SucheSuche

„Ich versuche immer der beste Verteidiger zu sein“

Ex-Baskets David McCray im Interview

Im Sommer wechselte David McCray nach zwei Spielzeiten in Bonn gen Nord-Westen zu den Artland Dragons. Am kommenden Sonntag trifft er nun im Telekom Dome auf seinen alten Arbeitgeber. Im Interview spricht der Heimkehrer über seinen neuen Arbeitgeber, die Zeit in Bonn und seinen Dreier.

David, Du bist im Sommer von Bonn nach Quakenbrück zu den Dragons gewechselt. Der Blick auf die Region offenbart schon einige Unterschiede zum Rheinland. Wie lange hat es gedauert, bis du dich dort eingelebt hattest?

David McCray: „Es ging doch recht schnell. Im Vergleich zur Bonn, der ehemaligen Hauptstadt, ist Quakenbrück natürlich eine kleine Stadt, wenn nicht sogar ein Dorf. Aber für meine Familie braucht es eigentlich nur einen schönen Spielplatz, alles andere ist da nicht so wichtig.“

Ihr seid mit einer Bilanz von vier Siegen und keiner Niederlage in die Saison gestartet. Was macht euch in der noch jungen Spielzeit bereits jetzt so stark?

„Es liegt vor allem daran, dass ein großer Teil der alten Mannschaft bestehen geblieben ist. Die Spieler kannten sich alle aus dem letzten Jahr und es mussten nur wenige Neuzugänge integriert werden. 
Wir haben mit einem gleichen und eingespielten Kern Vorteile gegenüber Teams, die mehrere neue Spieler in ihr System einbauen müssen.  Dazu sind wir auch in der Breite gut aufgestellt und können eine sehr tiefe Rotation spielen - das war im letzten Jahr nicht der Fall.“

Vergangenes Jahr ist die Mannschaft bis ins Halbfinale vorgedrungen und hat in der ersten Runde der Playoffs den amtierenden Meister aus Bamberg rausgekegelt. Welche Chancen rechnet ihr euch in diesem Jahr aus?

„Es wird natürlich extrem schwer, wieder so weit vorzustoßen. Unsere Konkurrenz hat sich enorm verstärkt und in den Playoffs kann alles passieren.  Wir müssen uns jetzt zuerst einmal darauf konzentrieren die Playoffs zu erreichen und von Spiel zu Spiel denken.  Trotzdem wollen wir versuchen erneut mindestens bis unter die letzten vier Mannschaften zu kommen.“

Mit David Holston spielst du jetzt nicht nur mit dem kleinsten, aber auch mit einem der besten Spielmacher der Liga zusammen. Wie ist es ihn nicht mehr selbst über das Feld jagen zu müssen sondern parallel neben ihm aufzulaufen?

„Es macht sehr viel Spaß mit ihm zusammen zu spielen. Ich finde es erstaunlich, wie er mit seiner geringen Größe (1,68 Meter, die Red.) agiert und am Korb gegen viel größere Spieler abschließen kann. In den entscheidenden Situationen übernimmt er die Verantwortung und hat das Leder in der Hand. Darüber hinaus ist er ein sehr guter Passgeber, der jedem aus dem Team offene Würfe kreieren kann. Wenn du so einen Spieler in deinen Reihen hast, profitiert die ganze Mannschaft von ihm.

Du hast in Bonn die Rolle des Backup-Einsers gehabt und greifst auch im Artland meist von der Bank aus ins Spiel ein. Welche Vorteile hast du, wenn du erst später aufs Feld kommst?

Ich kann mir das Spiel erst einmal aus einer anderen Perspektive anschauen und  so einen besseren Eindruck vom Spiel gewinnen. Ich erkenne wo wir Schwächen haben, wo wir angreifen oder in der Verteidigung aufpassen müssen. Das kann ich dann auf dem Feld umsetzten. Auch der Dialog mit Mitspielern und Trainern auf der Bank hilft ungemein.“

In der Medienlandschaft wirst du oft mit der Bezeichnung „Kettenhund“ abgestempelt. Wie gehst du damit um in diese Schublade eingeordnet zu werden?

„Ich persönlich sehe das als eine gute Schublade. Für mich ist das ein Kompliment. Es zeigt mir, dass ich gut verteidige, das ist meine Stärke. Ich versuche in meinem Team immer der beste Verteidiger zu sein und den stärksten Angreifer des Gegners zu stoppen.“

Am anderen Ende des Feldes ist dein Dreier in der vergangenen Saison nicht sehr konstant gefallen (22,7%). Wie wichtig siehst du den Distanzwurf dennoch für dein Spiel?

„Für mein Spiel ist er sehr wichtig und wird in Zukunft noch viel mehr an Bedeutung für mein Spiel gewinnen. Momentan lebe ich von meiner Athletik und meiner Schnelligkeit. Wenn der Dreier nicht sehr regelmäßig fällt, bekomme ich von der Verteidigung weniger Respekt an der Dreierlinie. Sie nehmen einen größeren Abstand ein und machen für mich den Zug zum Korb schwerer. Fällt der Dreier, müssen sie mich eng decken und ich kann sie einfacher überwinden und zum Korb ziehen. Ich werde ja auch nicht jünger und irgendwann wird der Punkt kommen, an dem ich mich nicht mehr mit meiner Athletik durchsetzen kann.“

Woher rührt die hohe Flugkurve in deinem Wurf?

„Meine Wurftechnik ist sicherlich geprägt durch meinen Trainer in Speyer, der uns schon in der Jugend dazu gebracht hat den Ball hoch zu werfen, nicht nur weil du dadurch eine mathematisch höhere Chance hast du treffen. Das hat sich über die Jahre dann festgesetzt, ich kann gar nicht mehr anders werfen.“

Wie sah dein Programm über den Sommer aus? Versuchst du mehr an deinen Stärken zu arbeiten oder Schwachstellen auszubessern?

„Ich habe schon verstärkt an meinem Wurf gearbeitet, der schließlich meine größte Baustelle ist. Dabei versuchen wir typische Situationen aus dem Spiel nachzustellen, zum Beispiel der Wurf aus dem Block heraus oder den schnellen Wurf aus den Ecken. Manche Spieler werden mit einem Wurftalent geboren. Ich musste mir das alles sehr hart erarbeiten. Dazu gehe ich viel in den Kraftraum, um an meiner Athletik zu arbeiten oder mache Ballhandling-Drills. Das komplette Paket also.“

Mit dem Telekom Dome und der Artand Arena hattest du in den vergangene Jahren zwei sehr laute Arbeitsplätze. Was sind deine lautesten Top3-Hallen in denen du bisher gespielt hast?

(Überlegt lange) „Da muss ich auf jeden Fall den Telekom Dome nennen. Was ihr da zum Beispiel in den Spielen gegen München oder Berlin erlebt habe war unglaublich. Oder die Halle in Zaragoza, wir haben unser Auswärtsspiel in der Gruppenphase dort mit 60:71 verloren und die Fans waren dermaßen laut in der Arena.“

Du sprichst den Telekom Dome bereits an: Welche Spiele sind dir aus den zwei Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

(Überlegt wieder lange) „Es ist schwer einzelne Spiele zu nennen. Aber das Spiel gegen München in meinem ersten Jahr in Bonn, das wir gewinnen mussten um in die Playoffs einzuziehen und es dann auch geschafft haben oder der Heimsieg gegen ALBA in der letzten Spielzeit, als Benas in der letzten Sekunde den Leger mit Foul abschloss, fällt mir am ehesten ein. Ebenso das Eurocup Heimspiel gegen Zaragoza. Wir haben zum Schluss einen wahren Dreierhagel losgelassen und auch dank einem starken  Enosch Wolf (4/4 aus dem Feld) das Spiel letztendlich gewonnen (108:104).“

Mit welchen Erwartungen kommst du jetzt am Sonntag zurück auf den Hardtberg?

„Ich kenne die Atmosphäre im Telekom Dome natürlich genau. Bereits vor meiner Zeit auf dem Hartberg haben wir öfters mit Ludwigsburg hier gespielt. Ich habe eine sehr schöne Zeit in Bonn gehabt, trotzdem wollen wir natürlich herkommen und gewinnen, das ist doch klar.“

Stehst du mit deinen früheren Teamkollegen noch in Kontakt?

„Ja, besonders mit Andrej schreibe ich häufig. Aber auch mit Ryan und Bogdan (Teambetreuer Bogdan Suciu, die Red.) stehe ich öfters noch in Kontakt.“

Wie beurteilst du den neuen Bonner Kader?  Was traust du ihnen in dieser Saison zu?

„Wie in jedem Jahr, haben sie wieder sehr schlüssige Spieler verpflichtet. Trotzdem hat das Team dieses Jahr ein anderes Makeup auferlegt bekommen. Mit den Abgängen von McLean oder Gaffney hat das Team sicherlich an Athletik eingebüßt. Mit Klimavicius oder Caloiaro hat man eine andere Richtung eingeschlagen und setzt mehr auf Erfahrung. Bonn ist für mich in diesem Jahr definitiv ein Playoff-Team.


Zur Person:

Der 27-jährige Guard begann seine Karriere mit dem orangefarbenen Leder in seiner Geburtsstadt Speyer. 2003 folgte zunächst der Wechsel nach Karlsruhe, ein Jahr später zur BG Karlsruhe in die erste Liga. Mit dem Abstieg der BG aus dem Oberhaus des deutschen Basketballs trieb es McCray in das  Nachwuchsprogramm der EnBW Ludwigsburg (heute MHP RIESEN Ludwigsburg), wo er dank Doppellizenz ebenfalls für die Kirchheim Knights in der ProB auf Punktejagd ging. Vergolden konnte er die Spielzeit 2007/2008 mit dem Aufstieg in die ProA und persönlich mit einem dauerhaften Engagement in der ersten Liga für die Neckarstädter. Über vier Spielzeiten hielt es den pfeilschnellen Guard in Ludwigsburg unter Mentor Tyron McCoy – seinerzeit nach Co-Trainer in Ludwigsburg – ehe der Sprung an den Rhein folgte. Auf der Backup-Position des Spielmachers begeisterte er über zwei Jahre hinweg auf dem Hardtberg die Fans mit seinem Einsatz. In der Offensive legte er pro Partie in seiner letzten Saison 4,8 Punkte und 1,1 Vorlagen auf. Viel wichtiger war seine Rolle am anderen Ende des Feldes, wo der ehemalige A2-Nationalspieler angreifende Guards regelrecht über das Feld jagte. Zuletzt folgte im vergangenen Sommer  der Gang in den Nordwesten der Republik zu den Artland Dragons.


Am kommenden Sonntag gastiert er mit seinen bisher unbesiegten Dragons in Bonn. Hochball ist um 17:00 im Telekom Dome.

Tickets >>


Druckansicht zum Seitenanfang