Reine Nervensache

Telekom Baskets siegen nach dreimaliger Verlängerung in Nürnberg 80:76 Die letzten 20 Minuten an Dramatik kaum zu überbieten - Bonn kämpft sich auf Tabellenplatz 4

Nürnberg. Nach einem unglaublichen Krimi über 55 Spielminuten fuhren die Telekom Baskets am Mittwochabend im vorgezogenen Spiel des 31. Spieltages der Basketball-Bundesliga einen wichtigen 80:76-Sieg (14:11, 15:15, 20:12, 8:19, 4:4, 5:5, 14:10) bei Sellbytel Baskets Nürnberg ein. Mit jetzt 26:14 Punkten rückt das Bonner Team damit auf den 4. Tabellenplatz der BBL vor.Dass am Ende die 25 mitgereisten Bonner Fans mit ihrem Team jubeln konnten, hing 20 Minuten lang am seidenen Faden. Die Baskets hatten sich wieder einmal selbst das Leben schwer gemacht, denn während die Leistung des Teams von Cheftrainer Michael Koch in der Verteidigung durchweg gute Noten erhielt, war die Ausbeute in der Offense an diesem Abend ungenügend. So sahen die nur 1.000 Zuschauer in der Nürnberger Arena über weite Strecken ein Spiel, bei dem Punkte Mangelware waren. Bei den Gastgebern größtenteils bedingt durch die gute Bonner Verteidigung. Auf Seiten der Baskets durch eklatante Schwächen im Abschluss, die, ohne die Leistung der Nürnberger zu schmälern, zu einem großen Teil hausgemacht waren. Wieder einmal nutzen die Telekom Baskets ihre Chancen nicht. Allzu oft wurden leichte Korbleger neben oder an den Ring gesetzt und 14 von 40 Freiwürfen gingen vorbei. Dazu kam eine erneut viel zu hohe Anzahl von insgesamt 27 Ballverlusten. Mit diesen Mängeln war es kein Wunder, dass ein über 30 Minuten gut kontrolliertes Spiel am Ende beinahe noch verloren gegangen wäre. Mangelnden Kampfgeist und Einsatz konnte man den Baskets sicher nicht vorwerfen. Im Gegenteil. Doch das harte, manchmal über die Grenzen des Erlaubten gehende Spiel, ging nicht spurlos an den Spielern vorüber. Besonders Jason Gardner musste allerhand einstecken. Zunächst fiel er kurz vor dem Seitenwechsel hart auf den Rücken mit anschließender Behandlung in der Kabine. Im dritten Viertel sorgte der Ellenbogen eines Gegenspielers für einen Bluterguss über dem Auge des Bonner Spielmachers. Teamkollege Artur Kolodziejski litt unter einem Cut zwischen Oberlippe und Schneidezähnen und Gyasi Cline-Heard musste bereits ab dem 1. Viertel immer wieder von Baskets-Physio Mark Schröder am Ellenbogen behandelt werden. Vor dem Spiel stand zudem der Einsatz von Patrick Flomo auf der Kippe. Der Bonner Powerforward hatte sich am Abend zuvor den Magen verdorben und bis kurz vor dem Spiel noch das Bett gehütet. Trotz dieser Blessuren sah es im dritten Viertel fast schon danach aus, als ob die Telekom Baskets einen ungefährdeten Auswärtssieg einfahren könnten. Mit Corey Rouse und Michael Lake saßen bereits zwei Nürnberger mit jeweils fünf Fouls auf der Bank und der starke Gyasi Cline-Heard, dem wie Jason Conley ein Double-double gelang (18 Punkte, 11 Rebounds), hatte in der 27. Minute für eine komfortable Zwölf-Punkte-Führung zum 44:32 gesorgt. Von dem Vorsprung sollte acht Minuten später nichts mehr übrig sein. Bonn traf nun aus dem Feld und von der Freiwurflinie so gut wie nichts mehr, während Nürnberg seine beste Phase hatte und durch Ryan DeMichael in der 37. Minute den 53:53-Ausgleich markierte. Die Baskets konnten noch einmal auf 56:53 erhöhen, doch der letzte Angriff beim Stand von 57:57 wurde nicht genutzt. Bereits zum vierten Mal in dieser Saison musste Bonn in die Verlängerung. Dort gestaltete sich die Partie zu einem wahren Zitterspiel für beide Teams. Offensiv lief jetzt überhaupt nichts mehr. Die wenigen Punkte wurden fast nur noch an der Freiwurflinie erzielt. Der unglaublichen Dramatik des Spiels tat dies jedoch keinen Abbruch, kam es so doch zu einer weiteren Verlängerung mit fast identischem Verlauf, in der ein Dunking von Bernd Kruel 14 Sekunden vor Schluss zum 66:66 die dritte Extra-Spielzeit einläutete. Spätestens jetzt war beiden Teams der Kräfteverschleiß deutlich anzusehen. Die Baskets hatten jedoch die größeren Reserven. Nach über 50 Minuten platzte endlich im Angriff der Knoten. Jeff Schiffner leitete mit seinem ersten Dreier zum 69:66 des Spiels die Wende zu Gunsten des Bonner Teams ein. Wenig später erhöhte Conley (ebenfalls per Dreier) und Cline-Heard den Vorsprung auf acht Punkte (76:68, 53.). Das letzte Aufbäumen der Hausherren kam zu spät. Jason Gardner und Jason Conley behielten am Ende an der Freiwurflinie die Nerven und sicherten so den hart erkämpften 80:76-Erfolg. Baskets-Coach Mike Koch: "Sicherlich hätte das Spiel heute mehr Zuschauer verdient gehabt, obwohl es arm an spielerischen Glanzpunkten war und vom Kampf beider Teams lebte. Mir tut es fast ein wenig leid, meinem Freund Stephan die Punkte geklaut zu haben, die er so dringend brauchte, aber dafür waren wir ja im Hinspiel freigiebig. Offensiv spielt meine Mannschaft derzeit keinen schönen Basketball, wir leben von einer starken Abwehr, aber müssen aufpassen, dass wir uns mit den vielen Ballverlusten nicht immer wieder unser Grab schaufeln." sellbytel-Coach Stephan Harlander: "Bei allem Unglück und aller Dramatik darf man nicht vergessen, dass wir offensiv 25 Minuten lang nicht ins Spiel gekommen sind und erst zu einem Rhythmus kamen, als man uns mit den beiden technischen Fouls zwei wichtige Spieler eliminiert hatte. Danach hat unser Auftreten an das erinnert, was wir eigentlich spielen wollen, die Mannschaft hat sich von einem Rückstand von bravourös zurückgekämpft. Sehr schade finde ich, dass die 3-Sekunden-Regel offenbar nicht mehr zu existieren scheint, aber wir müssen hoffen, diese Abwehrleistung konservieren zu können und am Samstag in Trier noch einen Tick besser zu sein."