Am Ende doch noch gezittert

Telekom Baskets siegen 82:74 in Ludwigsburg Bonn dominiert die ersten drei Viertel - Schlussphase ohne etatmäßigen Aufbauspieler

Drei Viertel dominiert und am Ende doch noch fast verloren. So könnte man den Ausflug der Telekom Baskets am 27. Spieltag der Basketball-Bundesliga nach Ludwigsburg in einem kurzen Satz beschreiben. Doch ein einziger Satz würde der tollen Leistung der Baskets über weite Strecken des Spiels nicht gerecht werden, denn bis zum Schlussabschnitt hatte das Team von Coach Michael Koch den Tabellenzwölften aus der Barockstadt fest im Griff. Schon in den ersten Minuten zeigte das Bonner Team, in welche Richtung es an diesem Freitagabend vor knapp 3.000 Zuschauern in der Ludwigsburger Rundsporthalle gehen sollte. Aus einer von Beginn an sattelfesten Defense legten die Baskets los wie die Feuerwehr. Nach vier Minuten stand es bereits 8:1, Zeit für erste Auszeit von EnBW-Coach Silvano Poropat, der mit der Leistung seiner Männer kaum zufrieden sein konnte. Den Rhythmus der Baskets konnte die Unterbrechung allerdings nicht stoppen. Im Gegenteil: Bonn erhöhte weiter Druck und Tempo und führte nach dem ersten Viertel bereits 22:10. So kann es weiter gehen, dachten wohl die meisten der rund 30 mitgereisten Fans aus dem Rheinland und ihre Mannschaft tat ihnen mit Freude den Gefallen. Mit Leidenschaft und jeder Menge Einsatz schickten sich die Baskets an, Ludwigsburg an die Wand zu spielen. Ein Dreier von Johannes Strasser in der 14. Minute erhöhte die Bonner Führung auf 14 Punkte (29:15). Zwei Minuten später führte ein weiterer Schnellangriff, abgeschlossen von Winsome Frazier, sogar zur 33:17-Führung. Die Telekom Baskets spielten bis dahin wie aus einem Guss, hatten Ludwigsburg mittlerweile den Schneid abgekauft und gingen nach 20 Minuten auch in dieser Höhe völlig verdient mit 44:27 in die Halbzeitpause. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Baskets in allen Disziplinen des Scoutingbogens die Nase vorn. 23:15 stand es bei den Rebounds, 50% gegenüber 34% lautete die Statistik bei den Wurfquoten aus dem Feld. Doch konnte das Team das hohe Niveau der ersten Halbzeit auch nach dem Seitenwechsel halten? Es konnte. Und wie! Die Baskets legten tatsächlich noch einen weiteren Brikett auf die ohnehin schon unter Volldampf fahrende Maschine. Besonders John Bowler, der an diesem Tag seinen 24. Geburtstag feierte, war jetzt der Aktivposten am Ludwigsburger Brett und gleich zweimal hintereinander beim Korbleger nur durch ein Foul zu stoppen. Die beiden Würfe fanden dennoch ihr Ziel, ebenso die beiden Bonus-Freiwürfe und als der starke Eddie Basden (insgesamt 17 Punkte, 5 Steals) in der 25. Minute mit einem weiteren Dreier das 60:36 für Bonn markierte, hätte wohl kaum noch jemand in der Halle einen Cent auf Ludwigsburg gesetzt. Zu deutlich beherrschten die Baskets das Spiel, die Mitte des dritten Viertels wie der sichere Sieger aussahen, doch allmählich bekam das Fundament der bisher tollen Leistung die ersten Risse. Ein 8:0-Lauf der Hausherren brachte diese in der 29. Minute wieder auf 15 Punkte heran (52:67). Die starke Bonner Verteidigung bekam nun Lücken, doch ausschlaggebend war jetzt die immer besser werdende Defense Ludwigsburgs, die die Baskets beim Spielaufbau durch eine aggressive Pressverteidigung zunehmend in Verlegenheit brachte. Dazu trat jetzt ein Spieler in Erscheinung, den die Baskets bis dahin nicht auf der Rechnung hatten. In Halbzeit eins keine Sekunde auf dem Feld, trumpfte plötzlich EnBW-Guard David McCrey groß auf und machte alle seine insgesamt 13 Punkte in nur fünf Minuten. Trotz des größeren Drucks gelang es den Baskets bis zur 36. Minute, den Gegner auf Distanz zu halten. Ein weiterer Fastbreak durch Ronald Burrell hatte da für eine immer noch komfortable 75:59-Führung geführt. Eigentlich konnte jetzt nicht mehr viel passieren, zumal die Baskets nach wie vor mit vollem Einsatz kämpften. Bestes Beispiel war Miah Davis, der einem Ball über die Auslinie hinterher hechtete und sich nur noch an den Ring des Korbs hinter dem Kampfgericht retten konnte. Eine spektakuläre Einlage die mit viel Applaus bedacht wurde, die aber auch den Bruch im Bonner Spiel markierte, denn nach dem Flug von Davis über das Kampfgericht folgten auf den Spielfeld sein viertes und fünftes Foul, gleichbedeutend mit dem Aus für den bis dahin souveränen Bonner Spielmacher. Johannes Strasser musste nun in die Bresche springen, doch der zeigte an diesem Abend nicht sein bestes Spiel und kam bei weitem nicht so gut mit dem jetzt hohen Druck Ludwigsburgs zurecht. Es folgte ein Ballverlust nach dem anderen und in der 37. Minute das fünfte Foul für Strasser. Der Bonner Spielaufbau war komplett auf die Bank verbannt. Ludwigsburg witterte nun die Cance und stellte in den letzten fünf Minuten ein bis dahin einseitiges Spiel fast noch auf den Kopf. Der Notaufbau der Baskets mit Artur Kolodziejski, Winsome Frazier und Eddie Basden hatte große Mühe, den Ball gegen die aggressive Presse der Gastgeber über die Mittellinie zu bringen. Gleich zweimal hintereinander verlor Artur Kolodzieski den Ball und der Vorsprung schmolz bis zur 38. Minute auf magere fünf Punkte (75:70). Doch Kolodziejski war es auch, der 33. Sekunden vor dem Ende mit zwei sicheren Freiwürfen zum 77:70 traf und so seinem Team doch noch auf die Siegerstraße half. 20 Sekunden später machte Eddie Basden mit einem Drei-Punkte-Spiel (Korbleger plus Foul) und einem weiteren Ballgewinn alles klar. Baskets-Coach Mike Koch: "In der ersten Halbzeit haben wir gegen eine sehr starke Offensivmannschaft, wie Ludwigsburg es ist, wirklich exzellent verteidigt, die Barockstädter auf 27 Punkte zu halten unterstreicht dies eindrucksvoll. Allerdings muss man hier 40 Minuten lang aggressiv und konzentriert zu Werke gehen und das haben wir im zweiten Durchgang etwas vermissen lassen. Durch unsere Nachlässigkeiten hat Ludwigsburg Blut geleckt und machte das Spiel durch diese unglaubliche Aufholjagd noch einmal spannend. Am Ende denke ich aber, dass der Sieg dank unserer über weite Strecken guten Leistung absolut verdient war." EnBW-Coach Silvano Poropat: "Wir wussten, dass wir gegen eine Mannschaft wie Bonn von Anfang an vollen Einsatz zeigen müssen, doch genau das haben wir nicht getan. Meine Mannschaft hat den Teamspirit vermissen lassen, der uns in den letzten Spielen ausgezeichnet hat, und war nicht bereit zu kämpfen. In der zweiten Halbzeit haben wir dann einige Dinge geändert und wir haben es geschafft ins Spiel zurück zu kommen. Letztendlich wäre es aber nicht verdient gewesen diese Partie nach der über weite Strecken schlechten Leistung noch zu gewinnen."