Irgendwie war es dieses Jahr anders. Wirklich?
Maskottchen Bonni macht sich Gedanken
Natürlich war vor der Saison nach der Saison gewesen. EJ (Rowland) weg, Brandon (Bowman) weg und auch (Winsome) Frazier. Unsere Leistungsträger, zumindest, wenn man nur ihr Engagement auf dem Feld bewertet. Doch John (Bowler) war geblieben, big, wie immer. Und Artur (Kolodziejski), Alex (King) und auch JJ (Strasser). Dazu Patrick (Flomo), unser Energizer. Vor allem aber auch Coach Mike (Koch), der Chefkoch. Und die vielen Ameisen dahinter, die nie im Rampenlicht stehen, aber ohne die trotzdem alles nichts wäre. Vielleicht waren es die Wunden, die sich sprichwörtlich entzündet hatten. Die Wunden der letzten 23 Sekunden von Oldenburg, die wir monatelang geleckt hatten. Vizemeister waren wir geworden, zum zweiten Mal in Folge. Hatten im Halbfinale die Albaner in ihrer neuen, schmucken, ausverkauften O2-World auf den harten Boden des Ausscheidens geholt. Und dann kamen die Sekunden von Oldenburg. Ein deutscher Vizemeister-Titel, der für viele gequälte Bonner Seelen ein gefühlter Abstieg war. Und dann haben die da oben auch noch diesen (Chris) Ensminger verpflichtet, das personifizierte Feindbild schlechthin. Einfach unmöglich. Da musste man doch einfach seine Dauerkarte zurückgeben! Oder? Karsten (Schul), plötzlich war der auch noch weg. Von heute auf morgen. Einfach so. Der letzte aus der sportlichen Garde der Arvidschen Baskets-Grundsteinlegung. Immer mit dem Herzen dabei, für manche mit gewöhnungsbedürftigem Kasernenhof-Ton, aber loyal tief aus dem Süden seines Herzens. Natürlich war die Rotunde noch immer ein Rohbau, waren die Ärzte nicht eingezogen. Natürlich? Da soll es ein Geheimnis geben . . . hinter dem wiederum ein stiller Baskets-Stadt-Krieg schwelt. Hm, da bleibt mal was geheim und dann ausgrechnet das? Aber Boris (Becker) kam trotzdem, die Höhner sangen, Schwanensee auf Eis und noch einiges mehr - es war Leben in der Bude. Peter (Günschel) schloss sich uns an, später auch Carsten (Pohl) und the Voice Frank (Piontek) kam zurück. Und die da oben haben wieder ihren Job gemacht. Aus Amerika kam Jared (Jordan). Ein Pointguard, der im ersten Meisterschaftsspiel 14 Assists ablieferte. Tim (Ohlbrecht) , noch ein Bamberger. Auch nicht jedermanns Fall. Doch mit ähnlichen Quoten im Baskets-Trikot wie einst Ronald Burrell, nur erst 21 und deutscher Nationalspieler. Bryce (Taylor) flog aus Italien ein. Ein sympathischer Kerl. Bis zur letzten Minute. Ehe er zurück in die USA flog, verabschiedete er sich. Nicht nur beim Coach, beim Präsidenten, beim Manager. Nein, er kam mit Geschenken für die, die die Arbeit im Hintergrund gemacht haben. Anja etwa, Seb von der Geschäftsstelle, Teambetreuer Andreas. Es gibt Baskets-Insider, die sagen, das habe es noch nie gegeben. Stichwort Charakter: In den Play-offs ruhte er sich nicht auf seinem doppelten Bänderriss aus. Er ließ sich tapen, schonte sich und sein Fußgelenk in der Serie gegen Bamberg nicht. Die Saison selbst verlief, na sagen wir an dieser Stelle mal, gemischt. Auch weil man, wie andere Teams auch, wieder nicht heil durch 34 Spieltage kam. JJs Finger versagte anfänglich den Dienst, das Taylor-Knie muckte, JBs Wade musste lange gepflegt werden, um unseren barocken Turm in der Zone wieder zu mobilisieren. Dann das Drama in Düsseldorf. Last-second-Niederlage und die schwere Fußverletzung von Vincent (Yarbrough). Was vorher schon mal als Schwarzmalerei gilt, wird zur (wiederholten) Realität: Nachverpflichtung! Wirtschaftlich nicht in der Planung, sportlich eine Wundertüte mit Risikofaktor 100. Wen kann man bezahlen, der auf dem Feld hilft, seine persönlichen Statistiken in der Kabine lässt, und, ganz wichtig, die bestehenden Strukturen innerhalb einer funktionierenden Mannschaft (Team-Chemie) nicht sprengt? Auch wenn die Bamberger Serie vielleicht dagegen spricht, Ronald (Dupree) hatte dieses Profil. Das Ergebnis waren 24 Hauptrunden-Siege, Platz vier in der Tabelle, der Heimvorteil in den Play-offs. Trotz der Niederlagen in Tübingen oder Ludwigsburg aus der Kategorie musste nicht wirklich sein. Leute! Das war eine gute Hauptrunde. Fragt mal in Artland nach, in Bremerhaven, Düsseldorf oder Trier. O.K. im Pokal haben wir uns nicht eben mit Ruhm bekleckert. Aber war Alba im Top 4, waren es die Oldenburger? Zwischen Hauptrunden-Ende und Play-off-Start der ultimative Doppelschlag aus dem Hause Hiob. Kreuzbandriss bei Patrick (Flomo), doppelter Bänderriss bei Bryce (Taylor). Im Nachhinein wissen wir, weil Coach Mike es auch öffentlich gesagt hat, dass das der Anfang vom Ende war. Der Schock ließ sich in Spiel 1 (gegen Bamberg) nicht verdrängen, von dieser Niederlage hat sich das Team nie wieder richtig erholt. Wobei unübersehbar war, dass die Mannschaft in allen drei Begegnungen auf Augenhöhe mit den Bambergern spielte. Das frühe Aus also, ein Play-off-Sprint wegen Fehlstarts statt des erhofften Marathons. Unglaublich?! Wirklich? Heute sind wir schon klüger. Alba ist raus, Geheimfavorit Göttingen und auch der deutsche Meister aus Oldenburg. Kollektive Favoriten-Schwindsucht in Runde 1. Irgendwie war es wie im letzten Jahr. Vielleicht nicht so schmerzhaft, aber doch vergleichbar. Was folgte, war aus Sicht mancher Fans, dröge, unangemessen, einfach schlecht. Im Fokus, die Verabschiedungsfeier im Foyer unseres Domes: Kein richtiges Unterhaltungsprogramm, keine Saison-Highlights auf der Leinwand, keine würdevolle Verabschiedung von JB und Artur. Ich habe mal etwas hinter den Kulissen recherchiert und da erklärt sich doch manches. Nach einem solchen Erlebnis haben Basketball-Profis eigentlich nur ein Ziel: Nach Hause, und das möglichst schnell. Also: Mittwochs verabschieden, Donnerstag fliegen. Angeblich haben die keine 24 Stunden nach Suputs letztem Offensivrebound schon zusammengehockt. Und tatsächlich war die Akte Bowler auch schon vor Mittwoch geschlossen. Ich kann verstehen, dass die auf der Bühne dann keine große Schau abziehen wollten. Sollte John etwa sagen: Ich weiß auch nicht, warum die mich nicht mehr wollen. Sollten sich Fans, Spieler und Verantwortliche gegenseitig zur Rede stellen? Doch wohl nicht. Auch kann eine Kaderzusammenstellung nicht das Ergebnis einer basisdemokratischen Abstimmung sein. Nicht einmal im Club, nicht einmal in den Spitzengremien des Vereins. Beide, JB und Artur, haben betont, dass die Gespräche offen, respektvoll und professionell abgelaufen sind. Na klar, Artur noch einmal auf der Bühne, winke, winke und so. Aber das hätte auch schnell in einem kollektiven Tränengrab enden können. Wir Fans haben da so manchmal unsere eigene Wahrnehmung. Gerade wenn es um unsere Spieler, unsere Helden geht. Berufssportler zu sein, heißt auch anderen Maßstäben zu unterliegen als nur, der hat `ne tolle Frisur, hast du den Waschbrettbauch gesehen?, 23 Punkte, 12 Rebounds. Artur war fünf Jahre in Bonn, zwei Spielzeiten Kapitän, ein absoluter Sympathieträger, auch abseits des Courts ein untadeliger, aufrechter Typ. Artur weiß das, wir Fans wissen es und auch die da oben. Die da oben, die jetzt schon wieder an ihren Hausaufgaben sitzen. Anstatt unsere Fragen zu beantworten: Wieso stellen die nicht einfach schon das neue Team vor? Wieso behalten die nicht einfach Artur und JB? Wann wirft der Nobel-Italiener in der Rotunde endlich den Herd an? Wann wird die Ärzte-Etage eröffnet? Was passierte eigentlich mit Fabian Thülig und Jonas Wohlfarth-Bottermann? Ist unser neuer Jugendnationalspieler (Florian Koch) eigentlich der Sohn vom Coach? Warum bestätigen die nicht einfach, dass Steffen Hamann schon längst für zwei Jahre in Bonn unterschrieben hat? Und LeBron James? Oder Aleksandar Nadjfeji? Ernsthaft: Irgendwie ist es also doch nicht anders als in den Vorjahren. Das macht mir Hoffnung und ich spüre, ehrlich gesagt, schon heute Basketballentzug. Euer