich

Istanbul. Da wurde es einem dann doch mulmig. Vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse in den USA verfinsterten sich am Mittwoch die Mienen der Spieler der Telekom Baskets Bonn auf ihrem Weg zum EuroLeague-Qualifikationsspiel bei Darüssafaka Istanbul zusätzlich.

 

Gerade hatten sie den Flieger in Richtung Bosporus bestiegen, als der Kapitän mitteilte, dass sich der Abflug wegen eines technischen Problems ein wenig verzögern werde. Aus dem "ein wenig" wurde dann fast eine halbe Stunde, und schließlich musste das Team des Basketball-Bundesligisten sogar das Flugzeug wechseln.

 

Obwohl sie in Europa sind, ist das Unfassbare in den USA für die Amerikaner bei den Baskets ganz nah. "Meine Mutter hat lange Zeit im World Trade Center gearbeitet. Zum Glück jetzt nicht mehr", sagte Terrence Rencher. Er habe sie trotzdem gleich angerufen, um sich zu vergewissern, "dass sie okay ist".

 

Der neue Baskets-Spielmacher und seine Frau haben allerdings einige Bekannte, die bis Dienstag noch in einem der Unglückstürme gearbeitet haben. Rencher: "Auch sie haben wir versucht, telefonisch zu erreichen. Es gab aber bisher keine Verbindung. Wir wissen nicht, ob sie sich retten konnten. Das Ganze ist einfach schrecklich. Man kann keine Worte dafür finden."

 

Dennoch sei er der Auffassung, dass die Bonner ihren Job machen müssen. "Es macht keinen Sinn", so Rencher, "das Spiel abzusagen. Das Leben geht weiter." Auch der neue Bonner Center Mike Mardesich telefonierte nach dem Flugzeugabsturz auf das Pentagon gleich mit seiner Freundin in Washington. "Sie war morgens noch joggen und hat dann von dem Attentat in New York erfahren. Sicherheitshalber ist sie dann wieder ins Büro zurückgegangen, als wenn sie eine Vorahnung gehabt hätte", so Mardesich.

 

Baskets-Coach Predrag Krunic nahm Rücksicht auf die Gemütslage seiner Truppe und sagte eine Video-Analyse des kommenden Gegners am Unglückstag ab. "Aber eine Absage des Spiels hätte nur vom europäischen Verband kommen können", meinte er. Sportmanager Arvid Kramer machte auf den Termindruck aufmerksam. "Die Qualifikation muss durchgezogen werden. Es gibt keinen Raum für Nachholtermine."

 

Nachdem der Verband entschieden hat, dass am Donnerstag um 18 Uhr in Istanbul gespielt wird - den Opfern der Terroranschläge in den USA wird mit einer Schweigeminute gedacht -, kommt es zur ersten internationalen Feuerprobe für die Baskets, bevor die Bundesliga überhaupt begonnen hat. Rencher ist zuversichtlich: "Wir haben uns in den letzten Wochen kontinuierlich gesteigert. Es steckt viel Talent in der Mannschaft, mehr als bei meinem letzten Verein KK Split." Und Split nahm zuletzt an der SuproLeague teil, konnte auch Alba Berlin zwei Mal schlagen.

 

Die Qualifikation zur neuen EuroLeague hält Rencher für möglich: "Ich weiß nicht viel über unsere Gegner. Es wird im wesentlichen darauf ankommen, wie wir unsere Leistung aus der Vorbereitung umsetzen." Genau so sieht es sein Coach. "Es wird sich viel im Kopf abspielen. Entscheidend ist, ob meine Spieler unter Druck ihre Leistung abrufen können. Wir müssen in dem zu erwartenden Hexenkessel vor allem die Ruhe bewahren", sagte Krunic.

 

Glaubt man seinem Schützling Tilo Klette, hat der Bosnier die richtige Mischung gefunden. "In Hagen habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Da hatten wir fünf Spieler auf dem Feld, und alle wollten den Ball haben. Unsere Stärke, das kann man jetzt schon sagen, ist das Team. Das Verständnis untereinander ist jedenfalls hervorragend", freut sich Klette auf die kommenden sportlichen Aufgaben.

 


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