„Göttingen ist ein unnachgiebiges Team“
Ryan Brooks im Interview zum Karnevalsspiel gegen die BG Göttingen
Am Samstag, den 14. Februar 2015, geht es für die Telekom Baskets Bonn im traditionellen Karnevalsspiel gegen die BG Göttingen (Tipoff: 20:30 Uhr live auf www.TelekomBasketball.de). Vor dem Duell mit den „Veilchen“ nahm sich Mr. Ryan Brooks die Zeit, um über kulturelle Unterschiede, den Block von Ex-Bonner David McCray und die Jagd auf Platz vier zu sprechen.
Ryan, zuallererst das Wichtigste: In welchem Kostüm sehen dich die Fans nach dem Spiel?
Ryan Brooks: „Letztes Jahr hab‘ ich mich so in Zeug gelegt, deshalb möchte ich mich dieses Jahr mehr auf den „Spirit“ konzentrieren und es einfach halten.“
Erinnerst du dich an deine erste Begegnung mit dem deutschen Karneval?
„Ich hab erst mehr über den Brauch gelernt, als ich nach Bonn gekommen bin. Karneval ist hier in der Gegend definitiv eine größere Sache als in Gießen oder Frankfurt. Ich sehe es als einen Teil der deutschen Tradition an, über die ich genauso viel lerne, wie über andere kulturelle Unterscheide. Als ich aufgewachsen bin, haben wir „Mardi Gras“ in New Orleans gefeiert, wo auch alle so verrückt drauf sind. Es macht viel Spaß, die Menschen in ihren Kostümen zu sehen, wie kreativ sie sind und wie sie so die Liebe für ihre Kultur ausdrücken.“
Hast du ein paar gute Ratschläge für deine Teamkameraden, die Karneval bisher noch nicht erlebt haben?
„Sie sollten sich auf wilde Fans einstellen, die noch verrückter unterwegs sind als sonst. Die Halle wird sich früher füllen und alle werden sich ganz besonders aufs Spiel freuen. Die Atmosphäre wird großartig sein.“
Lenkt euch das verrückte Geschehen auf den Rängen ab, wenn ihr euch aufwärmt oder während des Spiels?
„Das ist natürlich etwas, was du bemerkst. Die Fans sind aufgeregt und gut drauf. Es ist leicht, sich von all den Farben in den Zuschauerrängen ablenken zu lassen: Konfetti wird durch die Luft geworfen, es wird viel gesungen. Die laute Unterstützung der Fans hilft aber viel eher, als dass sie uns ablenkt.“
Freust du dich auf die Karnevalsfeier im Foyer nach dem Spiel?
„Letztes Jahr habe ich es sehr genossen. Du kannst mit den Fans interagieren und sehen welche Kostümideen sie verwirklicht haben. Du willst natürlich vorher das Spiel gewinnen, damit du zusätzlich einen Sieg feiern kannst. Ich freu‘ mich drauf. Es wird sicherlich spaßig, auch weil die Fans mal eine andere Seite von uns Spielern sehen können.“
Im Rückblick auf das Spiel in Quakenbrück: Was sagst du zu David McCrays Aktion im dritten Viertel, als er deinen Dreipunktewurf blockte?
(lacht) „Das war ein wichtiger Block für Artland, um das Momentum auf ihre Seite zu holen. Ich musste danach lachen, weil ich natürlich weiß, wie übermütig David werden kann. Er hat dann noch ein bisschen „Trash Talk“ hinterher geschickt, wie das so üblich ist unter alten Teamkollegen. Er hat mich da gut erwischt, aber am Ende haben wir gewonnen. Deshalb nehme ich lieber den Sieg und er kann seinen Block haben.“
Kannst du den Verlauf der zweiten Halbzeit erklären? Ihr seid nach der Pause mit einem 16:6-Lauf gestartet. Was hatte sich im Bonner Spiel verändert?
„Wir wussten, dass wir in der Defensive viel besser auftreten mussten. In der Offensive lief es gut, aber wir brauchten aufeinanderfolgende Ballgewinne in der Verteidigung. Artland führt die Liga in erfolgreichen Dreipunktewürfen an, aber zu unserem Glück haben sie ein paar wichtige Würfe verfehlt. Nach den „Stops“ haben wir schnell umgeschaltet und punkten können.“
Hast du während des Spiels gezweifelt, ob ihr diese wichtige Partie gewinnen könnt?
„Nein, überhaupt nicht. Wir waren zuvor schon mal in der Situation, zur Halbzeit zurück zu liegen und haben diese Spiele trotzdem gewonnen. Ein Spiel hat nicht zwanzig sondern vierzig Minuten. Wir hatten noch genug Zeit, um unsere Fehler zu korrigieren. Wir haben als Team zusammengehalten, wie wir es schon oft in dieser Saison getan haben.“
Fühlst du dich immer noch wohl auf deiner Position im Team, als sechster Mann von der Bank zu kommen?
„Das hat letzte Saison sehr gut funktioniert und dieses Jahr will Coach Fischer an dieser Verteilung festhalten. Manchmal ist es eine Herausforderung, genau wie letztes Jahr auch. Ich will dem Team zu Siegen verhelfen und unsere Ziele erreichen. Es läuft sehr gut im Moment.“
Mit Blick auf das heutige Spiel gegen die „Veilchen“: Was hat euch in der Hinrunde zum Sieg gegen Göttingen (87:71) verholfen?
„Wir haben sehr gut verteidigt. Wir waren gut auf die Stärken unserer Gegenspieler eingestellt und wussten, wie diese zu limitieren sind. Offensiv hatten wir ebenfalls einen guten Tag. Aber Göttingen ist jetzt stärker als noch in der Hinrunde, genau wie wir. Und wir haben dieses Mal unsere verrückten Fans im Rücken.“
Worauf müsst ihr speziell bei Göttingens Spielweise achten? Was müsst ihr ihnen wegnehmen?
„Göttingen hat viele gute Werfer von außen. Sie sind ein unnachgiebiges Team. Sie sind so gut in der Tabelle platziert, weil sie vor niemandem Angst haben. Wir müssen fokussiert und konzentriert auftreten, dann erledigt sich der Rest von selbst.“
Göttingen ist einer von zwei Aufsteigern diese Saison. Du selbst hast zwei Saisons für die Gießen 46ers gespielt, die damals mit dem Abstieg zu kämpfen hatten. Kannst du die Atmosphäre in solch einem Team – das nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen hat - beschreiben?
„Das sind manchmal die gefährlichsten Teams. Wie bereits gesagt: Sie spielen, als hätten sie nichts zu verlieren. Wenn solche Mannschaften in einem Spiel oder über die Saison hinweg Selbstbewusstsein aufbauen können, dann hast du ein Team wie Göttingen vor dir. Sie gehen in jedes Spiel mit dem Gedanken an den Sieg. Du kannst diese Teams nicht auf die leichte Schulter nehmen, wie auch keine andere Mannschaft in dieser Liga. Jeder kann jeden schlagen.“
Am 24. Februar geht es in der Pokal-Qualifikation abermals gegen Göttingen. Seht ihr das Spiel heute als Generalprobe an?
„Es ist eine andere Art, uns mit dem vertraut zu machen, was Göttingens Spielweise auszeichnet. Aber wir sollten von Spiel zu Spiel denken. Das Karnevalsspiel ist das Karnevalsspiel und hat seine eigene Bedeutung.“
Wenn du die restliche Spielzeit vor Augen hast: Als nächstes steht Trier auf dem Plan; dann Frankfurt, die letzte Woche erst Berlin geschlagen haben. Auswärts müsst ihr noch gegen Berlin und Bamberg antreten. Der direkte Konkurrent Ulm kommt im letzten Heimspiel nach Bonn. Glaubst du, es ist realistisch, den vierten Tabellenplatz als Ziel anzuvisieren?
Ich glaube, das ist sehr realistisch. Wir sind derzeit punktgleich mit Ulm und kämpfen um das Heimrecht. Ulm ist im Moment im Vorteil, weil sie das Hinrundenspiel gewonnen haben (82:77, die Red.). Wir müssen weiter aus unseren Fehlern lernen. Zu diesem Zeitpunkt in der Saison wollen wir uns nur noch verbessern und weiter nach oben bewegen.“
Was sind deiner Meinung nach die Hauptgründe für eure gute Entwicklung im Laufe der Spielzeit?
„Wir spielen als Team sehr gut zusammen. Wir können die Verantwortung verteilen und haben gelernt in unser Spiel und unsere Strategie zu vertrauen. Es ist schwer für einen Gegner, wenn er alle fünf Spieler die gesamte Partie über eng verteidigen muss. Wir haben verstanden, dass auch wenn ein Spieler mal einen schlechten Tag hat, die vier Anderen für ihn einspringen müssen.“
Über den Tellerrand geschaut: Was sagst du zu Jamel McLeans (momentan 15,1 PpS, 7,0 RpS für ALBA Berlin) aktueller Leistung?
„Er macht sich gut, in einem sehr guten Team. Das macht das Leben als Spieler manchmal leichter. In einer Mannschaft, die Talent hat und gut gecoacht wird, ist dein Job auch etwas leichter. Er kann sein Talent auf einem hohen Level zur Schau stellen. Er hat über den Sommer viel an seinem Körper gearbeitet. Das zahlt sich jetzt aus. Ich wünsche ihm weiterhin viel Erfolg.“
Jamel wurde dieses Jahr erstmals zum ALLSTAR nominiert. Kein einziger Bonner durfte nach Ulm reisen. Denkst du, dass die Baskets-Spieler übersehen wurden?
„Nein, auf keinen Fall. Das ist einfach die Art, wie sich unsere Mannschaft präsentiert. Es gibt nicht nur eine Person, die aufs Parkett tritt, um jede Menge Punkte zu machen oder Assists zu verteilen. Wir arbeiten als Team zusammen, was sich auch in unserer sehr guten Assist-Quote widerspiegelt [dritter Platz in der Liga]. Wir können die Last auf mehrere Spieler verteilen und haben nicht nur ein oder zwei Stars. Wir haben mehrere Waffen; das ist unsere Stärke."'
Zur Person:
Ryan Brooks spielt seit 2013 für die Telekom Baskets Bonn. Seine professionelle Karriere begann er nach vier Jahren am College (Temple University) in Gießen, bevor er für eine Saison in die erste finnische Liga wechselte, um anschließend wieder nach Gießen zurück zu kehren. Dort machten finanzielle Nöte einen Wechsel nach Frankfurt für den Rest der Saison 2012/13 unabwendbar. Momentan legt der ehemalige ALLSTAR in durchschnittlich 24 Minuten 11,4 Punkte und 3,1 Rebounds pro Spiel auf. Im Hinspiel gegen die BG Göttingen erzielte Brooks insgesamt zwölf Punkte, fünf Rebounds und zwei Assists.
(Text & Interview: Lena Wiemer)