Baskets-Präsident Wiedlich schreibt in der BONNER RUNDSCHAU (Ausgabe 8.9.2003)über Vergangenheit und Gegenwart
Noch vor zwölf Jahren stützten skurrile Dinge wie Katzenhotel oder Weihnachtsbäume den Bonner Basketball. Wir standen 1991 am Abgrund. Es fehlten 50 000 Mark. Unsere Stimmung: Der Letzte macht das Licht aus. Egal, wo man sich auf dem Weg zu den Telekom Baskets (1995) befand: Jede Mark ging ins Team, Infrastruktur war illusorisch, im VIP-Raum gab es nur Brötchen. Aus heutiger Sicht zwischen Leuchtraketen, Ente in Orangensauce in der VIP-Lounge, XXL-Fan-Sonderzügen, Spielerautos, Auswärtsreisen durch Europa und eigenem NetRadio, mögen die Berichte von damals wie ein Nachkriegs-Epos erscheinen. Aber so war es. Als die Telekom uns 1995 das Zweijahres-Projekt Erstliga-Aufstieg anvertraute, wussten wir: Diese Chance bekommen wir nur einmal. Es galt, keine Mark für große Namen zu verschwenden. Dr. Hans Braun, unser 1998 verstorbener Präsident, und ich entschieden uns für Bruno Socé als Trainer. Er war hungrig, er wollte sich und anderen etwas beweisen. Okay: Er war auch schwierig. Gute Leute sind das immer. Man muss den Mut haben, sie sich zuzumuten, wenn das Ganze sich entwickeln soll. Das Ganze: viel, viel mehr als nur ein Profiteam. Riesen-Jugendabteilung, Fanartikel, Event, Ticket-Office, Werbung, Homepage, Presse und, und, und. Wenn wir das alles streichen, winkt die Meisterschaft. Aber für einmal feiern die Zukunft opfern? Es entstand ein Klub ohne Ober- und Unterchef, ohne Haupt- und Untergruppenleitern, sondern etwas, was Manager-Seminare lehren: die flache Hierarchie. Das motiviert, fördert Innovationen. Das hat, zugegeben, auch seinen Preis: Ein gewisses Chaos ist Teil unserer Grundstimmung. Und: Wir machen alles selbst. Bei Personalfragen, ob Center oder Webmaster, entscheiden ausschließlich Qualität und Engagement, nicht Reverenz oder Eloquenz. So schufen viele Namenlose einen in Basketball-Deutschland großen Namen: Telekom Baskets Bonn. Marketing-Experten nennen das Markenaufbau. Arvid Kramer, einst GTV-er, und ich, einst Fortune, fahren Achterbahn, wenn wir zurückblicken. Mir wird schwindelig, denn meine Basketball-Orga-Karriere begann vor 24 Jahren in der 3. Kreisliga. Wie alles so schnell möglich war? Plausible Formel: Telekom + verrückte Fans = Erfolgssumme. Ist es wirklich so einfach? Potente Samen brauchen den richtigen Humus. Arvid und ich spüren, dass das Durchleben schlechter Zeiten die Saat aufgehen ließ. So haben wir im Umgang mit - inzwischen - Millionen nie den Überblick verloren. Was wieder nach tugendhaften Merksätzen klingt. Aber die sollen ja schon wieder trendy sein.