Der Insolvenz-Fall MBC

Acht Fragen an Wolfgang Wiedlich, Baskets-Präsident und Vizepräsident der BBL

Die Pleite des Mitteldeutschen BC beschäftigt die Fans. Jetzt ist es schon die zweite Insolvenz der Saison. Wären strengere Kontrollen der BBL eine Lösung? Wiedlich: Jeder Fall liegt anders. Manchmal liegt nur Fremdverschulden vor, wenn z.B. der Hauptsponsor eines Klubs selbst in Insolvenz geht, manchmal handelt es sich ausschließlich um eigene Fahrlässigkeit, manchmal ist es beides. Dass der BBL-Lizenzierungsausschuss Insolvenzen verhindern kann, halte ich für eine Illusion. Er kann nur die von Wirtschaftsprüfern testierten Zahlen der Klubs auf Plausibilität prüfen. Wenn aber schon diese Zahlen nicht stimmen, weil die Klubs ihren Wirtschaftsprüfern nur sonnige Aussichten auf der Einnahmeseite darlegen, wird es schwierig. Der MBC-Geschäftsführer hat heute abend im Fernsehen davon gesprochen, dass Optionen von Sponsoren nicht gezogen worden seien, weshalb die Insolvenz unumgänglich geworden sei. Wie muss man sich das konkret vorstellen? Wiedlich: Wenn dem so ist, ich kann das aus der Ferne nicht beurteilen, dann kann man solche angenommenen Einnahmen nicht in den Etat stellen und entprechende Gehälter-Verbindlichkeiten eingehen. Wenn ich alle Sponsoren-Versprechen für bare Münze nehmen würde, hätten wir einen Riesenetat, wären wir ein ziemlich reicher Verein, zumindest kurzfristig. Wenn die BBL rechtliche Schritte gegen den MBC prüft, handelt es sich wohl um Fahrlässigkeit? Wiedlich: Das wird geprüft. Zumindest hat es den Anschein, dass bei konservativer Wirtschaftsweise die Insolvenz hätte vermieden werden können. Wie werden jene Vereine entschädigt, deren Heimspiel gegen Hagen oder den MBC jetzt ausfällt? Möglicherweise fallen bei einem BBL-Klub gar zwei Heimspiele aus . . . Wiedlich: Eine ernste Frage. Die Klubs werden wohl leer ausgehen, gleichzeitig wird wohl kein Klub den Dauerkarteninhabern Geld zurückgeben können, weil das Geld längst ausgegeben ist. Das wird heikel. Für mich steht heute fest, dass die Eingangshürden für die BBL höher aufgestellt werden müssen. Eine 25.000-Euro-Kaution reicht hinten und vorne nicht, um die Schäden, die Dritte durch eine Insolvenz erleiden, auszugleichen. Da müssen wir, die BBL, draufsatteln, vielleicht sogar eine Null dranhängen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wenn Insolvenzen schon nicht vermieden werden können, muss man die potenziellen Schäden für andere Vereine minimieren. Der MBC spricht davon, dass es trotzdem weitergeht, vielleicht durch eine Lizenzübertragung an eine neue GmbH. Ist das wahrscheinlich? Wiedlich: Während einer laufenden Saison halte ich das für unmöglich, aber das ist meine persönliche Meinung. Das werden wir in den nächsten Tagen in der BBL beraten. Ich würde das für ein falsches Signal halten, das Hasardeure regelrecht ermutigt, noch risikoreicher zu handeln. Grundsätzlich hat jetzt erstmal der Insolvenzverwalter das Sagen. In Hagen hat er den Laden dichtgemacht, beim MBC müssen wir einige Tage warten. Als Fan denkt man sich: Wenn dem MBC 400.000 Euro fehlen, kann das bei einem Etat von 1,5 bis 2,5 Millionen Euro doch nicht gleich den Untergang bedeuten. Wären die Baskets dann auch gleich insolvent? Wiedlich: 400.000 Euro, sofern diese Zahl stimmt, sind schon eine große Hausnummer. Dann kommt es auf den Leumund an, den man bei den Banken hat, auch auf längerfristige Sponsorverträge, ob man die hat oder nicht. Sofern hier eine Möglichkeit bestände, würde man dann in den nächsten Spielzeiten diesen Betrag einsparen müssen und gegebenfalls gegen den Abstieg kämpfen. Fans, ich will ihnen nicht zu nahe treten, haben keine Vorstellung, in welchem Hochrisikogeschäft sich ein Basketball-Bundesligist bewegt. Ich lese ja in unserem Forum auch viel hanebüchenen Unsinn, als könnte man für jeden Verletzten gleich einen neuen Spieler verpflichten. Wenn es die wirtschaftliche Situation in einem Klub gebietet, muss man eben Mal eine Spielzeit nicht die Playoffs als Saisonziel ausgeben, und die Fans müssen das akzeptieren. Übrigens auch die Medien. Wer sich von Fans und Medien oder einem Trainer ins totale Risiko treiben lässt, ist selber schuld. Das höchste Ziel muss immer sein, eine Saison ohne Schulden und Abstieg zu beenden, das heißt einen nationalen Spitzenbasketball-Standort zu erhalten. Das ist ein Wert an sich. Ist es nicht ungerecht, wenn ein Klub durch Schulden eine starke Mannschaft aufstellt und dadurch ein anderer Verein, der solide wirtschaftet, absteigt? Auch, wenn den überschuldeten Verein die Insolvenz vielleicht erst in der übernächsten Saison trifft, wäre doch der vor zwei Jahren abgestiegene Verein benachteiligt worden? Wiedlich: Das klingt plausibel, ist auch von der Tendenz her gerecht gedacht, aber ich weiß nicht, wie man im konkreten Fall so genannte Spieler-Investitionen, wie man ja mehr Ausgaben als Einnahmen gelegentlich auch nennt, verbieten oder kontrollieren soll. Manchmal gibt es Fan-Millionäre oder eben Mäzenaten, die für ein Stargehalt eine Bürgschaft übernehmen oder private Darlehen geben oder sogar alles ohne Rückerstattung spenden. Zumindest habe ich davon gehört. Aber wenn fahrlässiges Wirtschaften ohne doppeltes Netz zu einem Nicht-Abstiegsplatz führt und dieses Wirtschaften erst später durch eine Insolvenz bestraft wird, liegt Ungerechtigkeit für Dritte in der Luft, wenn sie z.B. schuldenfrei absteigen. Ein weites Feld. Aber wir werden in der BBL darüber ganz neu nachdenken müssen. In Bonn schreien Fans nach der Meisterschaft nach dem Motto "Dreimal Vize ist genug". Wie sehen Sie die Baskets aufgestellt? Wiedlich: Ich habe nichts gegen eine Meisterschaft, wenn sie sich ergibt, aber wir werden nie, und ich betone nie, den Etat von nächster Saison anknabbern, um einmal Meister zu werden. Die Rechnung einiger Fans, dass mit einem Titel im Rücken die Sponsorenquellen nur so sprudeln, ist leider Wunschdenken. Ich gehe davon aus, dass wir in der BBL in naher Zukunft eher mehr Selters als Sekt trinken müssen. Die Spielergehälter müssen sinken. Wir haben übrigens auch einen guten Ruf zu verlieren. Im internationalen Vergleich ist die BBL tendenziell eher eine Niedriglohn-Zone für Basketballprofis, aber die Spielergehälter galten als sicher, sicherer als z.B. in Griechenland. Auch das ist ein Wert an sich, den einige Klubs gerade am zerstören sind.