Hallenthema überragt bei den Baskets alles

Die BONNER RUNDSCHAU berichtet in der Ausgabe vom 09.08.2003:

BONN. Kein Sommerloch wie jedes andere: Bei den Fans der Telekom Baskets werden zwar Nachrichten über Abgänge und Neuverpflichtungen wie in jedem Jahr zuvor sehnsüchtig erwartet, ein Thema überragt vom Interesse aber alle anderen: Die Frage der neuen Baskets-Halle. Selten zuvor gab es mehr Diskussionsbeiträge im Internetforum als zu diesem Komplex.Da verblassen Nachrichten wie der Wechsel von Center Aleksandar Radojevic nach Griechenland. Dass der 2,20-m-Mann keinen neuen Vertrag erhielt, war keine Überraschung. Zwar betonte Sportmanager Arvid Kramer, Cico habe alle Erwartungen erfüllt, die Lösung der chronischen Probleme auf der Center-Position war der Jugoslawe mit NBA-Erfahrung aber nicht. Kommende Saison wird er bei PAOK Thessaloniki, dem Tabellensiebten in Griechenland, spielen. Wie sehr Bonns Korbjäger zum sportlichen Aushängeschild der Bundesstadt geworden sind, verdeutlicht eine interne Statistik der TV-Reichweite: Waren die Baskets 2001 / 2002 etwas mehr als 25 Stunden zu sehen, stieg dieser Wert 2002 / 2003 auf 33,5 Stunden (plus 33 Prozent). Die Reichweite stieg sogar um 60 Prozent: von 56,86 Millionen Zuschauern auf 91,46 Millionen. Spitzenreiter war das Pokalhalbfinale gegen Köln auf SAT 1 mit 4,36 Millionen Zuschauern in der Spitze. Statistiken, die auch die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung in der Diskussion um eine neue Baskets-Halle immer vor Augen haben sollten: Solche Zahlen sind auf Dauer nur in einer neuen Arena zu wiederholen. Der Weg dahin scheint aber noch sehr steinig. Die Rundschau stellt nachfolgend die unterschiedlichen Investorenmodelle für das BGS-Gelände auf dem Brüser Berg und deren Probleme dar: Baskets-Vorschlag: Der Verein selbst hatte Verwaltung und Politik im Projektbeirat eine Lösung präsentiert, bei der der Investor die Halle mitfinanzieren und dann langfristig an die Baskets vermieten würde. Damit wäre der Bau der Halle ohne Kreditaufnahme für den Verein und städtischen Investitionszuschuss möglich gewesen. Damit sich das Modell rechnet, war aber Voraussetzung, dass der Investor neben der Halle einen Mediamarkt mit 5000 Quadratmetern Verkaufsfläche, ein Warenhaus mit ebenfalls 5000 Quadratmetern (Kaufland) sowie ein Bürohaus mit 15 000 Quadratmetern Nutzfläche errichten dürfte. Dieses Modell wurde von Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann aber direkt und kategorisch mit Hinweis auf das Bonner Zentrenkonzept abgelehnt. Danach darf in städtischen Randlagen auf der grünen Wiese nur Einzelhandel angesiedelt werden, der die Anbieter in der City nicht schädigt und Kaufkraft abzieht. Dabei sei die Stadt auch an Erlasse der Landesregierung gebunden. Auch als die Baskets ein verändertes Konzept präsentierten (Verzicht auf Kaufland, dafür eine kleine Lidl-Filiale und einen Baumarkt), blieb es beim Nein der Stadtverwaltung wegen des Mediamarktes. Ein Diplom-Geograph aus dem Amt für Wirtschaftsförderung verstieg sich in einem Leserbrief gar zum Bild eines Hais in einer friedlichen Meeresbucht, um die Gefahr des Mediamarktes für die Hardtberger Händler zu beschreiben. Er bestritt, dass Kaufkraft aus dem Umland zurückgeholt werden könne: Weil kaum welche abfließt, wohin auch. Die vielen BN-Kennzeichen vor den Saturn-Märkten in Sankt Augustin und Köln hat er wohl übersehen. Als Alternative präsentierte die Stadtverwaltung ein Konzept mit eigenem Investor: Alternative der Stadt Hier soll die Hornbach-Gruppe einen großen Garten- und Baumarkt ansiedeln. Da in dieser Branche aber weit geringere Umsätze und Erträge anfallen als beim Mediamarkt, könnte der Investor die Baukosten für die Halle (etwa elf Millionen Euro) nicht allein stemmen. Die Baskets müssten einen hohen Kredit aufnehmen oder wären auf einen städtischen Zuschuss von mehreren Millionen Euro angewiesen. Ersteres ginge aber massiv zu Lasten des Mannschaftsetats der Baskets, bei letzterem wäre eine Neiddiskussion anderer Sportvereine kaum vermeidbar. Diskussionen Das Thema hat sofort in Leserbriefspalten und vor allem im Internetforum der Baskets für vehemente Diskussionen gesorgt. Dabei ist in dem sonst anonymen Forum eine Novität zu verfolgen: Mit Presseamtschef Friedel Frechen und dem Hardtberger CDU-Stadtverordneten Heinz Hentschel tragen dort auch Vertreter von Verwaltung und Politik ihre völlig gegensätzlichen Standpunkte in aller (Internet)-Öffentlichkeit aus. Frechen verteidigt die Priorität der Zentren-Unschädlichkeit und berichtet, dass mehrere Unternehmen ihr Interesse bekundet hätten, ein Handelsobjekt und eine Basketshalle zu errichten. Hentschel spricht sich dagegen offen für die Baskets-Lösung aus und nimmt damit auch den Mediamarkt in Kauf: Ich glaube nicht, dass eine bessere Lösung als die Baskets-Konzeption vorgelegt werden kann. Die Befürworter der Baskets-Lösung verweisen auch auf ein Interview von Regierungspräsident Jürgen Roters, in dem er zur Frage der Zentrenschädlichkeit äußert, dass ein sehr großer Elektromarkt tendenziell als zentrenschädlich anzusehen sei. Was zwischen den Zeilen ja nichts anderes heiße, als dass ein mittlerer Elektronikmarkt unschädlich sei. Deutlichere Worte findet der Leiter des Sportsponsorings bei der Telekom, Stephan Althoff, in einem anderen Zeitungsinterview zum Thema Basketshalle: Uns stört, dass es eine Hängepartie geworden ist. Sollte die Halle definitiv nicht kommen, legt er dem Verein sogar den Wechsel in eine Nachbarkommune nahe: Die Baskets sind nicht mit Bonn verheiratet. Wer die Baskets-Spitze kennt und weiß, dass sie für fast jeden Eventualfall Alternativplanungen bereit hält, kann sich vorstellen, dass sie längst erkundet haben, ob sie woanders (etwa in Bornheim) mit offenen Armen empfangen würden. Für Baskets-Chef Wiedlich ist ein solcher Umzug noch ein Tabu-Thema: Dazu sage ich absolut nichts. Baskets 2007 - eine schlimme Vision Von BERT MARK Juni 2007. Nach mehreren Hitzejahren ein völlig verregneter Sommer. Nicht deswegen ist die Stimmung der Fans der Telekom Baskets auf dem Tiefpunkt. Nach zwölf Jahren in der Ersten Liga ist die personell ausgezehrte Mannschaft abgestiegen. Die Spieler haben bis zum Umfallen gekämpft, aber der Kader war einfach nicht mehr erstligareif. 2006 hatte die Telekom ihre Andeutung aus dem Jahre 2003 wahr gemacht, dass sie ihr Engagement überdenken werde, wenn am Ende des Drei-Jahres-Kontraktes immer noch keine Baskets-Halle für internationale Spiele steht. Geschickt vermeidet es das Unternehmen, zum großen Buhmann zu werden: Es dreht das Engagement nicht über Nacht auf Null, reduziert seinen Beitrag aber 2006 um 50 Prozent. Verzweifelte Versuche von Präsident Wolfgang Wiedlich, einen anderen Großsponsor ins Boot zu holen, scheitern: Ohne internationale Spiele ist es uninteressant, winken alle ab. Die Stimmung nach dem letzten Spiel, als Bonn von RheinEnergie Köln mit 62:103 endgültig in die Zweite Liga geschickt wird, ist schlimm. Nochmal sind 3500 Fans in die Hardtberghalle geströmt, mit Tränen der Wut und Enttäuschung erleben sie die Schlusssirene. Draußen werden Hunderte von Plakaten We still believe verbrannt. Am Morgen die ersten Reaktionen aus dem politischen Raum. Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, die 2004 mangels eines aussichtsreichen CDU-Kandidaten wiedergewählt worden war, drückt ihr ehrliches Bedauern über den Abstieg aus: Ein herber Verlust für Bonn, ich war viele Jahre begeisterte Zuschauerin. Die CDU-Spitze wirft ihr dagegen Versagen auf der ganz Linie vor: Vor vier Jahren ist die große Chance kläglich vergeben worden, den Baskets mit einer neuen Halle eine dauerhafte Grundlage für Spitzenbasketball zu schaffen. Präsident Wiedlich hat sich das bittere Schauspiel des letzten Spiels erspart. Er tritt noch in der Nacht als Präsident zurück. Später im Jahr wird er ein Buch veröffentlichen Baskets intim - so war es wirklich, das im Weihnachtsgeschäft in Bonn der absolute Renner ist. Sportmanager Arvid Kramer hält im August dem Werben des neuen Meisters nicht mehr stand: Er wird Talentscout bei Köln. Der Zerfall ist nicht mehr aufzuhalten: Dem kommissarischen Notvorstand um Hans-Günther Roesberg gelingt es nicht, einen Zweitliga-Etat auf die Beine zu stellen, die Mannschaft wird noch im Juli in die Zweite Regionalliga zurück gezogen: Die Baskets verschwinden von der Bundesliga-Bühne. Kommentar: Schwarzer Peter liegt beim Rat Von BERT MARK Das Hallen-Konzept der Baskets ist so bestechend, dass es nicht einfach mit dem Hinweis auf eine Zentrenschädlichkeit vom Tisch gewischt werden darf. Denn dieses Argument muss ja auf seine Stichhaltigkeit untersucht werden. Wer leugnet, dass im Sektor Unterhaltungselektronik (Video / Hifi / Audio) und Weiße Ware (Kühlschränke, Waschmaschinen, Herde etc.) enorme Kaufkraft von Bonn nach Sankt Augustin, Köln und Meckenheim abfließt, der offenbart einen bedenklichen Mangel an realistischer Wahrnehmung. Dass ein Angehöriger des Amtes für Wirtschaftsförderung dies öffentlich tut, stärkt nicht das Vertrauen in die Kompetenz dieser Fachverwaltung. Dieser Diplom-Geograph sollte sich daran erinnern, dass er im Studium sicher mit dem Begriff Subzentrum konfrontiert wurde: Jede größere Stadt hat neben der eigentlichen City weitere (kleinere) Zentren hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen. Das sind in Bonn die Bezirkszentren Beuel, Bad Godesberg und Hardtberg, deren Einzelhandel ebenso wie der in Nachbargemeinden (etwa Toom und Obi in Oedekoven) auch der überörtlichen Versorgung dient. Insofern ist es abwegig, einen Mediamarkt auf dem BGS-Areal mit dem Argument keinen Elektronikmarkt auf der grünen Wiese zu verhindern: Die Bevölkerung des Hardtbergs, von Röttgen / Ückesdorf, Alfter-Oedekoven und Witterschlick wäre froh, wenn sie nicht mehr bis nach Köln oder Sankt Augustin fahren müsste. Dass die OB einen Elektronikmarkt auch deshalb ablehnt, weil sie genau einen solchen als Ankermieter am neu zu gestaltenden Bahnhofsvorplatz haben will, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Auch dieses Argument haben die Baskets in informellen Gesprächen mit Investoren entkräftet. Denn diese hätten versichert, beide Standorte würden sich nicht ausschließen, bildeten sogar ein attraktives Doppel: Mediamarkt auf dem Hardtberg, Saturn am Bahnhofsvorplatz (beide ja Mitglieder derselben Unternehmensgruppe) - so könnte die für die Konsumenten höchst attraktive Einzelhandelslandschaft in einigen Jahren aussehen. Was fehlt, ist derzeit noch der politische Wille, den Rahmen einer Landesvorschrift großzügig auszulegen. Wenn sogar der Regierungspräsident signalisiert, er werde gegen einen Media-Markt mittlerer Größe kein Veto einlegen, liegt der schwarze Peter jetzt woanders: bei den Bonner Ratsparteien - und der Verwaltungsspitze.