"Die beiden besten Kollektive stehen im Finale"

Kurzinterview mit Tuomas Iisalo

Foto: Jörn Wolter

Die Telekom Baskets Bonn sind erneut auf der größten Bühne des deutschen Basketballs angekommen: Am morgigen Freitag, dem 09.06.2023, starten sie in die Final-Serie (Best-Of-Five) der easyCredit Basketball Bundesliga gegen ratiopharm Ulm. Im Kurzinterview spricht Baskets-Headcoach Tuomas Iisalo über die Stärken des Bonner Finalgegners, zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Teams auf und erklärt, warum ihn der Ulmer Finaleinzug nicht so sehr überrascht hat.

Hallo Tuomas, danke dass du dir vor dem Finale kurz die Zeit für uns genommen hast. Für viele Basketball-Fans und -Experten in Deutschland kam der Ulmer Finaleinzug überraschend. Wie denkst du darüber?  

Tuomas Iisalo: „Wenn wir die Cinderella-Story in der Champions League waren, wird Ulm zurecht als die Cinderella-Story der Bundesliga-Playoffs betrachtet, nachdem sie Berlin im Viertelfinale und München im Halbfinale besiegt haben. Wer die Bundesliga verfolgt hat, wusste allerdings schon, dass die Ulmer ein sehr starkes Team sind. Gemessen an den Performance-Ratings war Ulm das viertbeste Team der gesamten Saison. Ihre Bilanz hat das nicht wirklich widergespiegelt, aber sie hatten gute Spiele im Eurocup und nachdem dieser Wettbewerb für sie vorbei war, hat es bei ihnen im richtigen Moment klick gemacht. Nachdem man die Spiele gegen München und Berlin gesehen hat, war klar, dass Ulm das bessere Team in beiden Serien war. Von daher ist es keine Überraschung, dass sie gewonnen haben. Das ist mehr in den Köpfen der Menschen, weil Ulm zwei Euroleague-Teams besiegt hat. Ulm ist ein sehr gutes Team, welches genau zur richtigen Zeit seinen besten Basketball spielt. Sie haben eine sehr starke Neun-Mann-Rotation und sind ein harter Gegner.“

Wieso war es keine Überraschung?

„Vor der Serie gegen Berlin schaut man natürlich darauf, dass ALBA nur drei Niederlagen in der regulären Saison hatte, der amtierende Meister ist und dadurch als Favorit in die Serie geht. Aber sobald man die ersten Spiele gesehen hat und merkt, in welche Richtung die Serie geht, ist es komplett logisch, dass Ulm das Viertelfinale gewonnen hat, weil sie zu diesem Zeitpunkt besseren Basketball gespielt haben. Das gleiche gilt für das Duell mit München, wo die Ulmer schon auf einem emotionalen Hoch geritten sind und super zusammengespielt haben. Mit dieser Sichtweise ist es keine Überraschung, dass Ulm als das viertbeste Team der Hauptrunde die Serie gegen München als drittbestes Team gewonnen hat, besonders nach dem Ende der Ulmer Eurocup-Saison und ohne Verletzungen ihrer Schlüsselspieler, was zu diesem Zeitpunkt ein großer Faktor ist.“

Wie kann man das emotionale Hoch der Ulmer stoppen?

„Das ist nicht etwas, worauf wir uns konzentrieren. Unsere Performance über die Saison war die konstanteste in Deutschland. Ulm klickt zur richtigen Zeit. Genauso wie für Ulm geht es auch für uns darum, sich auf die Dinge zu fokussieren, die man selbst kontrollieren kann. Der emotionale Zustand des Gegners gehört nicht dazu. Ich glaube, dass wir gegen Chemnitz und Ludwigsburg einen enorm guten Job in der Defense gemacht haben, da wir den Teams auch den Spaß nehmen konnten. Durch physischen Basketball haben wir keine einfachen Aktionen zugelassen. Das müssen wir auch in die Serie gegen Ulm mitnehmen. Die gesamte Saison waren die Defensiv-Rebounds die Eckpfeiler unserer Konstanz und das wird auch ein wichtiger Teil in dieser Serie sein. Denn das gibt uns die Möglichkeit, selbst in Spielen, in denen die Dreier oder Freiwürfe nicht so gut fallen, um den Sieg mitzuspielen. Daher kommt vieles auf uns selbst an, obwohl Ulm im Vergleich zu Chemnitz und Ludwigsburg über deutlich mehr offensive Werkzeuge und Feuerkraft verfügt sowie im Angriff vielseitiger ist. Das wird eine große Herausforderung für unsere Verteidigung.“

Stechen Schlüsselspieler aus dem starken Ulmer Kollektiv heraus, auf die wir achten müssen?

„Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass die beiden besten Kollektive und die beiden Teams, die aktuell den besten Basketball spielen, im Finale stehen. Häufig gehen diese Dinge Hand in Hand. Anstatt sich auf individuelle Spieler zu fokussieren, würde ich lieber auf Kategorien von Spielern schauen. Ulm hat drei sehr unterschiedliche Playmaker mit Yago dos Santos, Juan Nunez und Thomas Klepeisz, die alle sehr spezielle Stärken haben. Sie haben einen Weg gefunden, sich gegenseitig einzubeziehen. Dazu hat Ulm hervorragende Schützen auf dem Flügel, wo Klepeisz ebenfalls dazuzählt. In diese Kategorie gehören besonders Brandon Paul, Robin Christen und Philipp Herkenhoff. Dazu kommt mit Karim Jallow eine Naturgewalt, der die Guards mit seinen Fähigkeiten beim Zug zum Korb und dem Scoring ergänzt und dazu starke Verteidigung am Ball spielt. Defensiv vergleichbar sind da Collin Malcolm oder Tyson Ward oder Yorman Polas Bartolo aus Ludwigsburg. Also verfügt Ulm auch über diese defensiven Werkzeuge. Hinzu kommen noch athletische und vielseitige Big Men, die sehr dynamisch und modern agieren. Bruno Caboclo ist offensiv eine Gefahr sowohl in der Zone als auch von außen und beschützt defensiv sehr gut den eigenen Korb. Joshua Hawley ist ein besonders mobiler und athletischer Fünfer, der wie Herkenhoff auch auf beiden großen Positionen spielen kann. Insgesamt ist der Ulmer Kader anders zusammengestellt als unser Team, doch vergleichbar ist die Dynamik und die Kombination der Fähigkeiten, Physis und Flexibilität unterschiedlicher Spielertypen. Das macht das Matchup gegen Ulm auch so interessant.“

Ist es ein Vorteil, im letzten Hauptrundenspiel gegen Ulm gespielt zu haben?

„Wir sind damals mit sehr unterschiedlichen Zielen in das Spiel gegangen. Ulm wollte Berlin aus dem Weg gehen und sich vom siebten Platz noch verbessern, wir hingegen hatten den ersten Platz bereits sicher und es war unser drittes Spiel in sieben Tagen. Außerdem haben wir uns auch schon auf das Final Four in Malaga vorbereitet. Es war ein sehr schwieriges Spiel für uns. Ulm hat gut gespielt, wir haben nicht so gut gespielt, aber es trotzdem geschafft, die Partie am Ende zu gewinnen. Ich glaube nicht, dass dieses Spiel einen großen Einfluss darauf hat, was in der Serie passieren wird. Beide Teams sind seitdem nochmal zusammengewachsen und durch emotionale Momente gegangen. Ulm hat nach einer vielleicht kleinen Enttäuschung, auf dem siebten Platz abzuschließen, beide Serien in den Playoffs gewonnen. Wir haben den Titel in der Champions League eingefahren und uns dann wieder auf die Playoffs fokussiert, wo wir zwei Sweeps feiern konnten. Es ist wie eine leere Tafel und beide Teams starten wieder bei null.“

Mit Tuomas Iisalo sprach Baskets-Presse-Mitarbeiter Pascal Gediga.


Auch im neuen Baskets-Podcast HEARTBERG HOTEL wird auf das Finale vorausgeschaut: Die beiden Gastgeber Kumbi und Benny haben sich dafür kompetente Verstärkung eingeladen und sprechen mit Baskets-Sportmanager Daniel Seffern sowie BIG-Redakteur Florian von Stackelberg sowohl über die Halbfinalserie gegen Ludwigsburg als auch das große Finale gegen Ulm! 

jetzt hier hören >>>