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Wie kommt die Halle auf und übern Berg?

Aus der Baskets Saison-Illustrierten 2005

Die Tücke der Topographie erfordert sorgfältiges Planen und Optimieren. Wie macht man aus schräg gerade?

 

Von Jan van Dorp

Seit 1999 beschäftigt der Verein Telekom Baskets Bonn sich mit seinem Projekt „Neubau einer wettkampftauglichen Basketball- Arena und eines Ausbildungszentrums“, im Volksmund „die Halle“ genannt. Alle beschäftigt das Thema mal mehr, mal weniger: Fans, Politiker, Verwaltung, Zeitungsredaktionen, Unternehmen, die auch auf das Grundstück wollen. Aus einer vermeintlich fixen Idee des Ameisenstaats ist durch große Beharrlichkeit ein ernst zu nehmendes Projekt geworden.

 

Nach einer Wanderung durch diverse Stadtviertel (Sportpark Nord, An der Josefshöhe etc.) von Bonn ist das Projekt dank des Ratsbeschlusses vom 5. Februar 2004 auf dem Brüser Berg gut angekommen. Das ehemalige BGS-Grundstück an der Autobahn- Abfahrt „Bonn-Hardtberg“ ist durch den Umzug des Bundesgrenzschutzes (BGS) nach Berlin für eine neue Nutzung frei geworden. Da die Baskets mit ihrer „Halle“ nur rund 28.000 der vorhandenen 65.000 Quadratmeter benötigen, lag es nahe, die übrigen Flächen an diesem begehrten Gewerbestandort einer kommerziellen Nutzung zuzuführen. Es wurde ein Vorhabenträger für das gesamte Grundstück gesucht.

 

Nach der gespenstischen Zentrumschädlichkeits- Debatte (Mediamarkt) war unser Nachbar auf dem Grundstück zunächst ein großer Baumarkt, der für sich die oberste Ecke des Hangs beanspruchte. So wanderte die Halle ins Tal. Bald hatte man aber die Tücke der Topographie erkannt, jetzt rutschte der Baumarkt zu Tal, und die Halle erklomm den Berg. In der Folge konnte die Halle ihren Platz auf dem Berg behaupten und aus dem Nachbarn Baumarkt wurde ein Mix aus Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke, Fastfood, Tankstelle. Diskothek, Spielcenter, Autoteile, Gartencenter . . . nichts schien zwischenzeitlich unmöglich.

 

Die Halle ist auf dem Berg geblieben, sind wir aber mit unseren Plänen damit „übern Berg“? Das Tempo der Entwicklung bestimmt der Vorhabenträger, und der heißt entsprechend dem Ratsbeschluss Lidl. Die Halle ist nur ein Teil der gesamten Maßnahme auf dem Gelände und fügt sich in die Entwicklung des Gesamtablaufs ein. Und was tut sich da so? Die meist gestellte Frage an uns lautet: „Kommt die Halle?“

 

Hier nun ein Versuch zum Stand der Dinge aus Sicht des Architekten: Die geänderte Nutzung für das ehemalige BGS-Gelände macht die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans durch den Vorhabenträger notwendig. Um festzustellen, ob die geplanten Bebauungsziele unter Berücksichtigung der vielfältigen städtebaulichen und ökologischen Rahmenbedingungen erreichbar sind, müssen Gutachten die Machbarkeit klären. Das Baugrund-Gutachten zum Beispiel klärt den Schichtenaufbau des Untergrunds und gibt Aufschluss über Tragfähigkeit und Versickerungsmöglichkeit für Oberflächenwasser. Kann das auf Dach und Außenanlagen anfallende Regenwasser versickert werden, wird es in den zu renaturierenden Honderfelder Bach eingeleitet? Oder ist das alles bei Starkregen zu gefährlich und die anfallenden Wassermassen sollen in den Kanal eingeleitet werden?

 

Wie tief muss der viergeschossige Hallenbaukörper in den Untergrund eingegraben werden, damit die Zuschauer das Foyer im Erdgeschoss und die Spieler die Umkleiden zwei Geschosse tiefer von außen zu ebener Erde erreichen können? Um wie viele Meter muss das Gelände an der Straße „Auf dem Kirchbüchel“ angehoben werden, damit die Besucher von Lidl ohne geländetaugliche Fahrzeuge wieder in die Julius-Leber- Straße einbiegen können?

 

Wie viel Erdreich wird ausgegraben und an anderer Stelle wieder eingebaut? In einem ersten Berechnungsversuch gab es einen Überschuß von 90000 Kubikmetern, das sind rund 8000 Lkw-Ladungen. Durch das Anheben der Halle und eine andere Ableitung des Regenwassers konnte ein so genanntes Null-Export-Modell (keine Erde muss weggefahren werden) entwickelt werden. Das hat natürlich auch alles Einfluss auf die Gesamt-Baukosten. Das Verkehrsgutachten soll prüfen, welche Auswirkungen des Pkw- „Zielverkehrs“, ausgelöst durch die gewerblichen Anlagen und die Halle, auf das Wohngebiet Brüser Berg und Umfeld haben werden.

 

Fragen zur Realisierung der Hardtbergbahn, das „Wann“ und „Ob überhaupt“ spielen da ebenso eine Rolle wie sonstige öffentliche Verkehrsverbindungen oder die ermittelte Anzahl der Pkw- Insassen bei einem Baskets-Heimspiel in der Hardtberghalle. Ein Immissionsgutachten wird klären, ob der kollektive Jubel bei einem rheinischen Heimsieg das 18-Uhr-Rattern der Einkaufswagen übertönt, und welches Geräusch für die Anwohner erträglicher ist. Wie viele Parkplätze werden bei gleichzeitigem Top-Liga-Spiel und einer Feiertagseinkaufsschlacht bei unseren gewerblichen Nachbarn notwendig? Kann etwa die Julius-Leber-Straße oder „Auf dem Kirchbüchel“ zur Schaffung temporärer Parkplätze in eine Einbahnstraße verwandelt werden?

 

Die Baukosten für die Halle sind gerechnet. Unsere Schätzungen sind durch erste Angebote bestätigt worden. Wo können wir sparen? Was kann man weglassen? Was braucht man unbedingt zum Funktionieren der neuen Halle? Was kann man selber machen? Wo ergeben sich Probleme mit der Gewährleistung, wenn die Spenden der Handwerksbetriebe und die Muskelhypothek der Fans mit den Handwerkerleistungen verbunden werden? Fragen, die in dieser Dimension auch für Fachleute mehr als Denksport darstellen.

 

Jan van Dorp betreut als Architekt das Hallenbau-Projekt des Telekom Baskets Bonn e.V.


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