"Ich denke wir sind wie guter alter Wein"
Baskets Center-Legende im BIG-Interview
CHRIS ENSMINGER ist 37 und spielt seit 12 Jahren in der Beko BBL. Seine Ellenbogen gelten als die härtesten der Liga. Im BIG-Interview spricht der Center über Bonn, Bamberg, Bauermann und einige Trends, die ihm nicht gefallen
Old-school. Das ist der Begriff, der einem einfällt, wenn man Chris Ensminger spielen sieht. Die Bewegungen sind kantig, aber nicht schnell. Egal: Der 37-Jährige steht so gut wie immer richtig, wenn es einen Rebound abzugreifen oder den Gegenspieler zu stoppen gilt. Nach der fürchterlichen letzten Saison der Telekom Baskets Bonn, die der Playoff-Stammgast als enttäuschender Tabellen-Dreizehnter abschloss, wurde fast das komplette Team ausgetauscht. Einer blieb: Oldie Ensminger. Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich hält das Alter eines Spielers ohnehin für „sehr relativ“: „Chris ist ein Profi, während einige sich häufig nur so bezeichnen. Wenn einer in diesem Alter nach der Sommerpause stets die besten sportmedizinischen Werte im Team aufweist, die sich die anderen in der Saisonvorbereitung erst erarbeiten müssen, dann sagt das einiges.“ Wiedlich vergleicht den US-Amerikaner mit Bonns Center-Legende Arvid Kramer, der ebenfalls im hohen Basketball-Alter noch Akzente in der 1. Liga setzen konnte. „Chris ist Erfahrung pur. Seine Statistiken sprechen für sich. Und von der Athletik hat Chris noch nie gelebt, sondern von seinem Basketball-IQ, seiner Übersicht und seinen Qualitäten als Teamleader“, sagt Coach Michael Koch über den Spieler, mit dem er unbedingt weiter arbeiten wollte. Warum „Coach Mike“ für Chris Ensminger der Grund war, überhaupt nach Bonn zu kommen, wie sich sein Image verändert hat und warum er seine Basketballschuhe lieber zum Schuster bringt, anstatt sich neue zu kaufen, verrät der zweifache Familienvater im BIG-Interview. Herr Ensminger, beim Saisonauftakt gegen den FC Bayern München waren Sie einmal nicht, so wie sonst immer, der älteste Spieler auf dem Court, sondern Darius Hall. Ein ungewohntes Gefühl für Sie? Darius ist auch ein Veteran, er ist ein halbes Jahr älter als ich. Auf dem Court habe ich da nicht weiter drüber nachgedacht; ich weiß nicht, wie Darius darüber denkt ... Alter ist doch nur eine Zahl. Wir „Alten“ können das Spiel auch spielen. Man muss sich doch nur ansehen, was für Leistungen ein Aleksandar Nadjfeji abliefert. Er ist auch schon 35 Jahre alt und dennoch einer der besten Spieler der Liga. Ich denke, wir sind wie guter Wein: je älter, desto besser. Für mich und mein Spiel hat sich im Laufe der Jahre nicht viel geändert. Ich war noch nie einer der athletischsten Spieler, ich spiele heute genauso wie damals am College mit 23, 24 Jahren. In der ersten Ausgabe von BIG haben wir Sie schon in Yoga-Pose gesehen. Seit wann machen Sie Yoga? Schon während meiner Zeit in Bamberg gab es ein paar Leute, die mich mit Yoga in Kontakt gebracht haben. In der letzten Saison hatte ich dann ein wenig mit kleineren Verletzungen zu kämpfen, ich hatte Probleme mit den Hüften. Ich musste an meiner Beweglichkeit arbeiten, deswegen habe ich Yoga ausprobiert – und ich mochte es. Jetzt habe ich keine Beschwerden mehr, aber ich mache mit Yoga weiter. Es hilft mir während der Saison und auch bei der Vorbereitung im Sommer. Es ist einfach etwas komplett anderes, als in der Halle zu stehen und sein normales Stretchingprogramm zu absolvieren. In der Offseason versuche ich, Abstand vom Basketball zu bekommen, da ist es wichtig, Alternativen zu haben. Diesen Sommer hatten wir eine lange Pause, weil wir die Playoffs verpasst haben. Das war für mich schon schwer, sowohl mental als auch physisch. Ich versuche einfach, meinen Körper in Form zu halten und gesund zu bleiben. Wenn man älter wird, gewinnt das immer mehr an Bedeutung. Wer weiß, was wäre, wenn ich mit Yoga oder Pilates früher begonnen hätte? Aber es ist sicher niemals zu spät, damit anzufangen. Sie machen die Yoga-Übungen zusammen mit Ihrer Frau? Ja, auch, entweder bei uns zu Hause im Garten oder in unserem Familienraum, wie ich ihn nenne. Ich versuche, zweimal die Woche Yoga zu machen, dazu Krafttraining und Biken. Mit Yoga ist es zu Hause allerdings manchmal schwierig, wenn zwei kleine Kinder herumlaufen ... Das Spiel gegen Bayern München war für Sie auch das erste Wiedersehen mit Ihren ehemaligen Bamberger Weggefährten Dirk Bauermann, Demond Greene und Steffen Hamann, den Sie mit einer herzlichen Umarmung begrüßt haben. War die Begegnung etwas Besonderes für Sie? Ja, auf jeden Fall. Für Coach Bauermann habe ich sieben Jahre, von 2001 bis 2008, gespielt, mit Steffen stand ich fast genauso lange zusammen auf dem Feld. Es war das erste Mal, dass wir uns in der 1. Liga wiedergetroffen haben, nachdem wir Bamberg verlassen haben, von daher war es durchaus eine besondere Situation. Sprechen wir über die Telekom Baskets. Was ist der Unterschied zwischen dem aktuellen Team und dem aus der vergangenen Saison? In der Vorbereitungsphase vor der letzten Saison haben wir nur ein Spiel verloren, ansonsten unsere Gegner dominiert. Da haben wir vielleicht schon gedacht: Wow, was sind wir für ein tolles Team, wir gewinnen hier jedes Spiel mit 20, 30, manchmal 40 Punkten Differenz. Aber das ist nur die Preseason, es zählt nicht. Dann haben wir direkt unser erstes Saisonspiel, auswärts in Gießen, verloren – das hätte schon ein erster Warnschuss sein müssen. Anschließend haben wir ein paar Spiele gewonnen, aber wir waren die ganze Zeit zu unkonstant; es war eine Berg- und Talfahrt. Schließlich haben wir die Spiele, die wir hätten gewinnen müssen, nicht gewonnen. Im direkten Vergleich haben wir gegen alle Teams, die mit uns um den Einzug in die Playoffs gekämpft haben, verloren. Danach sind wir auseinandergebrochen. Wir haben unsere letzten sechs Saisonspiele verloren. Letztendlich hängt alles vom Selbstbewusstsein ab. Glaubst du an dich oder nicht? Wenn du kein Selbstvertrauen hast, verlierst du enge Spiele, so einfach ist das. Es ist wie ein Schneeball, der rollt und rollt und immer größer wird. Jede weitere Niederlage nagt an deinem Selbstbewusstsein. Es ist wie im Treibsand strampeln – da ist es auch schwierig, wieder herauszukommen. Letzte Saison haben wir zwar auch ein paar knappere Spiele gewonnen, aber da ging es noch um nichts. Anfang dieser Spielzeit sind wir mit einem knappen Sieg nach Verlängerung gegen Bayern München gestartet, das war schon mal wichtig für unser Selbstbewusstsein. Aber das bedeutet nichts, wenn wir in den kommenden Spielen nicht mit der gleichen Intensität und dem gleichen Selbstbewusstsein zu Werke gehen. Coach Michael Koch hat gesagt, dass es im Team vom letzten Jahr nicht nur einen, nicht zwei, sondern eine ganze Reihe von faulen Äpfeln gegeben hätte. Sind Sie der gleichen Meinung? Das komplette Interview steht in der aktuellen Ausgabe der BIG -