General-Anzeiger vom 12.12.05 Die Baskets kontern unter Druck eiskalt

Mit einer starken Teamleistung gewinnt der Bundesligist in Leverkusen mit 94:85 - Jason Conley erstmals Topscorer

Leverkusen. Alles wie gehabt: Die Wilhelm-Dopatka-Halle bleibt für die Telekom Baskets Bonn ein gutes Parkett. Mit einer beeindruckenden Mannschaftsleistung besiegte der Basketball-Bundesligist am Sonntag die Bayer Giants Leverkusen mit 94:85 (21:21, 27:14, 21:19, 25:31) und hält damit Anschluss ans obere Tabellendrittel.Auch in der hitzigen Schlussphase, als die Hausherren nach einer Bonner 16-Punkte-Führung auf drei Punkte herangekommen waren und die Partie zu kippen drohten, behielten die Schützlinge von Trainer Michael Koch kühlen Kopf und fuhren einen letztlich völlig verdienten Erfolg ein. Nur einem Bonner gingen am Ende die Gäule durch. Als nur noch knapp 40 Sekunden zu spielen waren, hatte Andrew Wisniewski beim Stande von 91:82 genug von der Spielweise des Gegners. Der hatte mit einer Pressdeckung über das ganze Feld versucht, zu retten, was zu retten war, und war den Bonner Spielmacher dabei mehrmals überhart angegangen. Bei der Attacke von Woudstra explodierte "Wiz" förmlich. Hätten nicht Mitspieler, Betreuer und sogar Schiedsrichter den Amerikaner, wenn auch mit Mühe, zurückhalten können, wer weiß, was passiert wäre. Zwar musste Wisniewski danach mit dem fünften Foul auf die Bank, auf den Spielausgang sollte das aber keinen Einfluss mehr haben. Rund 500 Bonner Fans waren nach Leverkusen gereist, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Es waren schon mal doppelt so viel. Ob's am Adventssonntag lag oder andere Gründe hatte, die Daheimgebliebenen werden es am Ende bereut haben, nicht dabei gewesen zu sein. Denn die Baskets lieferten abgesehen von einer Schwächephase im letzten Viertel eine souveräne Vorstellung ab, die so manchen Bundesliga-Konkurrenten noch ins Grübeln kommen lassen wird. "Die Telekom Baskets sind nicht nur Wisniewski. Die ganze Mannschaft hat heute eine hervorragende Leistung gezeigt", war Koch nicht zu Unrecht stolz. Erstmals blieb Wisniewski mit 18 Punkten zwar unter der 20-er-Grenze, dafür glänzte er mehr als Spielgestalter und gleich vier seiner Mitspieler mit zweistelligen Punktausbeuten. Allen voran Jason Conley, der mit 21 Punkten erstmals Topscorer der Bonner war. "Ich habe mich allmählich an die europäische Spielweise gewöhnt. Michael Koch bringt mir großes Vertrauen entgegen und ermutigt mich auch, wenn es mal nicht so gut läuft. Er ist ein guter Coach", sprudelte es aus dem Amerikaner heraus. Am Sonntag lief es überwiegend gut, auch wenn es vornehmlich an Conleys Gegenspieler Brandon Woudstra lag, dass die Giants die Partie bis weit ins zweite Viertel hinein ausgeglichen gestalteten. Bei Woudstras vier Dreiern kam Conley jedes Mal zu spät. Leverkusen hatte mit drei großen Spielern begonnen, musste aber erkennen, dass dies gegen die schnellen, beweglichen und sehr klug mit vielen Varianten spielenden Baskets ins Auge gehen würde. Obwohl unter den Brettern körperlich unterlegen, kamen die Bonner immer wieder gefährlich in Korbnähe zum Wurf. Vor allem Conley, der vor der Pause 15 Punkte markierte, Milos Paravinja und Wisniewski nutzten dies. Letztgenannter verstand es hervorragend, die besondere Aufmerksamkeit, die ihm der Gegner schenkte - manchmal stürzte man sich zu Dritt auf ihn -, für Anspiele auf die freistehenden Mitspieler zu nutzen. Die entscheidende Stärke hatten die Bonner an diesem Nachmittag aber an der Dreierlinie. Als die gute Baskets-Abwehr zunehmende Ballverluste provozierte, bauten sie die Führung so bis zur Pause und danach deutlich aus. Hrojve Perinic (4/5) und Michael Meeks (4/8) waren entscheidend an der 55-prozentigen Quote aus der Distanz beteiligt. Dass die Bonner nach der Halbzeit ihre typischen Schwächen im Rebound zeigten und, wie Co-Trainer Karsten Schul es ausdrückte, "das Ergebnis versuchten zu verwalten und nicht mehr aggressiv genug spielten", trug zur Giants-Aufholjagd vom 56:72 (31. Minute) zum 76:79 (36.) bei. Angesichts der hohen Bonner Foulquote kamen nicht nur den Fans Bedenken, auch auf der Bank sah man bange Gesichter, zumal Bonn mit Sinisa Kelecevic (Bänderdehnung im Fuß) eine wichtige Alternative fehlte. Doch der Dreier von Meeks zum 82:76 - Wisniewski war zum Korb gezogen, beschäftigte damit drei Spieler und spielte den völlig freistehenden Deutsch-Kanadier an -, leitete die Entscheidung ein. Überglücklich tanzte eine Bonner Spielertraube nach der Schlusssirene über das Parkett. Die Fans feierten ihr Team überschwänglich. Fast den meisten Applaus heimste Michael Koch ein. Der bremste gleich die Euphorie. "Am Samstag kommt mit Karlsruhe wieder ein Gegner, der auf dem Papier schlagbar ist. Doch auf dem Papier ist noch kein Spiel gewonnen worden. Wir müssen uns auf dem Feld behaupten", blickte der 39-Jährige voraus. Nicht ohne Wisniewski anschließend zu kritisieren. "Diese Art Aggression gehört nicht aufs Feld. Da muss er sich künftig zurückhalten. Darüber werden wir auch reden." Sagte es und verpasste seinem Juwel einen kleinen Nackenschlag. Dass beide dabei lachten, war ein Beleg für das gute Verhältnis zwischen Spieler und Coach.