Vergleich vor Gericht:

120.000 Euro für das sportliche Teilnahmerecht der 2. Liga Nord Mitte der 90-er Jahre

Ein fast ein Jahrzehnt dauernder Rechtsstreit ist beendet: Auf Druck der Vorsitzenden Richterin Christiane Scheffler einigten sich der Post-SV Bonn e.V. (Kläger) und der Telekom Baskets Bonn e.V. heute vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln auf einen Betrag von 120.000 Euro, den die Baskets an den Kläger für das sportliche Teilnahmerecht an der 2. Liga Nord in den nächsten sechs Jahren zu zahlen haben. Ein weiterer Bestandteil des Vergleichs: Jede Partei trägt ihre Kosten für Rechtsanwälte und Gutachter. Der Streitwert des Verfahrens lag bei 750.000 Mark/383.000 Euro. Streitgegenstand: Was war das sportliche Teilnahmerecht in der 2. Liga Nord wert, das 1995 vom Post-SV auf die Telekom Baskets übertragen wurde? Der Gerichtsgutachter hatte zunächst einen ähnlich hohen Wert wie den Streitwert errechnet, den Betrag später, nachdem die Baskets ein KPMG-Gutachten vorgelegt hatten, jedoch nur auf 298.000 Euro ermäßigt. In ihrem Einführungs-Statement hat die OLG-Richterin Scheffler den Ansatz des Gerichtsgutachters bestätigt: Was würde es den Post-SV kosten, von der 3. Kreisliga in die 2. Bundesliga aufzusteigen? Sie machte aber auch klar, dass ein Urteil möglicherweise weit unter dem umstrittenen Betrag des Gerichtsgutachters liegen könne und auch unter dem Baskets-Vergleichsangebot (110.000 Euro). Während bei einem Vergleich keine Zinsen zu zahlen sind, wäre dies bei einem via Urteil festgelegten Betrag anders. Nach einigen Minuten Beratungszeit einigten sich die Parteien auf 120.000 Euro. Hans-Günter Roesberg, 1. Vorsitzender des Telekom Baskets Bonn e.V. sagte danach: Es ist offenbar so, dass das Gericht annahm, der Post-SV hätte sich das sportliche Teilnahmerecht zur 2. Liga selbst sportlich erkämpft und die entsprechenden Kosten getragen." Dabei seien die Ligenplätze vom Godesberger TV und SC Fortuna Bonn damals erreicht worden. Roesberg: Der Post-SV hatte bis 1995 nie einen Pfennig in den Leistungsbasketball investiert und später auch keinen Cent." Das sei nun ein Ende mit Schrecken", und im Vorstand müsse man überlegen, wie man die finanzielle Herausforderung bewältigt bekäme. Auch Martin Horn, Abteilungsleiter Jugend/Amateure, war im Gerichtssaal anwesend: Das tut sehr weh, so viel Geld ungerechtfertigt und sinnlos zu verbrennen. Aber wir tun das, um unsere fast 500 Kinder und Jugendliche und das, was wir hier aufgebaut haben, zu schützen." Das sportliche Teilnahmerecht der 2. Liga Nord war zwischen 1992 und 1995 drei Mal (siehe Chronik im Anhang) im Basketballkreis Bonn gewechselt: Für null Euro (1992) vom Godesberger TV zum BG Bonn 92 e.V., für 10..000 Mark (1993) von der BG zum Post-SV und von dort (1995) für zunächst wieder 10.000 Mark zu den Baskets. Vor diesem Hintergrund resümierte Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich: Insgesamt kostet uns der Versuch, von der erfolgreichen Arbeit anderer Menschen zu profitieren, rund 440.000 Mark. Mit Wirklichkeit und Wahrheit hatte diese absurde Prozessentwicklung schon lange nichts mehr zu tun." Über diesen Vergleich werde jeder den Kopf schütteln, der sich in Basketball-Deutschland halbwegs auskenne. Bereits vor Wochen hatte der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, Jan Pommer, gegenüber dem General-Anzeiger angemerkt: Was der Gerichtsgutachter zu Papier gebracht habe, sei Ausdruck von wirklichkeitsfremder Hilflosigkeit". Chronik des Prozesses 1992: Fusion der Basketball-Abteilungen von Godesberger TV und SC Fortuna Bonn zum Basketballverein BG Bonn 92 e.V. unter Übertragung aller erreichten Ligenplätze bei Damen und Herren (3. Kreisliga bis 2. Bundesliga Nord). Die abgebenden Stammvereine verzichten auf eine Abstandszahlung. 1993: Übertragung des männlichen Teilnahmerechts (alle männlichen Ligenplätze) vom BG Bonn 92 e.V. auf den Post-SV Bonn e.V. Für das sportliche Teilnahmerecht, insbesondere das in der 2.BL-Herren zahlt der Post-SV an die BG Bonn 10.000 DM. 1995: Übertragung des männlichen Teilnahmerechts (alle männlichen Ligenplätze) auf den am 27. April 1995 gegründeten Telekom Baskets Bonn e.V. Der Baskets e.V. zahlt 10.000 DM an den Post-SV, überlässt dem Verein den gesamten Jahresbeitrag (bis Ende 1995) und unterzeichnet eine Vereinbarung, wonach die Basketballer zum Post-SV zurückkehren, wenn die Deutsche Telekom nicht mehr sponsert. Im anderen Fall steht dem Post-SV ab 1997 eine Abfindung" für das männliche Teilnahmerecht in der 2. Liga zu. Nur unter dieser Bedingung ist der Post-SV bereit, das Teilnahmerecht auf den Telekom Baskets Bonn e.V. zu übertragen.. 1999: Da die Telekom weiter Hauptsponsor ist, verhandeln die Parteien. Der Baskets e.V. bietet über die bereits getätigten Zahlungen hinaus 15.000 DM an, der Post-SV fordert wesentlich mehr. 2001: Der Post-SV verklagt den Baskets e.V. und fordert 750.000 DM nebst Zinsen seit dem 1.5.1997. Zum Vergleich: Das entspricht dem Vielfachen des 1997er-Jahresetats des Baskets e.V., der rund 500 Mitglieder hat und zu 90% aus Kindern und Jugendlichen besteht, und rund dem etwa 75-Fachen von dem, was seinerzeit für das sportliche Teilnahmerecht in der 2. Liga nachweislich gezahlt worden ist.. 21.2.2002: Urteil des Landgerichts Bonn: Die Klage wird abgewiesen. Der Post-SV legt Berufung ein. Seitdem liegt der Fall beim Oberlandesgericht (OLG) Köln. Zentrale Fragen: Was war ein sportliches Teilnahmerecht der 2.BL Herren 1997 wert? War es überhaupt frei handelbar? Gab es einen Markt dafür? In den folgenden Jahren werden vom Gericht und den Parteien Gutachter beauftragt, die zu sehr unterschiedlichen Bewertungen kommen, weil sie verschiedene Dinge bewerteten. Die korrekte Erfassung des Sachverhalts scheitert(e) gelegentlich bereits durch den Gebrauch unzutreffender Begriffe. So geht es beispielsweise nicht um eine Lizenz, sondern lediglich um das sportliche Teilnahmerecht. Wer das sportliche Teilnahmerecht besitzt, hat im Deutschen Basketball (weder in der 1. noch in der 2. Liga) noch keine Lizenz, sondern kann sich mit dem Teilnahmerecht nur um eine Lizenz bewerben. Er erhält eine Lizenz, wenn er die spieltechnischen Voraussetzungen (Hallenstandards 1. und 2. Liga) erfüllt und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (ausreichender Etat) beglaubigt nachweist.