Halle, Krunic-Einigung, Neuausrichtung
Interview mit Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich zur aktuellen Situation
Die Saison ist zu Ende, aber keine geruhsamen Wochen . . .WIEDLICH: Das kann man wohl sagen. Aber wir haben nun eine Baustelle weniger, weil wir uns mit Predrag Krunic gütlich und fair geeinigt haben. Ein Treffen vor dem Arbeitsgericht hätte nicht zum freundschaftlichen Verhältnis zwischen Predrag und uns gepasst. War das Jugendtrainer-Angebot wirklich ernst gemeint? WIEDLICH: Es ist manchmal im Leben so, dass, sobald juristische Berater einbezogen werden und die gegenseitig ihre Folterinstrumente herausholen, der Zug vorübergehend in eine falsche Richtung fährt. Wir mussten uns zu diesem Zeitpunkt der Verhandlung, als Predrag juristisch agierte, auf die Möglichkeit vorbereiten, dass der Vertrag mit Predrag eben nicht vorzeitig aufgelöst, sondern weitere zwei Jahre gelten würde. Insofern war es in dieser Phase der Verhandlungen sehr ernst gemeint. Aber ich gebe gerne zu, dass eine solch verkürzte Darstellung wie in unserer Pressemeldung Missverständnisse produzieren musste. Aber nun ist ja alles wieder im Lot, weil die Betroffenen, Club und Predrag, sich direkt und ohne juristische Begleitmusik verständigt haben. Was denken Sie so kurz nach der Trennung: War sie richtig, unausweichlich? WIEDLICH: Unausweichlich? Nein, wir hätten auch nächstes Jahr mit Predrag sicherlich eine gute Rolle in der Tabelle gespielt. Richtig? Das wissen wir heute nicht. Was wollen die Baskets denn für eine Rolle spielen, wenn nicht eine gute in der Tabelle? WIEDLICH: Das will jeder und auch wir, aber es gibt verschiedene Wege zum Ziel, auch gibt es untergeordnete Ziele, zum Beispiel das der Verzahnung des Bundesliga-Teams mit den besten Baskets-Jugendspielern. Im übrigen möchte ich bei aller Aufregung anmerken, dass wir in zehn Jahren zwei Cheftrainer hatten, und würdigt man, dass Bruno Soce und Predrag Krunic mehrere Jahre gemeinsam auf der Kommandobrücke saßen, kann man auch von einer zehnjährigen Ära sprechen, die zu Ende geht. Wir sind das Gegenteil von einem Hire-and-fire"-Club und versuchen, Krisen, so lange es geht, gemeinsam durchzustehen und zu meistern. Daraus geht man dann als Team immer gestärkt hervor. Bezieht man auch noch den Weggang von Arvid Kramer ein, geht eine noch größere Ära zu Ende. Fangen dann die Baskets nicht eigentlich bei null an? WIEDLICH: Bei null würde ich nicht sagen. Wenn jemand, der gut und prägend war, geht, ist er ja nur körperlich weg. Sein Geist weht noch eine Zeitlang und beeinflusst die Dinge. Und da alle drei Genannten in diesem Sinne uns mitgeprägt haben, werden auch Teile ihrer sportlichen Weltanschauungen in irgendeiner Weise bei uns fortleben. Wir haben ja alle voneinander die verschiedensten Dinge gelernt. Deshalb träfe ein Start bei null nur vordergründig zu. In der Pressemitteilung kommt Neuausrichtung" nur als Wort vor. Können Sie das etwas konkreter machen? WIEDLICH: Ich will es Mal an einem Beispiel versuchen: Als wir in 1996 in die Bundesliga aufstiegen, wurden wir gleich Vizemeister, womit wir uns schon im zweiten Jahr im Korac-Cup bewähren mussten. Da sagte die sportliche Leitung: Wir brauchen einige erfahrenere Spieler. Schon im vierten Erstliga-Jahr spielten wir dann im zweithöchsten Wettbewerb Saporta" und wir brauchten noch mehr erfahrenere Spieler. Dann kam der ULEB-Cup, und es wurde nochmal erfahrener" und teurer". Das ging alles sehr schnell, vielleicht zu schnell. Zu schnell war es jedenfalls für die ehrenvolle Aufgabe, so genannte Eigengewächse wie damals Artur Kolodziejski oder Ladislau Kabat oder die Riege um Bahiense de Mello, Mostafa und Bachmann zu integrieren. Um mithalten zu können, mussten wir Ausschau halten, nach sehr guten Spielern. Die fanden wir zwar, aber es ist eine Mär zu glauben, Spieler wie Capin, Kaukenas, Nadjfeji oder Radojevic seien Akteure, die wir irgendwo in einem verlassenen Dorf günstig ausgegraben hätten. Richtig ist, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt für uns erschwinglich waren, meist nach einer Saison dann schon nicht mehr. Der Markt ist völlig transparent. Unterm Strich denke ich, dass das schnelle Emporsteigen der Baskets und unser Ehrgeiz, auf der nächst höheren Ebene zumindest mithalten zu wollen, im Zusammenwirken mit den Marktgesetzen die hohe Fluktuation bei unseren Leistungsträgern bedingt hat. Zurück zu Ihrer Frage: So viele so genannte gestandene Spieler wie zuletzt können wir uns nicht mehr leisten. Es wird also preiswerter zugehen in Bonn, deshalb aber nicht zwangsläufig sportlich schlechter. Wir werden bei Spielern mehr oder noch mehr ins Risiko gehen müssen, also Spieler mit Potenzial verpflichten, das entwickelt werden muss. Ist die Alternative, mehr eigene Jugendliche zur Erstligareife zu führen, nicht unrealistisch? Andere Vereine versuchen es auch, aber die Ergebnisse sind kläglich, gerade bei deutschen Talenten . . . WIEDLICH: Ich sehe die Erfolgsaussichten ebenfalls nüchtern. Aber wir sind unserem Selbstverständnis einiges schuldig. Wir haben eine der größten Jugendabteilungen Deutschlands direkt unter unserem Dach, etwas, was sich andere Bundesligisten erst gar nicht aufhalsen. Die schließen einen Kooperationsvertrag mit XY, überweisen Geld und fertig ist der Nachweis der eigenen Jugendförderung. Wir wollen trotz der nicht gerade tollen gesamtwirtschaftlichen Lage in die Nachwuchsarbeit investieren, auch im Hinblick auf unser Hallenprojekt mit Ausbildungszentrum. Das mag keinen Titel bringen, aber wenn das die Identifikation mit dem Club fördert oder den inneren Zusammenhalt, dann war es keine Fehlinvestition. Am Tag der Krunic-Kündigung dann die Mitteilung der Stadt Bonn, dass in puncto Halle alle Probleme gelöst seien. Konnten Sie da jubeln? WIEDLICH: Sie meinen am Tag der Krunic-Kündigung . . . Ja auch, aber über die Meldung an sich? WIEDLICH: Wir sind ja Teil des Planungsprozesses, also wussten wir es eher als der Zeitungsleser. Aber davon einmal abgesehen: Wenn man Jahre für etwas arbeitet und kämpft, ist die Freude eher still als bei einem siegbringenden Baskets-Dreier in der Schlusssekunde. Kommt die Halle denn jetzt wirklich? WIEDLICH: Nach dem ganzen Hin und Her habe ich Verständnis für diese Frage und jene Fans, die das erst glauben, wenn die Bagger rollen. Ich sehe keine K.o.-Hindernisse mehr, aber einige mittlere Hürden gibt es noch. Zum Beispiel? WIEDLICH: Eben die Kredithöhe. Mit den Kosten runter, mit der Eigenkapitalquote hoch. Aber auch dort gibt es noch Lösungsoptionen, sodass ich verhalten zuversichtlich bin. Können Sie schon etwas über den neuen Headcoach sagen? WIEDLICH: Nein, wir stehen am Anfang. Gibt es denn schon Bewerbungen? WIEDLICH: Ja, aus ganz Europa. Das hat mich sehr überrascht, aber vielleicht ist es auch nur ein Zeichen dafür, wie rar Headcoach-Stellen sind, zudem an Standorten, wo man nicht unter Titelzwang steht, sondern in Ruhe etwas entwickeln kann. Wie sucht man den passenden Headcoach? WIEDLICH: Wichtig ist erstmal, dass der Club weiß, was er will. Einfach und ungeachtet der eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten in die Welt hinauszuposaunen, wir wollen Meister werden und dann einen so genannten Meistertrainer verpflichten, wäre naiv und blauäugig. Die Baskets suchen einen Headcoach, der auch Spieler entwickeln kann, das müssen nicht unbedingt solche deutscher Nationalität sein. Und zum Thema Meisterschaft: Die wird nie ein öffentlich erklärtes Baskets-Ziel sein, da kann man sich nur verheben, aber wenn alle Club, Headcoach, Co-Trainer, Spieler den Ehrgeiz haben, mit kämpferischen und sportlichen Mitteln jedes Spiel zu gewinnen, wird automatisch eines Tages der Titel in Bonn landen. Außerdem ist es auf dem Hardtberg ein Muss, das von der 1. bis zur 40. Minute um jeden Ball gekämpft wird. Das sind wir unseren Zuschauern schuldig. Nochmal: Wie sucht man den passenden Headcoach? WIEDLICH: Jedenfalls nicht so, indem der Präsident glaubt zu wissen, wer der Richtige ist. Wir werden die kompetenten Personen aus unserem Dunstkreis zusammen ziehen und uns Gedanken machen. Wenn der so Auserwählte für uns nicht bezahlbar ist, werden wir neu nachdenken. Das Interview führte Michael Mager