Mike Koch: Das war kein schöner Abend für den Basketball

Telekom Baskets siegen nach Eklat in der 13. Spielmute im zweiten Viertelfinalspiel der Play-Offs gegen GHP Bamberg 75:64 und gleichen Serie aus 27 Minuten spielen fünf Bonner gegen vier Bamberger 14 Spieler disqualifiziert

Im zweiten Play-Off-Viertelfinalspiel gegen den GHP Bamberg konnten die Telekom Baskets ihren ersten Sieg einfahren. Durch den 75:64-Erfolg (14:17, 16:28, 20:7, 25:12) über den Deutschen Meister steht es jetzt in der Serie Best-of-five 1:1. Damit ist klar, dass am Dienstag, 9. Mai 2006, um 19:30 Uhr ein weiteres Heimspiel auf dem Hardtberg stattfinden wird.Dass die 3.500 Zuschauer in der ausverkauften Bonner Hardtberghalle dieses Spiel so schnell nicht wieder vergessen werden, liegt jedoch nicht am Ergebnis, sondern an den Ereignissen, die sich ab der 13. Spielminute zugetragen hatten. Schon in den Minuten zuvor zeichnete sich eine ruppige Spielweise ab, deren erster Leidtragende Baskets-Forward Hrvoje Perincic war, der in der neunten Minute beim Rebound einen Schlag ins Gesicht erhielt und danach in der Bonner Kabine behandelt werden musste. Dann die entscheidenden Szenen in der 13. Minute. Helmanis springt Meeks unterm Bonner Korb mit voller Wucht in den Rücken, Meeks stürzt, kein Pfiff. Nächster Bonner Angriff: Helmanis deckt Meeks, letzterer revanchiert sich, Hamann stürzt herbei und verpasst Meeks einen klassischen Kinnhaken, jetzt läuft Meeks Hamann hinterher, aber längst stehen auf dem Spielfeld mehr als 10 Spieler und 3 Schiedsrichter, sondern (fast) alle direkt (Spieler) oder indirekt (Betreuer) Beteiligten. "Rudelbildung" heißt das in der Expertensprache. Die Regel dazu ist eindeutig, aber offensichtlich nicht in den Köpfen der Beteiligten: Wer die Bank verlässt (und sei es zum Schlichten und Trennen der Hitzköpfe), auf das Spielfeld rennt, wird disqualifiziert. Nach 15-minütiger Spielunterbrechung und Schiedsrichterberatung steht fest: Das Match setzen nur noch vier Bamberger und fünf Bonner fort. Der Rest: disqualifiziert! Jeder mag den Basketballabend anders werten. Für Feinschmecker des Sports gab es ab der 13. Minute nur kalte Fritten. Andere fühlten sich ob der gefühlten Adrenalinstöße prächtig unterhalten. Biertrinker hatten allen Grund enttäuscht zu sein: Schon nach der Halbzeit waren - Premiere in 10 Bonner Erstligajahren - alle Reservefässer leer. Fünf Bonner Spieler waren übrig geblieben, die nun 27 Minuten lang gegen vier Bamberger antreten mussten. Nominal vielleicht eine klare Sache, doch das scheinbare Ungleichgewicht machten die Gäste durch Spielerqualität wieder wett. Denn während bei der Bamberger Resttruppe mit Chris Ensminger, Robert Garrett, Spencer Nelson und Tim Begley gleich drei Spieler der Startformation im Spiel blieben, mussten die Baskets, trotz einem Akteur mehr auf dem Parkett, auf den zweiten bzw. sogar den dritten Anzug zurück greifen. Headcoach Mike Koch standen jetzt noch die Bankspieler Milos Paravinja, Aljaz Janza, Artur Kolodziejski und Ivan Tomeljak zur Verfügung. Dazu kam noch ein Spieler, den nun wirklich niemand auf der Rechnung hatte und der vor dem Spiel sicher nie im Traum daran gedacht hatte, bei einem Play-Off-Spiel auf dem Feld zu stehen. John Stark aus der zweiten Mannschaft der Telekom Baskets, die in der 2. Regionalliga spielt, stand auf dem Meldebogen, um nach dem Ausfall von Jason Conley (Haarriss im Fuß) die erforderliche Anzahl von Spielern nachzuweisen. Jetzt stand der junge Amerikaner plötzlich im Mittelpunkt des Geschehens. Dem Bonner Rest merkte die Nervosität bei jedem Spielzug an. Kein Wunder, denn noch nie hatten sie in dieser Konstellation zusammengespielt, geschweige denn jemals Spielzüge gegen nur vier Gegenspieler eingeübt. So spielten die vier übrig gebliebenen Bamberger clever und stellten den Baskets eine kaum zu überwindende Zonenverteidigung entgegen. Das Quartett aus Oberfranken nutzte die Verwirrung bei den Baskets konsequent aus und baute den ursprünglichen Acht-Punkte-Vorsprung bis eine Minute vor der Halbzeit auf 17 Punkte aus (26:43) und auch der Pausenstand von 30:45 sah wenig freundlich für die Bonner Rumpftruppe aus. Doch Mike Koch musste in der Pause die richtigen Worte für seine Jungs gefunden haben, denn nach dem Seitenwechsel lief es weitaus besser für die Baskets. War das zweite Viertel noch mit 28:16 deutlich an Bamberg gegangen, dominierten im dritten Durchgang die Hausherren mit 20:7 eindeutig das Geschehen. Die Truppe hatte ihre Linie endlich gefunden und die Nervosität abgelegt. Immer wieder wurde Artur Kolodziejski gesucht, der mit insgesamt 24 Punkten entscheidend dazu beitrug, dass sein Team am Ende als Sieger vom Platz ging. Erstmals wieder in Führung gingen die Baskets allerdings erst zwei Minuten vor Ende des Spiels. Entsprechend ohrenbetäubend war der Jubel, als John Stark seinen Korbleger zum 62:61 verwandelte. Von da an war der Bann gebrochen und das Bonner Restteam konnte sich schnell weiter absetzen. Der Sieg war bereits in trockenen Tüchern, doch erneut kam Sekunden vor dem Ende Hektik ins Spiel. Aljaz Janza wurde rüde von Bambergs Chris Ensminger gefoult, der dafür sein fünftes Foul kassierte. Danach kommt es zum Gerangel mit Bonns Center Milos Paravinja, der sich mit einem Rempler revanchierte und prompt als Quittung die Disqualifikation erhielt. Doch damit immer noch nicht genug: Zwei Technische Fouls hintereinander zwingen auch Bambergs Coach Dirk Bauermann, die Halle zu verlassen. Das Ende eines außergewöhnlichen Basketballspiels. Durch den 75:64-Sieg der Baskets über GHP Bamberg steht fest, dass die Hardtberghalle mindestens noch ein Play-Off-Spiel sehen wird. Am kommenden Dienstag, 9. Mai 2006, treffen die beiden Kontrahenten zum vierten Spiel der Serie erneut in Bonn aufeinander. Der Vorverkauf für diese Begegnung startet am Montag, 8. Mai 2006, um 9:00 Uhr an den Baskets-Vorverkaufsstellen von Bonnticket. Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich sagte nach dem denkwürdigen Abend: "Wir haben heute gesehen, wohin es führt, wenn ein solches Spiel in den ersten Minuten zu lässig gepfiffen wird. Wer wen wo abseits des Balles provoziert hat, werden wir heute abend nicht klären können, aber offenbar reichen dafür auch die drei Augenpaare der Referees nicht aus." Das einzig versöhnliche Zeichen hätten an diesem Abend die Fans gesetzt: "Nach dem Match haben sie den Spielern ein Vorbild gegeben, hatten ihre Emotionen voll im Griff und den Ernst der Lage im Bewusstsein. Bamberger und Bonner Fans haben sich danach weitgehend sachlich über die Vorkommnisse unterhalten." Baskets-Coach Michael Koch: Es war sehr schwierig für uns 4 gegen 5 zu spielen. Die Zone war praktisch zu. Danach haben wir besser gepasst und die freien Würfe bekommen. Ein Lob für John Stark, er hat ein Riesenspiel gemacht. Zudem haben wir nie aufgegeben, aber es war kein schöner Abend für den Basketball.