"Man kann mit Coach über alles reden"
Enosch Wolf im Courtsider-Interview
Die Vorbereitung auf die Saison 2013/2014 neigt sich dem Ende entgegen. Ehe die Mannschaft zum Trainingslager nach Rotenburg aufbrach, baten die Telekom Baskets zum für Medienverterter öffentlichen Training. Nach der Einheit bat Twitter-Courtsiderin Lena Wiemer den im Sommer neu nach Bonn gekommenen Center Enosch Wolf zu ausführlichen Interview. Herausgekommen ist dabei ein Gespräch über Block-Statistiken, die richtige Arbeitseinstellung und Schuhsammlungen.
Das Wichtigstes zuerst: Wie gefällt Dir Bonn? Hattest Du schon Zeit für eine Stadtführung? Sehr gut bisher. Ich hab noch nicht die ganzen Highlights gesehen. Ich war ein paar mal, bevor die Saison losging, in der Innenstadt. Erinnert mich sehr an Göttingen, wo ich herkomme. Schöne, alte, traditionelle Stadt. Viel Geschichte auch. Nur ein bisschen größer als Göttingen. Ich mag es auch etwas ruhiger. Gefällt mir gut. Du bist ja jetzt schon ein paar Wochen hier, hast Trainingsspiele und die Vorbereitung absolviert. Was sind für Dich die größten Unterschiede zwischen dem Basketballstil am College und hier in der BBL? Wahrscheinlich die Geschwindigkeit. Nicht im Sinne von, dass die Spieler schneller oder langsamer sind, aber mit der Shot-Clock. Wir haben ja drüben eine längere Angriffszeit und man hat hier mal nicht eben zwei, drei Sekunden, wo man schnell herumgucken kann. Sondern das muss zack-zack gehen, jeder Cut, jeder Block muss sitzen. Das ist wahrscheinlich der größte Unterschied. Du hast schon zwei Jahre College hinter dir, eine Meisterschaft gewonnen, bist aber trotzdem hier im Team einer der Jüngsten. Würdest Du Dich als klassischen Rookie bezeichnen? Gezwungenermaßen. (lacht) Aber ja, ich denke, dass ich dem typischen deutschem Rookie einiges voraus habe durch die College-Jahre. Ich denke, wenn man jetzt aus der Regionalliga kommt oder der NBBL und dann Rookie in einer Erstligamannschaft wird, ist es was anderes, als wenn man drei Jahre College gespielt hat. Ich habe täglich mit Jungs trainiert, die jetzt NBA-Spieler sind und auch gegen welche gespielt und ich denke, dass hat mir sehr geholfen, was die Intensität und Härte angeht. Siehst Du Dich hier selbst eher als offensiv oder defensiv ausgerichteten Spieler? Ich denke, eine gute Balance aus beidem. Ich denke nicht, dass ich jetzt so der super Scorer bin, aber auch nicht der Defensivspezialist. Ich bringe von allem ein bisschen was mit. Meine Größe hilft mir natürlich in der Defense allgemein, aufgrund meiner Präsenz. Du bist neben Kurt Looby der einzige „echte“ Center im Team. (Jamel McLean außen vorgelassen, der eigentlich auf Position 4 zu Hause ist.) Glaubst Du, es wäre manchmal besser, wenn Du noch jemanden wie das „alte Eisen“ Chris Ensminger vor dir hättest, der dir vielleicht noch das ein oder andere zeigen könnte? Als altes Eisen habe ich meinen Vater zu Hause, der mir den ein oder anderen Tipp gibt. (lacht) Ich komme super damit klar, wie es jetzt ist. Jamel redet viel mit mir und auch andere Spieler, wie Jared helfen mir unheimlich aus im Training. Ist also alles in Ordnung. Hier in Bonn wirst Du unweigerlich mit deinem Vorgänger Jonas Wohlfarth- Bottermann verglichen, der jetzt nach Alba Berlin gewechselt ist. Das Heimspiel gegen Alba wird von den Fans mit Spannung erwartet. Spornt Dich der Vergleich an? Dazu gibt es eine witzige Geschichte. Ich glaube, dass weiß Jonas gar nicht. Früher in meinem letzten NBBL-Jahr habe ich mich noch sehr als Shotblocker gesehen und ich hab mich besonders bei den Blocks immer mit anderen Spieler gemessen. Und da waren Jonas und ich immer so bei 3,1 oder 3,0. Und ich kannte Jonas damals noch gar nicht, nie gesehen, trotzdem habe ich mich mit ihm verglichen. In den Playoffs lag ich dann mit 0,1 am Ende vor ihm. Ich hab ihn letzten Sommer bei der A2 kennengelernt, Jonas ist ein anderer Spielertyp. Er lebt sehr von seiner Athletik. Ich kann mich noch mehr auf meinen Schuss verlassen und meine Freiwürfe und solche Sachen. Könnte ein interessantes Matchup werden. Du hattest schon mal erwähnt, dass Du Dich sehr auf das Matchup gegen John Bryant gefreut hast. Bei der Krombacher Challenge hast Du dann gegen ihn spielen können. Wie war das? Ich hab nicht viel Spielzeit gegen ihn bekommen, weil ich dann doch mehr gegen Idbihi eingesetzt wurde. Aber es war schon beeindruckend ihn live zu sehen. Er ist ein unglaublicher Spieler, da kann man nichts gegen sagen. Er hat einen unglaublichen Touch und Spielintelligenz. Hast du Niels Giffey und die deutsche Nationalmannschaft verfolgt? Das Team musste ja viel Kritik einstecken. Was ist Deine Meinung zur EM in Slowenien? Ich hab besonders nach dem ersten Spiel mehr erwartet. Schade, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte es den Spielern und gerade auch Frank Menz gegönnt, zu dem ich ein gutes Verhältnis habe. Aber ich denke, insbesondere Niels hat einen sehr guten Job gemacht. Wir haben eigentlich nach jedem Spiel geredet und ich habe auch nach dem Turnier nochmals mit ihm gesprochen. Ich hoffe, dass er jetzt ein gutes Jahr in Amerika hinlegt. Dann stehen ihm einige Tore offen. Du bist ja auch auf Twitter unterwegs. Social Media nimmt einen immer größeren Platz ein, auch wenn es um den Kontakt zu den Fans geht. Was hältst Du davon? Ich find das gut. Twitter finde ich super. Gerade auch um mit Fans und mit anderen Leuten zu kommunizieren. Ich hab Kommunikation studiert in Amerika, also geht das so ein bisschen Hand in Hand. Zurück zu den Baskets: Kannst Du uns was über den Trainier verraten? Gefällt Dir seine Art zu coachen? Ist er eher streng oder ein Player‘s Coach? Ich denke, es ist ein guter Mix aus beidem. Wenn mal ein harscher Ton sein muss, dann kommt das auch von ihm. Aber sonst kann man mit ihm über alles ganz gelassen reden. Wie stehst es mit der Teamchemie zurzeit? Erst die Auswechslungen (Damen Bell-Holter, Ben Averkamp) und jetzt noch Tony Gaffney, der zu den Memphis Grizzlies ins Trainingscamp geflogen ist? Die ist trotzdem gut. Gerade am Anfang wurde ich super schnell aufgenommen von allen. Da waren keine zwei Spieler, die sich nicht verstanden haben oder wo es nicht lief. Da war ich sehr positiv überrascht. Von der Krombacher Challenge zum Bosch Rexroth Cup in Würzburg war eine klare Leistungssteigerung zu erkennen. Denkst Du ihr könnt das beim Maritim- Cup nochmals toppen? Auf jeden Fall. Darum geht es in der Preseason. Wenn wir jetzt schon perfekt wären, dann wäre irgendwas nicht in Ordnung. Weil dann würde irgendwann der Fall nach unten kommen, das wäre nicht gut. Von daher denke ich, es ist gut, dass unsere Entwicklung nach oben geht. Wir sollten da nicht aufhören an uns zu arbeiten. Nächste Woche geht es dann nochmal ins Trainingslager. Woran werdet ihr dann noch speziell arbeiten? Da wird es dann ums Feintuning gehen. Systeme verfeinern etc. Wir brechen da manchmal noch aus, zum Beispiel, dass der Block dann vielleicht doch manchmal noch einen halben Meter wo anders steht. Aber auch um die Defensive werden wir uns noch kümmern, denk ich mal. Deine Prognose für die Telekom Baskets in dieser Saison? Ich kann das leider schlecht einschätzen, da ich die Liga nicht so gut kenne. Aber das Ziel sind die Playoffs und ich denke, dass wir das auch erreichen werden. Wenn wir in die Zukunft schauen könnten, wo würden wir Dich in fünf Jahren sehen? Das ist schwierig. (lacht) Meine Philosophie ist wirklich, dass ich mir nicht vornehme, wo ich wann sein will in der Zukunft. Ich will jeden Tag mein Bestes geben, dann kann ich am Ende nichts bereuen. Dann muss ich mit dem zufrieden sein, wo ich bin. Weil ich weiß: ich hab das Beste gegeben. Und genau dafür wird es dann gereicht haben. Ich will am Ende nichts bereuen müssen. Zum Schluss: Was hat es mit Deiner berühmt-berüchtigten Schuhsammlung auf sich? Brauchst Du dafür schon einen eigenen Schrank? Den muss ich mir jetzt wohl anschaffen. Das kommt jetzt gerade alles so rüber, als hätte ich schon unendlich viele Schuhe, aber das geht jetzt gerade erst richtig los. Es hat damit angefangen, dass wir am College halt immer alle Mannschaftsmodelle gestellt bekommen haben. Wir haben ja kein Geld bekommen, da habe ich nur mein Geld zum Leben gehabt und da war nicht viel Geld übrig, um noch Schuhe zu kaufen. Und jetzt hab ich durch Zufall zum ersten Mal seit langem einen Schuh in Größe US 15 anprobiert und der hat gepasst! Für die, die sich nicht so gut auskennen: In 15 gibt es viel mehr Auswahl, als wenn man Größe 16 tragen muss. Da wird jetzt auch noch das ein oder andere neue Paar gekauft und auf Instagram und Twitter ausgestellt, glaube ich. (lacht) (Interview: Lena Wiemer)