In eigener Sache
Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich zum Stand der Dinge
Vorab: Die Eigendynamik anonymer Einträge in Internet-Foren, die Meinungsfreudigkeit auf Socialmedia-Plattformen und die Fanbrille einiger Journalisten haben im jüngsten Fall – der Nicht-Vertragsverlängerung unseres Cheftrainers – zu wilden Verschwörungstheorien und verwegenen Untergangsszenarien geführt.
Da wurden Spekulationen und Gerüchte, nur oft genug wiederholt, irgendwann zu Fakten, von denen aus weiter spekuliert und „gerüchtet“ wurde. Die Tatsache, dass die Telekom Baskets Bonn zahlreichen Verschwiegenheitsregeln rechtlicher Art unterliegen und diese einhalten, wurde von einem Anonymus mit der „Informationspolitik Nordkoreas“ verglichen. Wir fanden das durchaus witzig. Wir können leider nicht nach dem Pippilotta-Prinzip („Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“) handeln, denn die Basketballwelt tickt wie die meisten Lebenswelten – nach den simplen, aber gnadenlosen Gesetzen der Wirtschaftswelt. Schade eigentlich, dass einige Sportreporter die 40. Minute auch als Schlussminute fürs Nachdenken über Hintergründe betrachten. Denn ohne Wirtschaft lässt sich Profisport von heute nicht mehr erklären. So ist ein Team, wenn die Chemie stimmt, eine Saison lang ein Team, das danach jedoch in Einzelunternehmer zerfällt, denn Profis haben eine kurze Hochlohnphase. Auch die Deutschenquote in der Basketball-Bundesliga treibt längst skurrile wirtschaftliche Blüten – und stellt neue Herausforderungen an alle. Auch an Cheftrainer. Bevor sich noch mehr Spekulationen auf der Meinungsebene in Pseudo-Fakten verwandeln, hier ein paar Richtigstellungen aus erster Hand. Die Telekom Baskets . . . [listenpunkt]verwandeln sich im Bundesligabereich nicht primär zu einem „Ausbildungsclub“ mit dem sportlichen Ziel „Klassenerhalt“, [/listenpunkt] [listenpunkt]werden auch 2013/14 einen Teametat aufweisen, der eine realistische Chance zur Playoff-Qualifikation eröffnet (exklusive Unwägbarkeiten wie Verletzungsserien),[/listenpunkt] [listenpunkt]haben Jared Jordan, Jamel McLean und Benas Veikalas eine Vertragsverlängerung angeboten.[/listenpunkt] Ausgangspunkt und Schritt eins war, dass der Vertrag des bisherigen Headcoaches Michael Koch nach achtjähriger Baskets-Dienstzeit, die BBL-weit einen Rekordwert spiegelt, nicht verlängert wurde. Ich möchte noch einmal verdeutlichen, dass die Baskets auf die Zusammenarbeit mit Koch außerordentlich zufrieden zurückblicken – eine Zusammenarbeit, die als Ära in die Baskets-Annalen eingehen wird. Dass ihm in den Spielzeiten 2007/08 und 2008/09 die BBL-Auszeichnung „Trainer des Jahres“ versagt blieb, obwohl er zweimal hintereinander das Finale um die Deutsche Meisterschaft erreichte, war einzig und allein dem Regulariendefizit geschuldet, dass die BBL diese Auszeichnung stets nach der Hauptrunde vergibt und nicht nach den Playoffs und damit jener Endspurt-Phase, die sicherlich zu Kochs taktischen „Hoch-Zeiten“ gehört, wie er das zuletzt noch einmal eindrucksvoll bewies. Mit Koch begann auch die Baskets-Ära im Telekom Dome, als am 11. Juni 2008 die neue, selbstgebaute Halle von heute auf morgen im veredelten Rohbauzustand mit den Finalspielen gegen Alba Berlin eingeweiht wurde. Der ungeplante sportliche Erfolg führte zu einem ungeplanten Einweihungsevent, das atmosphärisch zu den bewegendsten Momenten der Baskets-Geschichte gehört. Dass Koch den wirtschaftlichen Erfolg der Playoff-Serien 2007/08 und 2008/09 in der neuen Halle nicht 1:1 für den Teametat verwenden konnte, trug er loyal mit. Mit den Mehrerlösen konnten die Baskets dringend notwendige Restarbeiten für ihr neues Domizil finanzieren. Danach stieg der Teametat wieder an. Mit der Saison 2013/14 beginnt eine neue Baskets-Zeit – sowohl im Bundesligabereich als auch hinter den Kulissen. In jedem Fall ist damit eine Zäsur verbunden: In unserer Innenwelt werden die Weichen neu gestellt. Wir hätten jedoch erhebliche Probleme damit, das als „Professionalisierung“ zu bezeichnen, denn wir setzen unsere Geschichte lediglich nach bewährtem Baskets-Kompass fort. Danach bedeutete „professionell“ für uns stets, mit begrenzten Finanz- und Personalressourcen das Maximale zu erreichen und vieles, aber nicht alles gleichzeitig zu tun: Eine 17-Millionen-Sportimmobilie samt Ausbildungszentrum aus dem Boden stampfen, die Nachwuchsarbeit sukzessive auf ein höheres Qualitätslevel (mehr hauptamtliche A-lizenzierte Trainer) hieven und trotzdem einen Bundesliga-Teametat erhalten, der sportliche Wettbewerbsfähigkeit garantiert. Ein Fortentwicklungszyklus, gewissermaßen Etappe eins, ist damit abgeschlossen. Das war – wirtschaftlich – jedoch ein Akt auf dem Hochseil. Auch deshalb, weil wir mit der Inbetriebnahme der Halle Mitte 2008 jegliche Unterstützung der Stadt Bonn (Beispiele: Verkehrslenkung, Feuerwehrdienste) verloren. Die Kommune betrachtet den Basketball-Bundesliga-Standort Bonn inzwischen nur noch als Erlösquelle. Auch das hat dazu geführt, dass bei einer ligainternen Heimspielkosten-Erhebung „Telekom Dome und Bonn“ auf Platz zwei landeten – von 18 BBL-Standorten! Nur in einer Stadt ist es somit nach einer redlichen Gesamtbetrachtung teurer, ein Bundesliga-Heimspiel zu veranstalten, als in Bonn. Ein kleiner Exkurs: Zwangsläufig sind wir als ein in der Öffentlichkeit stehendes „Objekt“ außerordentlicher Meinungsfreude ausgesetzt. Der Bonner Schlaumeier-Modus ist quasi daueraktiv: Während der Headcoach von regelmäßig „6.000 Co-Trainern auf der Tribüne“ begutachtet wird, ist das bei den Verantwortlichen im Hintergrund kaum anders. Da einige Personen namentlich aus der anonymen Internetzone angegriffen wurden, muss ich einmal betonen: Die Telekom Baskets haben sich für ihre Großimmobilie zwei Angestellte mehr geleistet (und den durchaus heiligen Teametat trotzdem nicht berührt). Den Rest des Mehraufwands schultert das Team hinter dem Team seit Jahren in alter Besetzung, von der Planungs- und Bauphase einmal ganz zu schweigen. Für eine „professionelle Projektsteuerung“ hatten wir kein Geld. Haben wir samt kompetenten Fans selbst gemacht. Das Team hat Großartiges geleistet und sogar die Baukosten durch gelebte Sparfuchs-Mentalität unterschritten. So konnte von einem Teil des alten Baukredits 2012 der nächste Schritt finanziert werden: der Ausbau des Gastro-/VIP-Bereichs. Was alles fehlt, nötig oder „professioneller“ wäre, wissen wir. Aber alles gleichzeitig stemmen, geht nur in Pippi Langstrumpfs Welt oder real beim FC Bayern München. Wir dagegen würden riskieren, dem Abstiegsgespenst zu begegnen. Insofern taktet unser Fortschritt nach der Step-by-Step-Philosophie. Nun folgt also Etappe zwei, ein neuer Fortschrittszyklus. Wir werden unsere personelle Infrastruktur stärken. Dies gilt für Vermarktung und Sport ebenso wie für die (noch) stärkere Verzahnung von Hochtalentiertenförderung und Bundesligateam. Auch Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten werden neu sortiert. Das alles, wie schon der Hallenbau zuvor, soll die Baskets-Zukunft sichern – und den BBL-Standort Bonn, der durch das verlässliche Engagement unseres Hauptsponsors Deutsche Telekom AG überhaupt erst ermöglicht wurde und eine solche Stabilität erreichen konnte. Durchaus: Man kann immer anderer Meinung sein. Zum Beispiel kann man, wie ich gelegentlich höre, die Inangriffnahme und Umsetzung des Hallenprojekts auf eigene Rechnung für den größten Fehltritt und die Anpeilung des ersten Meistertitels für die bessere Option halten. Ob es jedoch heute noch Bundesliga-Basketball in der alten Hardtberghalle gäbe? In der Hoffnung, allen Fans etwas mehr Einblick in „Basketball-Nordkorea“ und ein Stück Zuversicht vermittelt zu haben, bin ich Ihr Wolfgang Wiedlich