Baskets einfach unglaublich!
Bonner Basketballer drehen ein fast schon verlorenes Spiel und siegen nach Verlängerung gegen Gießen 101:95 - Erste Führung in der 43. Minute - Perincic mit 30 Punkten und 13 Rebounds
Es gibt Spiele, die lassen sich nur schwer in Worte fassen. Der Basketball-Krimi der Telekom Baskets gegen die Gießen 46ers am Donnerstagabend in der Bonner Hardtberghalle war so ein Spiel. Das Team von Headcoach Michael Koch machte nach einer atemberaubenden Schlussphase das fast Unmögliche möglich, und besiegte nach Verlängerung die von Bruder Stefan Koch trainierten Gießen 46ers mit 101:95 (21:25, 17:22, 24:26, 27:16, 12:6). Zuvor erlitten die 3.400 Zuschauer auf dem Hardtberg, darunter 150 Fans aus Hessen, ein wahres Wechselbad der Gefühle. Kaum waren zwei Minuten gespielt, da führten die Gäste schon mit 10:2 und die 46ers-Fans sangen macht sie alle, schießt sie aus der Halle. Vielleicht ein wenig zu früh, doch der Eindruck, den die Baskets in der Anfangsphase hinterließen, versprach nichts Gutes. Wie schon beim letzten Spiel in der Kölnarena war das Team von Michael Koch in der Defense oft nicht auf der Höhe. Sowohl am Brett als auch an der Drei-Punkte-Linie war man nicht selten ein Schritt zu spät. Nur mühsam fanden die Bonner ins Spiel. Immer dann, wenn der Ausgleich in Reichweite kam, hatten die 46ers, zumeist durch einen Distanzwurf des bärenstarken Louis Campbell, die richtige Antwort. Unterstützung erhielten die Gäste dabei durch eine immer wieder zu harmlose Zonenverteidigung der Baskets und durch leichtfertig vergebene Gelegenheiten am Brett. Doch eines musste man den Bonnern zu Gute halten. Sie gaben nie auf. Auch nicht im zweiten Viertel, als der Rückstand 13 Punkte betrug (30:43, 17.). Nach der ersten Halbzeit, die mit 47:38 deutlich an die Hessen ging, zeigte sich zunächst das gleiche Bild. Die Baskets bemühten sich redlich, doch Gießen konterte jeden noch so kleinen Lauf der Hausherren eiskalt. Eine Minute vor Ende des dritten Viertel schien die Partie so gut wie gelaufen. Gießens Barry Elder schraubte die Führung seines Teams durch einen Dreier auf 15 Punkte (73:58). Doch auch dieser Rückstand konnte die Moral der Baskets nicht brechen. Im Gegenteil: Mit den Fans im Rücken sollte das noch ausstehende vierte Viertel ein besonders denkwürdiges werden. Nach wie vor lief es nicht rund im Bonner Spiel, doch die Baskets machten ihre Defizite durch Einsatz und Moral mehr als wett. Hrvoje Perinic, gegen Köln vor drei Tagen ohne jeden Punkt, lief zur Höchstform auf und sollte am Ende 30 Punkte und 13 Rebounds auf seinem Konto verbuchen. Ihm zur Seite stand Andrew Wisniewski, der zusammen mit Perinic maßgeblich an der Bonner Aufholjagd beteiligt war. Dazu kam ein Ivan Tomeljak, der sein bisher bestes Spiel im Bonner Dress ablieferte und ein beherzt spielender Martin Mihajlovic, der die Baskets in der Crunch-Time mit ganz wichtigen Offensiv-Rebounds und einem Dreier im Spiel hielt. Knapp zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit hatten die Baskets durch einen Korbleger von Hrvoje Perincic das Unmögliche doch noch möglich gemacht und den Ausgleich zum 81:81 erzielt. Was jetzt folgte, hätte Alfred Hitchcock nicht besser inszenieren können. Wieder war es Campbell, der durch seinen sechsten erfolgreichen Dreier die Bonner Fans mitten ins Herz traf. Doch Martin Mihajlovic konterte im Gegenzug ebenfalls aus der Distanz zum 84:84. Freiwürfe von Hartenstein und Gavel brachten die Gäste bis neun Sekunden vor dem Ende erneut mit drei Punkten in Front. Diesmal hielt Andrew Wisniewski die Hoffnungen der Fans mit einem Distanzschuss zum 87:87 am Leben. Jetzt sind nur noch drei Sekunden zu spielen und Gießens Louis Campbell hat es mit zwei Freiwürfen in der Hand, sein Team dem Sieg ein gehöriges Stück näher zu bringen. Campbell trifft beide Versuche und nun haben die Baskets nur noch drei Sekunden, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen. Ein Foul von Gießens Adam Chub an Jason Conley beschert den Baskets zwei Freiwürfe. Nur noch eine Sekunde Spielzeit steht auf der Shot-Clock. Conleys Nerven flattern: Der erste Wurf geht nicht ins Ziel. Jetzt bleibt nur noch die theoretische Chance, dass der zweite Wurf vom Ring abprallt, ein Mitspieler den Rebound holt und zeitgleich die notwendigen zwei Punkte macht. Und genau dies passiert. Conleys zweiter Freiwurf springt vom Ring in die Hände von Michael Meeks, der den Ball ohne langes Nachdenken im Giessener Netz versenkt. Es steht 89:89. Die Baskets müssen bereits das vierte Mal in dieser Saison in die Verlängerung. In den fünf Extra-Minuten kippt dann das Momentum endgültig auf die Seite der Baskets. Michael Meeks bringt sein Team nach über 43 Minuten Spielzeit durch einen Korbleger zum 94:92 das erste Mal überhaupt an diesem Abend in Führung, die Bonn jetzt nicht mehr hergibt. Am Ende siegen die Telekom Baskets nach einem denkwürdigen Basketballspiel über 45 Minuten mit 101:95. Baskets-Coach Michael Koch: "Die Zahlen zeigen nicht den Spielverlauf. Die letzten 15 Minuten waren für uns entscheidend. Wir sind die Goldgräber Nummer 1. Wir buddeln uns immer sehr tiefe Löcher, aus denen wir dann wieder heraus kommen müssen. Mein technisches Foul hat das Publikum zurückgeholt. Zum Schluss hatten wir Glück, zum Leidwesen meines Bruders. So eine Schlussphase kann man nicht planen." 46ers-Coach Stefan Koch: "Momentan sind wir in einem tiefen Loch, ich werde Michael fragen, wie man da wieder heraus kommt. Zum Schluss der regulären Spielzeit haben wir einige falsche Entscheidungen getroffen. Uns machen die verletzten Spieler derzeit viele Probleme. Es gibt allerdings niemanden gegen den ich lieber verliere, als gegen Michael."