Bonner Rundschau vom 11.09.2001:"Ich denke nicht an eine Niederlage"
Interview mit Baskets-Chefcoach Predrag Krunic
Eine Niederlage (gegen Lüttich) und drei Siege (gegen Nijmegen, Trier und Triest) stehen in der Vorbereitung für die Telekom Baskets Bonn zu Buche. Am Donnerstag schlägt erstmals in der Saison die Stunde der Wahrheit, wenn die Bonner in der Qualifikation zur Europaliga bei Darüssafakal Istanbul, dem Drittplatzierten der türkischen Meisterschaft, antreten. Über die neue Mannschaft und die Chancen gegen Istanbul (Rückspiel am kommenden Sonntag in der Hardtberghalle) sprach die Rundschau mit Baskets-Chefcoach Predrag Krunic. Frage: In den Testspielen hat sich das Team jeweils gesteigert, wie weit ist die Mannschaft? Krunic: Wir hatten eine schwierige Situation in der Vorbereitung durch die frühe Europaliga-Qualifikation. Normalerweise bereitet man ein Team zuerst konditionell und dann technisch/taktisch auf eine Saison vor. Jetzt habe wir beides verbinden müssen. Das heißt, wir müssen am Donnerstag schon spielerisch stark sein, ich durfte aber nicht vergessen, auch die konditionelle Basis für die gesamte Saison zu legen. Frage: Wo gibt es noch Defizite? Krunic: Wir haben sieben neue Spieler und sind erst seit 25 Tagen zusammen. Die neuen Spieler kennen von den alten Vereinen ganz unterschiedliche Spielsysteme in der Offense und Defense, sie sind jetzt noch in einer Phase der Umgewöhnung. Aber ich denke, vor allem in der Defense und im Fastbreak haben wir schon ein gutes Niveau. Frage: Wie ist die Arbeitsteilung von Terrence Rencher und Paul Burke als Playmaker? Krunic: Ich plane derzeit mit Rencher auf der Position eins als Pointguard und Burke auf Position zwei. Aber ich kann in den Spielen viel variieren: Burke kann auch auf der eins spielen, wenn Rencher auf der Bank ist, oder Rencher kann auch auf die zwei wechseln. Frage: Wer ist die Nummer eins auf der Centerposition? Krunic: Mike Mardesich. Aber er war leicht verletzt, musste im Training Rückstand aufholen, hat jetzt aber in Luxemburg ohne Probleme gespielt. Marc Suhr wird uns mit seiner Erfahrung aber auch viel helfen. Frage: Branko Klepac kann auf Position drei oder vier spielen. Wo liegt seine Zukunft? Krunic: Im Training arbeite ich mit ihm daran, mehr ein Spieler für die Position drei zu werden. Im Moment wird er noch beides spielen, das hängt vom Gegenspieler und der Spielsituation ab. Wenn er auf der drei spielt, sind wir natürlich sehr reboundstark. Ich kann aber auch mit ihm auf der vier und Aleksandar Nadfeji eine "kleine" Mannschaft bringen, die dann sehr schnell ist. Frage: Thilo Klette hat in den Testspielen einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Welche Perspektive hat er als Forward? Krunic: Er ist ein sehr athletischer, kämpferischer Spieler, ein guter Rebounder, der für seine Größe sehr schnell ist. Er kann im Verlauf der Saison zu einer Überraschung werden. Aber er muss im Training erst noch viel an seiner Technik und der Defense arbeiten. Frage: Sie haben Amerikaner, Deutsche und Jugoslawen im Team. In welcher Sprache reden Sie mit den Spielern im Training oder in den Auszeiten? Krunic: Grundsätzlich reden wir englisch. In den Auszeiten oder wenn es während des Spiels schnell gehen muss, rede ich einzelne schon mal auf jugoslawisch oder deutsch an. Frage: Werden Peter Huber-Saffer und Waldemar Buchmiller auch für die Baskets spielen oder per Doppellizenz nur für den Zweitligisten Sechtem? Krunic: Huber-Saffer wird für die SG Sechtem spielen und dort auch jedes Training mitmachen. Buchmiller wird bei den Baskets trainieren und spielen. Wenn es von den Terminen geht, werde ich ihn aber auch für Sechtem freigeben. Frage: Donnerstag steht in Istanbul schon eines der wichtigsten Saisonspiele auf dem Programm. Was wissen Sie vom Gegner? Krunic: Ich habe mehrere Videos gesehen: Sie haben gute türkische Akteure, einen starken Ukrainer und sicher zwei Amerikaner. Aber im Moment wissen sie wohl selbst noch nicht, welche Amerikaner. Sie haben zwei neue US-Boys getestet, werden aber vielleicht doch die beiden aus der vergangenen Saison weiterverpflichten. Das wird sich ganz kurzfristig entscheiden. Frage: Wo liegen die Stärken von Istanbul? Krunic: Sie spielen eine harte Defense, haben gute Rebounder und schalten sehr schnell in die Offense um. Es ist sehr wichtig, dass wir diese Fastbreaks stoppen können. Frage: Die Nationalmannschaft hat ja am Samstag im EM-Halbfinale die Atmosphäre in einer türkischen Basketball-Halle erlebt. Können die Baskets etwas von dieser Erfahrung lernen? Krunic: In der Türkei herrscht - ähnlich wie auch in Deutschland - nach der EM eine besondere Basketball-Begeisterung. Im Land des Vize-Europameisters werden wir das am Donnerstag ganz besonders zu spüren bekommen, zumal dies das erste offizielle Spiel nach der EM sein wird. Es wird eine ganz "heiße" Atmosphäre, so wie am Samstag im EM-Halbfinale. Wir müssen da sehr konzentiert agieren und versuchen, cool zu bleiben, auch wenn dies schwer wird. Frage: Wie groß darf bei einer Niederlage der Rückstand sein, um am Sonntag im Rückspiel noch eine Chance zu haben? Krunic: Ich bin kein Mann, der verlieren will oder an eine Niederlage denkt. Wir werden in Istanbul alles versuchen und das Maximum geben. Dann sehen wir anschließend, wie der Abstand ist und was am Sonntag nötig ist. Aber es ist grundsätzlich ein Vorteil, wenn man das zweite Spiel zu Hause hat, zumal unsere Fans in der Hardtberghalle sicher auch für eine "heiße" Atmosphäre sorgen werden. Frage: Für Sie ist es das erste offizielle Spiel als Chefcoach. Sind Sie nervös? Krunic: Wenn das Spiel losgeht, bin ich sicher nicht mehr nervös. Was mich nur etwas unruhig macht, ist, dass ich noch nicht weiß, welche Amerikaner bei Istanbul auflaufen. Das macht die spezielle taktische Vorbereitung des Teams ungewöhnlich schwierig. Bert Mark