Kein Basketball-Verein finanziert seine Halle
General-Anzeiger vom 21.02.03
Von Bernd Leyendecker GA-Umfrage ergibt: Städte wählen unterschiedliche Modelle - Sie stellen oft die Grundstücke kostenlos zur Verfügung und beteiligen sich an den Baukosten - Vorentscheidung über Bonner Halle bis Juni
Bonn. Bekommt Bonn eine Baskets-Halle? Wo soll sie gebaut werden? Wer soll sie bezahlen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Baskets seit vier Jahren. Jetzt gibt angeblich auch die Politik Gas: In drei bis vier Monaten, versprach OB Bärbel Dieckmann, soll ein "entscheidungsfähiges Ergebnis" vorliegen. Der GA fragte in sechs Städten mit Basketball-Bundesligavereinen, in denen neue Hallen gebaut wurden und im Bau sind, nach, wie sie das Thema gelöst haben. Fazit: Kein Verein musste sich an der Finanzierung des Projekts beteiligen. Zum Vergleich: Die OB bietet derzeit den Baskets kostenlos ein Grundstück an; Baukosten oder Miete müsste der Verein übernehmen, der auch Betreiber sein würde. Trier: In vier Monaten wird die neue Multifunktionshalle - 4 500 Sitzplätze - für Sport- und Musikveranstaltungen und Ausstellungen eingeweiht. Bauherr ist die Stadt Trier. Gesamtkosten: 20,5 Millionen Euro. Davon übernimmt die Stadt 4,5 Millionen Euro der Baukosten; weitere Geldgeber sind das Land Rheinland-Pfalz und der Investor. Betreiber ist die "Castel GmbH Trier", an der auch die Stadt beteiligt ist. Die Folgekosten sind mit 1,1 Millionen Euro pro Jahr prognostiziert und sollen durch Vermarktung der Halle gedeckt werden. Braunschweig: 8 000 Zuschauer fasst die neue Multifunktions-"Volkswagen-Halle", die die Stiftung "Sport und Kultur für Braunschweig" gebaut hat. Zu ihr gehören VW, die Norddeutsche Landesbank und ortsansässige Unternehmen; sie hat zur Finanzierung zehn Millionen Euro beigetragen und ist auch Eigentümerin der Halle; zudem wurde ein Kredit über fünf Millionen Euro aufgenommen. Die Stadt hat kostenlos das Grundstück zur Verfügung gestellt und die Außenanlagen (2,5 Millionen Euro) bezahlt; der Basketball-Verein muss lediglich "Miete für den laufenden Spielbetrieb" bezahlen. Betrieben wird die Halle von einer städtischen Gesellschaft. Bamberg: Die Multifunktionshalle "Forum" wurde 2001 eröffnet; sie verfügt über 4 500 Plätze. Bauherr war ein privater Bankfonds einer deutschen Großbank. Die Rentabilität erfolgt über die "gleichzeitige Genehmigung eines Einkaufszentrums und Gastronomie als Bestandteil des Hallenkomplexes". Die Stadt hat das Grundstück zum halben Verkehrswert verkauft und die Infrastruktur im Umfeld finanziert - insgesamt 2,2 Millionen Euro. Pächter des "Forums" ist eine private GmbH, und auch die Folgekosten werden privat abgedeckt. Oldenburg: Hier baut die Stadt - Eigenbetrieb Weser-Ems-Halle GmbH - ab Herbst eine Sportarena für 3 000 Zuschauer. Finanzierung: 50 Prozent durch Sponsoren und je 25 Prozent vom Land Niedersachsen und der Stadt, die sich mit zwei Millionen Euro beteiligt, das Grundstück kostenlos zur Verfügung stellt und das Defizit für den Betrieb der Sportarena - voraussichtlich um 60 000 Euro pro Jahr - trägt. Quakenbrück: Zur Samtgemeinde Artland gehört die Stadt Quakenbrück (12 000 Einwohner); der dortige Basketballverein QTSV spielt zur Zeit in der 2. Bundesliga Nord und strebt den Aufstieg in die erste Liga an. Vornehmlich für den QTSV ist die neue Halle, die im Mai eingeweiht wird, gedacht. Sie verfügt über 3 000 Sitzplätze. Die Samtgemeinde hat das Grundstück zum Null-Tarif abgegeben und zahlt 2,2 Millionen Euro für das Projekt; die Stadt Quakenbrück 1,35 Millionen Euro und Sponsoren 0,75 Millionen Euro. Die Samtgemeinde ist Eigentümer und Betreiber und trägt auch die Folgekosten. Tübingen: Seit vergangenem Monat baut die Stadt eine multifunktionale Sporthalle (3 000 Zuschauer), die vormittags für den Schulsport genutzt wird und die als Zentrum für den Leistungssport (Kunstturnen, Leichtathletik, Basketball, Volleyball, Handball) sowie für Training und Spiele der Basketballer SV03 dient. Sie kostet 8,4 Millionen Euro: 2,75 Millionen Euro werden im Hinblick auf das Leistungssportzentrum vom Land Baden-Württemberg beigesteuert, zwei Millionen Euro werden über Spenden und Sponsoren akquiriert, und den Rest finanziert die Stadt - über Grundstückserlöse. Ein Teil der Folgekosten wird durch die Vermietung der Halle refinanziert; das verbleibende Defizit muss durch einen städtischen Zuschuss abgedeckt werden. Als Hauptargument für das Projekt nennt Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer die "Perspektive für den Basketballsport": "Ohne den Bau der Halle hätten die Tübinger Basketballer keine Chance, sich in der Bundesliga zu behaupten. Der Erfolg der Mannschaft wird getragen durch begeisterte Fans und eine große Resonanz vor allem bei Jugendlichen. Viele begeisterte Kinder und Jugendliche haben sich inzwischen aktiv dem Basketballsport zugewandt; die Jugendarbeit des Vereins ist vorbildlich." Vorbildliche Beispiele Ein Kommentar Von Bernd Leyendecker Dass alle deutschen Städte unter akuter Finanznot leiden, ist hinlänglich bekannt. Da heißt es: Prioritäten setzen. In vielen Städte stand in jüngster Zeit der Bau von Hallen, die vornehmlich für ihre Basketball-Bundesligavereine gedacht sind, ganz oben auf der Liste. Und die Argumente sind, wie die GA-Umfrage ergab, immer dieselben - und sie sind zutreffend: Der Basketball ist das sportliche Aushängeschild der Stadt, die Halle soll über den Basketball als überregionaler Werbeträger dienen, und viele Kinder und Jugendliche haben sich aufgrund der sportlichen Erfolge der Clubs und der guten Trainings- und Spielmöglichkeiten in der neuen Halle dem Basketballsport verschrieben, gehen somit einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung nach. Diese Aspekte treffen auch auf die Telekom Baskets zu. Erkannt haben das der Stadtrat samt Oberbürgermeisterin in Bonn auch. Nur: sie haben das Thema immer wieder vor sich hergeschoben. Nun scheinen die Kommunalpolitiker Nägel mit Köpfen machen zu wollen. Sie sollten sich ein Beispiel nehmen an ihren Kollegen in Trier, Bamberg oder Tübingen. Dass die Baskets bei Planung und Finanzierung der Halle beispielhaft vorangehen, wie nicht zuletzt die Erkenntnisse anderer Städte zeigen, sollte für den Rat Motivation genug sein, sich für das Projekt nachhaltig zu engagieren.