Nanterre-Tagebuch – 28.3.2017: Mit Chlor in der Nase

Erlebnisbericht von der Reise zum Hinspiel im FIBA Europe Cup-Halbfinale

Alles im Griff und jeden im Auge: Baskets-Busfahrer Monty.

Es ist nicht nur das Spiel. Es sind nicht nur die 40 Netto-Minuten auf dem Feld. Basketball ist so viel mehr als das. Vor allem in Zeiten wie diesen, da die Telekom Baskets Bonn erstmals in einem internationalen Halbfinale stehen. Grund genug, die Auswärtsfahrt nach Nanterre in einem kleinen Journal festzuhalten…

9:03 Uhr: Rollin‘, Baby!

Der Bus steht schon eine Viertelstunde bereit. Nach und nach sind die Mitglieder der Baskets-Reisegruppe am Geschäftsstelleneingang des Telekom Dome eingetroffen. Die gierigen Türen des in den Farben des Teams gehaltenen Vehikels hat gleichermaßen Spieler und Staff weitestgehend wortlos geschluckt, gesprochen wird kaum. Fahrer Monty hat schon frischen Kaffee aufgebrüht … der Mann weiß, was gebraucht wird. Die Leader halten den Laden zusammen. In der ersten Sitzreihe Coach Predrag Krunic, auf der Rückbank Ryan Thompson. Dazwischen 18 weitere in schwarze Hoodies und Jogginghosen Gekleidete, deren Blick von Entschlossenheit und Entspannung zugleich erfüllt ist. Auf nach Nanterre zum Halbfinale des FIBA Europe Cup. Auf zu sechseinhalb Stunden Fahrt, auf denen auch viel gelacht werden darf.

Yorman Polas Bartolo ist der Letzte, der seine Tasche verstaut und den Bus betreten hat. An seinem Schlüsselbund baumelt ein Anhänger mit dem Logo von Ironi Nahariya. „Cooles Geschenk … soll Glück bringen, Hombre!“ Ay, el ciclon.

Als der Bus vom Hof rollt, nimmt Coach Krunic zum großen Schluck Kaffee einen großen Bissen vom mitgebrachten Schoko-Croissant. Weiter hinten klimpern schon die Poker-Chips. Johannes Richter ist unschlagbar. Nach eigener Aussage. Florian Koch sieht das anders. What happens on the road, stays on the road!

10:12 Uhr: Der Sonne entgegen

Muss eine schnelle Runde gewesen sein. Die Karten liegen auf dem eigens für den Gang des Busses gewerkelten Pokertisch, die Zocker haben Kopfhörer auf und die Augen geschlossen. Durch die Fenster scheint die langsam höher steigende Morgensonne, als der Baskets-Tross die deutsch-belgische Grenze überquert.

Thema der Stunde: Die neuen Trikots zur Saison 2017/2018. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Aber konstruktiv diskutieren und sich kontrovers darüber austauschen. Immerhin kamen vor der Abfahrt noch die ersten Musterexemplare per Boten ins Baskets-Office, so dass der Staff nach ein Auge darauf werfen konnte. Spoiler Alert: Es wird stilvoll.

12:30 Uhr: Fritten, Fanta, Fisch

Zurück zu den Wurzeln des FIBA Europe Cup. In der ersten Gruppenphase des internationalen Wettbewerbs ging es für die Baskets gegen Mons. Nur passend, dass Bonns Basketballer auf dem Weg nach Nanterre in der Nähe der belgischen Grenzstadt einen Zwischenstopp einlegen. Das Mittagessen ruft. Hungrige Mäuler und knurrende Mägen wollen gefüllt werden.

An der Restaurant-Theke entsteht ein nahezu babylonisches Spachwirrwarr aus englisch, deutsch, lettisch, montenegrinisch, französisch und spanisch – einem neugierigen Touristen-Päärchen aus San Sebastian sei Dank. Die Essensbestellung geht dennoch problemlos über die Bühne, von allen Mützenträgern am Tisch nimmt nur Julian Gamble bei der Nahrungsaufnahme seine Kopfbedeckung ab. Gute Manieren sind rar und geben Pluspunkte bei der Schwiegermutter. Ken Horton rennt nochmal los, um für seine Spaghetti Carbonara noch extra Hähnchenfleisch zu ordern. Konstantin Klein macht sich bei der medizinischen Abteilung schlau, ob er seinen innen noch rohen Fisch überhaupt zu sich nehmen soll.

13:38 Uhr: Regnerischer Willkommensgruß

Kaum über die französische Grenze, setzt erstmals Regen ein. Vor die Sonne haben sich dicke Wolken geschoben, aus denen es plötzlich kübelweise schüttet. Klimaanlage aus, Sonnenbrille ab, und Coach Krunic zieht sich die Kapuze seines Pullis tief ins Gesicht.

Nach einer knappen Viertelstunde hat die spontane Schlechtwetterfront ihr Ende gefunden und die große gelbe Scheibe darf wieder ran. Sie ist ein steter Begleiter gen Pariser Norden, wo der Bus unter legerer Dehnung einiger örtlicher Verkehrsordnungen um 16:06 Uhr vor dem Mercure Hotel zu Nanterre parkt.

19:00 Uhr: Auf den Spuren von Kyle Weems

Nach einem kurzen Snack sowie dem während der Spielvorbereitung üblichen Video-Studium geht es in die Halle. Überall ist das JSF-Grün zu sehen, auch wenn dem Gebäudekomplex ein Schwimmbad sowie mehrere Fitness-Räume angebunden sind. Schwerer Chlor-Geruch wabert durch die Arena, was die anwesende U20-Mannschaft Nanterres jedoch nicht davon abhält auf dem Parkett ordentlich Gas zu geben. Als ob sie das gängige Klischee bedienen wollten, sind die Jünglinge gefühlt allesamt um die zwei Meter groß, unverschämt athletisch haben den Körperbau eines Mittzwanzigers.

An den Säulen hängen Ankündigungsplakate für das anstehende FIBA Europe Cup-Halbfinale der Hausherren gegen Bonn. Unter der Hallendecke hängen acht Banner. Eins davon zeugt vom Gewinn der Eurochallenge im Jahr 2015 – mit Ex-Baskets Kyle Weems als Leistungsträger. Coach Krunic bellt bis in den hintersten Winkel der Halle verständliche Ansagen übers Feld. Es werden die eigenen sowie die gegnerischen Systeme seziert und studiert.

Etwas über eine Stunde wird auf dem Feld konzentriert gearbeitet, gescherzt wird anschließend unter der Dusche. Im Hotel warten Nudeln, grüne Bohnen, Hähnchenfleisch, Fisch und frischer Salat. Als die meisten bereits mit dem Nachtisch beginnen, holt sich Stoffwechsel-Wunder Florian Koch noch eine zweite Portion Pasta.

22:45 Uhr: Erst die Arbeit, dann der Schlaf

Vielleicht hat das Eigengewächs auch deshalb so zugeschlagen, weil es anschließend noch etwas zu tun gibt. Video-Aufnahmen vor dem Hotel stehen an, doch zuvor will die Pasta bei einem ausgedehnten Spaziergang um den Block verdaut werden. Billard gespielt wird in einer örtlichen Gaststätte ebenfalls.

Dann drei Takes, drei Ansagen, alles ist im Kasten. Ab ins Bett, schließlich gilt es am nächsten Tag frisch und ausgeruht zu sein. Nanterre, die Baskets sind da … und bereit!

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