„Freue mich auf Oldenburg und München"
Jamel McLean im (Geburtstags-)Interview
Er kam, sah, brach sich das Nasenbein und ackerte sich in die Herzen der Fans. Jamel McLean ist ein ehrlicher Arbeiter am Brett. Einer, den die eigenen Mitspieler lieben und der Gegner ob seiner kantigen Spielweise nur ungern verteidigt. Anlässlich seines 25. Geburtstages nahm sich der Power Forward für ein ausführliches Gespräch Zeit, bei dem auch von den Fans via Facebook gestellte Fragen beantwortet wurden.
Jamel, du hast dich scheinbar gut in Bonn eingelebt und in die Mannschaft eingefügt. Wie lange hat es für dich persönlich gedauert, bis du dich hier wohlgefühlt hast? Jamel McLean: „Ganz ehrlich ... das ging ziemlich flott. Auch wegen der Jungs, die es mir wirklich leicht gemacht haben, Teil des Teams zu werden. Wir haben kaum Zeit gebraucht, um auf der Wellenlänge zu liegen. Das hat die Anpassung für mich sehr einfach gemacht - sowohl auf als auch abseits des Feldes. Viele haben ihre Familien hier, was dazu beiträgt, dass es ihnen hier gut geht, und das überträgt sich auch auf die anderen.“ Woran genau lag es, dass ihr auf dem Feld so schnell zueinander gefunden habt? „Es liegt zum Großteil daran, wie die Mannschaft aufgestellt ist und miteinander spielt. Das Team wusste im Vorfeld, was von mir zu erwarten ist, und das hat in das gesamte Konstrukt gut hinein gepasst. Es hat aber auch mit dem Zeitpunkt meiner Verpflichtung zu tun. So weit in der Saison weißt du ganz genau, was du für Spielertypen brauchst, wo deine Stärken und deine Schwächen liegen. Von daher war es im Endeffekt ein „perfect fit“. Es gibt keine Egozocker im Team, sondern jeder spielt mit und für den Anderen. So wird auch bei den Spielen geschaut, wer gerade heiß ist oder ein Mismatch hat - das versuchen wir dann bestmöglich auszunutzen.“ Wie sehr war die Mehrbelastung durch die EuroChallenge ein Faktor während der ersten Wochen? „Ich würde sagen, dass es mir persönlich geholfen hat. Je öfter du unter Wettkampfbedingungen ran musst, desto mehr schweißt es das Team zusammen. Training ist natürlich auch wichtig, keine Frage, aber du erkennst erst im Spiel genau, wer worauf wie reagiert. Diese Eindrücke zweimal die Woche sammeln zu können hat es für mich insgesamt einfacher gemacht, meine Rolle zu finden und die der anderen besser zu verstehen.“ Du hast eine gute Arbeitseinstellung. Woher kommt das, wer sind/waren deine Vorbilder? „Wenn es um Basketball geht, dann muss ich Kobe Bryant nennen. Seine ganze Herangehensweise ans Spiel, sein Selbstbewusstsein ... das beeindruckt mich. Natürlich habe ich mir aber auch viel von meiner Mutter abgeschaut, die mich erzogen und darauf geachtet hat, dass ich nicht auf die falsche Bahn gerate. Ich hoffe, dass ich sie bis hierhin nicht enttäuscht habe.“ Durch die vielen Reisen bleibt dann aber weniger Zeit, die einzelnen Play zu studieren... (lacht) „Definitiv, ja. Zumal es innerhalb eines Jahre mein drittes Team, mein drittes Playbook ist. Da kannst du schonmal durcheinander kommen. Hinzu kommt bei mir, dass ich die Vier und die Fünf spiele. Die ganzen Laufwege und so weiter in der Kürze der Zeit zu verinnerlichen, ist absolut eine Herausforderung gewesen.“ Wie ist dein genereller Eindruck von der Beko BBL, auch im Vergleich zum belgischen Oberhaus? „Die Liga ist auf jeden Fall stark, das lässt sich ohne Zweifel sagen. Ich mag es, dass so viele Mannschaften am Wettbewerb teilnehmen - das hat ein gewisses College-Feeling. In Belgien hast du beispielsweise nur acht Teams, die während der regulären Saison vier Mal gegeneinander spielen. Das finde ich nicht so spannend, als sich Woche für Woche auf eine neue Herausforderung einstellen zu müssen. In Deutschland kann dir zwischen Platz eins und 18 alles passieren, da kann tatsächlich jeder jeden schlagen.“ In deinem Antritts-Interview hast du gesagt, dass du kein Scorer seist, machst dann aber gegen Bayreuth 16 Punkte. Im zweiten Spiel gegen Braunschweig lässt du dir die Nase brechen. Eine verrückte Anfangszeit... „Absolut, keine Frage. Das Bayreuth-Spiel hing aus meiner Sicht damit zusammen, dass ich neu und noch nicht so viel über mich bekannt war. Sie wussten wahrscheinlich nicht genau, wie sie am besten gegen mich spielen sollten. Und ich, ich habe einfach gespielt, Gas gegeben und mir am Brett einige Chancen erarbeiten können. Ich weiß aber noch, dass ich gesagt habe, ich würde das Spiel auf mich zukommen lassen. (lacht) Und genau das habe ich getan. Die Jungs haben mich gesucht, gefunden, und ich konnte das Vertrauen zurück geben - auch wenn wir am Ende leider verloren haben.“ „Das Braunschweig-Spiel ... puh ... das war überhaupt nicht gut. Der Nasenbeinbruch hat mich körperlich eigentlich nicht zurück geworfen, aber ich kam mit der Maske überhaupt nicht zurecht. Ich war fast mehr mit dem Ding beschäftigt, als mit dem Spiel, weil es mich schon sehr gestört hat. Komischerweise hat es sich kurz nach dem Schlag auf die Nase überhaupt nicht so angefühlt, als ob sie gebrochen gewesen wäre. Klar hat der Kontakt weh getan, aber es ging alles so schnell, dass ich die Verletzung zunächst überhaupt nicht realisiert habe. Und dann kamen all die Gedanken, die man sich als Spieler eben so macht. Immerhin war ich bis dahin eh schon viel rumgekommen, wollte nicht mit einer Verletzung pausieren müssen und untätig zuschauen.“ Kaum hattest du richtig Schwung aufgenommen, da kam die Knieverletzung... „...die gefühlt schlimmer war als der Nasenbeinbruch. Ich wollte unbedingt dieses Spiel gewinnen, und dann vom Fed gehen zu müssen und den Jungs nicht helfen zu können - das war nicht gut. Ich wusste, dass ich definitiv länger ausfallen würde, als bei der Sache mit Nase. Und das ausgerechnet in der Phase der Saison, in der wir um die Playoffs kämpfen. Ich habe die ganze Zeit mit unseren Ärzten und dem Physio gesprochen, wie ich im Zeitplan liege, wann ich frühestens wieder mitspielen, was ich zur Heilung beitragen kann.“ Ein Sprichwort sagt: Wenn du kein Glück hast, kommt auch noch Pech dazu. „Genau so hat es sich angefühlt. Ich hatte bis dahin noch nie eine größere Verletzung gehabt. Im College habe ich mal einen Ellbogen aufs Auge bekommen, so dass ich einige Zeit mit einer Brille spielen musste. Aber sonst bin ich zum Glück verschont geblieben. Das war eine neue Erfahrung für mich.“ Hast du eigentlich irgendwelche Routinen oder Abläufe, die du vor dem Spiel immer wieder gleich absolvierst? „Nein, sowas habe ich eigentlich nicht. Das einzige, was ich mir angewöhnt habe, ist, David zu sagen, er möge mich fünf Minuten vor dem Sprungball daran erinnern, dass es gleich losgeht. Das hat damit zu tun, dass ich nicht den ganzen Tag über ein anstehendes Spiel nachdenken möchte - da wird man ja verrückt.“ Im Spiel fällt auf, mit wie viel Energie du zum Rebound gehst - vor allem am offensiven Brett. Was ist dabei aus deiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg? „Es ist ein riesiger Vorteil zu wissen, wer gerade wirft. Du kennst deine Mannschaftskameraden besser als jeder andere und hast dadurch automatisch eine genauere Ahnung davon, wo der Ball runterkommen können. Viel hat zudem mit dem richtigen Timing zu tun, um den Ball am bestmöglichen Punkt abzugreifen. Es sind die kleinen Dinge, die da den Unterschied machen können. Wenn der Ball aus der Ecke abgefeuert wird, springt er bei einem Fehlwurf in 80 Prozent der Fälle auf die andere Seite des Ringes - genau da willst du dann stehen. Manchmal ist es aber auch einfach ein nicht genau zu definierendes Bauchgefühl, dass dich am richtigen Punkt stehen lässt. (lacht) Die nötige Portion Sprungkraft schadet dabei natürlich auch nicht.“ Apropos: Sprungkraft. Wenn du im Angriff einen Rebound abgegriffen hast, machst du in Sachen „Finishing“ selten Gefangene. War das schon immer so? „Ich mag es, wenn hier und ein wenig geschoben oder gedrückt wird. Kontakt im Kampf um den Ball macht mir nichts aus. In der Highschool, und auch noch zu Teilen im College, haben viele Leute gesagt, ich wäre zu weich. Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Meine Coaches haben mir großartig dabei geholfen, insgesamt kräftiger, stärker und konsequenter im Abschluss zu werden. Und es macht schlichtweg keinen Sinn, seine Physis nicht einzusetzen, um es über Ringniveau einschlagen zu lassen. Es gibt wenige Spieler, die eine härtere Gangart mögen.“ Das gilt es auszunutzen. „Absolut. Die wenigsten Spieler kommen darauf klar, wenn du sie permanent körperlich attackierst. Jemanden zu verteidigen, der filigran und ästhetisch daherkommt, ist eine Sache. Aber immer und immer wieder gegen jemanden halten zu müssen, der dich einfach nur aus dem Weg räumen will, dafür musst du die richtige Einstellung mitbringen.“ Wo wir schon beim Thema sind: Wer ist bislang der schwerste zu verteidigende Brocken gewesen, mit dem du es in der Beko BBL zu tun hattest? „Hm ... ja, John Bryant ist derjenige, den du am schwersten gestoppt bekommst. Der Kerl ist nicht nur groß, sondern auch unheimlich stark und robust. Wenn ich an Teams in ihrer Kompaktheit denke, dann sehe ich Oldenburg und Berlin ganz weit vorne. Die haben viel traditionelle Innenspieler, die sie nacheinander aufs Feld bringen können - da hast du es immer mit frischen Jungs zu tun. Berlin macht sich daraus auch defensiv einen Nutzen, indem sie schön klassisch die Zone zustellen und dich zu Würfen von außen zwingen. Und Zachery Peacock von Frankfurt mochte ich, da er neben seiner Physis auch einen ziemlich guten Mitteldistanzwurf an den Start bringt.“ Zum Thema Oldenburg ... dort geht es am Samstag hin, ehe zum Hauptrundenabschluss München nach Bonn kommt. Worauf kommt es in diesen beiden Spielen an? „Oldenburg ist eigentlich sehr Guard-lastig, was für uns bedeutet, dass wir defensiv ziemlich schnell auf den Beinen sein müssen, um das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Auch wenn ich im Hinspiel gegen München noch nicht dabei war, so habe ich schon viel über das Team gehört. Auch da wird es für uns darauf ankommen, sie nicht zu sehr ihren Stil spielen zu lassen. Das sind beides ordentliche Herausforderungen, aber ich freue mich sehr darauf.“ Ihr hattet zuletzt wegen der „englischen Wochen“ wenig Freizeit. Wie sieht für dich ein perfekter freier Tag aus? (lacht) „Ein gutes Frühstück, viel Sonne, ein Spaziergang durch die Stadt, und am Ende des Tages darf es auch gerne noch einen guten Film zum Abschluss geben. Ich mag es, auch mal nichts zu tun und die Seele baumeln zu lassen.“ ...und wie sieht‘s mit deinem Geburtstag aus? Irgendwas geplant? „Aaaaah ... der kommt dieses Jahr leider zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da wir gerade aus Berlin wiederkommen und uns direkt auf Oldenburg vorbereiten. Aber das wird definitiv nachgeholt, wenn wir wissen, wie die Saison für uns weitergeht.“