„Verteidigung muss eine Konstante sein“
David McCray im Interview
Nach fünf Jahren im Ludwigsburger Dress wechselte David McCray im Sommer vom Neckar an den Rhein. Nun trifft der zweimalige AST-Teilnehmer mit den Telekom Baskets Bonn erstmals auf sein altes Team. Trotz der Doppelbelastung mit Spielen in der EuroChallenge und in der Beko BBL nahm sich der 26-Jährige Zeit, um über alte Bekannte, seinen persönlichen Entwicklungsprozess und den Vorteil einer Doppellizenz zu sprechen.
David, hast du nach deiner Vertragsunterschrift in Bonn erstmal den Spielplan rausgekramt und den 2.12. fett markiert, oder ist das Spiel gegen Ludwigsburg - fünf Euro ins Phrasenschwein - eines wie jedes andere auch? David McCray: „Das ist schon ein spezielles Spiel. Es ist schließlich nicht normal, dass man als Profibasketballer fünf Jahre lang im selben Team steht. Ich freue mich sehr darauf, viele bekannte Gesichter wieder zu sehen.“ Rückblickend betrachtet: Was ist von den fünf Jahren am ehesten hängen geblieben, was waren deine persönlichen Höhepunkte? „Ein Highlight war auf jeden Fall das TOP4 in Hamburg - auf wenn wir das Finale gegen die Artland Dragons verloren haben. Sportlich gehört auch die Saison 2007/2008 dazu, wo wir parallel zur Bundesliga im ULEB Cup aufgelaufen sind. Aber auch abseits des Feldes hatte ich eine schöne Zeit in Ludwigsburg, habe mich bei den Leuten und in der Stadt sehr wohl gefühlt. Meine Frau und ich haben dort Freunde gefunden, mit denen wir auch jetzt noch in Kontakt sind - das ist manchmal sogar wichtiger als der Sport.“ Stichwort: Pokalfinale. Überwiegt der Stolz, so weit gekommen zu sein, oder hängt dir die Niederlage gegen Quakenbrück immer noch nach? „Es ist schon ein Thema, wenn man hier oder da noch Jungs aus dem Team von damals trifft. Hier ein Stopp mehr, da vielleicht ein Dreier ... das war für uns einfach eine große Chance, einen Titel zu gewinnen. Da redet man natürlich drüber, wenn man sich sieht. Aber auch abseits des TOP4 gibt es viele Erinnerungen, die man mit anderen Spielern teilt und über die gerne geredet wird.“ Wie schwer ist es dir und deiner Frau tatsächlich gefallen, nach fünf Jahren die Zelte abzubrechen? „Menschlich wäre es natürlich einfacher gewesen, in Ludwigsburg zu bleiben - zumal ich auch sportlich die Option hatte. Aber ich wollte für mich die Gelegenheit nutzen, wo anders einen Schritt nach vorn zu machen. Dass ich neue Motivation finde und nochmal neu angreifen kann. Das war mir sehr, sehr wichtig. Dass ich sportlich nochmal neu anfangen kann.“ Wie sieht diesbezüglich dein erstes Fazit nach vier Monaten Bonn aus? „Dadurch, dass ich schon seit sechs Jahren in der Bundesliga spiele, musste ich ja nicht komplett bei null anfangen. Die Leute kennen mich, wissen wie ich spiele und wie ich in eine Mannschaft hineinpassen könnte. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn du als Spieler neu zum Verein kommst, wo du neben all den vielen Rückkehrern erst deine Rolle finden musst. Bisher ist alles, was ich hier einbringe, sehr positiv aufgenommen worden.“ Bist du damit, wie es insgesamt - für dich und für die Mannschaft - läuft, zufrieden? „Nein. Ich finde, wir könnten viel, viel besser spielen - vor allem defensiv, muss ich ganz ehrlich sagen. Wir spielen viel zu unkonstant. Das ist die einzige Konstante, die jedes Spiel vorhanden sein sollte, ganz egal, ob du vorne heiß läufst oder überhaupt nichts triffst. Aber was nicht passieren darf, ist, dass du in einem Spiel richtig gut verteidigst und dann zwei Spiele lang schlecht. Das darf nicht passieren. Daran müssen wir arbeiten ... und das werden wir auch!“ Zurück zum Thema Ludwigsburg: Du hast vor zwei Jahren gegen Bonn mal elf Punkte aufgelegt und dabei drei von vier Dreiern getroffen... „Wann soll das gewesen sein?“ Am 13. März 2011. (lacht) „Hm ... ich hatte viele gute Spiele gegen Bonn.“ Sind die Baskets ein Team gewesen, dass dir immer schon gelegen hat? „Nicht unbedingt. Ich spiele einfach gern gegen gute Mannschaften. Es gibt einem immer ein bisschen mehr, wenn man gegen ein starkes Team ran muss - wobei das ja eigentlich nicht so sein sollte. An das eine Spiel kann ich mich jetzt gar nicht mehr genau erinnern, aber die Zahlen hören sich auf jeden Fall gut an.“ Du meinst die Dreierquote? „Ja, auch. Es ist ja nicht so, als ob ich nicht werfen könnte. Ich habe dieses Jahr nur noch nicht so viel von außen versucht, da ich mit meiner Aggressivität beim Drive mehr Lücken reißen und die anderen freispielen kann.“ In deinen fünf Jahren am Neckar bist du vom Jugendspieler zum Bundesliga-Profi gereift und... (unterbricht) Man kann sogar so weit gehen, dass ich in Ludwigsburg vom angehenden Erwachsenen zum Mann geworden bin. Ich habe dort meinen Zivildienst gemacht, habe mich im letzten Jahr entschlossen meine Frau zu heiraten ... das waren alles sehr wichtige Schritte und wichtige Jahre in meinem Leben.“ Wie wichtig war in Bezug auf deine Entwicklung als Spieler die Saison 2007/2008, wo du per Doppellizenz auch für Kirchheim in der „Jungen Liga“ aufgelaufen und mit durchschnittlich 16,2 PpS und 5,6 ApS zum Leistungsträger avanciert bist? „Das war sehr wichtig. Ich hatte das Jahr zuvor in Karlsruhe schon Bundesligaerfahrung gesammelt, wobei es insgesamt schwierig war - auch, weil ich noch so jung gewesen bin. Dadurch, dass ich in Kirchheim so viel spielen durfte und Verantwortung übernehmen musste - als Starting Point Guard - hat es mit unheimlich viel Selbstvertrauen gegeben. Das ist eine Erfahrung, von der ich heute noch profitiere.“ Ist das etwas, das du anderen jungen Spielern empfiehlst. Gemäß: Doppellizenz gleich doppelter Stress gleich doppelte Erfahrung?! „Absolut. Es war damals das erste Jahr, in dem Ludwigsburg und Kirchheim miteinander kooperiert haben. Und ich war das Vorzeige-Objekt, aber auch Versuchskaninchen, weil ich mich durch alle Ebenen nach oben durchgearbeitet habe. Das ist auch etwas, über das ich mit jungen Spielern wie Besnik (Bekteshi, Anm. der Red.) gesprochen habe - wobei er seinen Weg machen wird, da bin ich mir sicher. Mein Tipp an junge Spieler: Mach alles mit! Du musst alles mitnehmen, was geht. In meinem ersten Jahr hatte ich das volle Programm: Zivildienst, Ludwigsburg, Kirchheim, ULEB Cup, und dann noch meine Freundin. Aber es war auch das Jahr, in dem ich den größten Schritt in meiner Karriere gemacht habe. Es war unheimlich viel, sehr anstrengend, hat mir aber sehr geholfen mich zu entwickeln.“