"Wir fühlen uns in unserer Rolle pudelwohl"

Ein Gespräch der Internetredaktion mit Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich über die letzte und neue Saison, noch zu verpflichtende Spieler und die Zwänge des Geschäfts

Sind Sie mit dem neuen Basketsteam zufrieden? WIEDLICH: Fragen Sie mich dazu nach den ersten Pflichtspielen, aber ich habe kein schlechtes Gefühl. Es sind leistungsbereite Sportler, die da künftig das Basketstrikot tragen. Die Trainingslager in Hennef und Rotenburg senden die Botschaft, dass die Atmosphäre im Team trotz eines beinharten Konditionsprogramms hervorragend ist. Und wie viele sprechen Deutsch? WIEDLICH: Bis jetzt Artur Kolodziejski, Branko Klepac und Michael Meeks, dazu beide Co-Trainer. Meeks auch? WIEDLICH: Klar, warum sollten schwarze Kölner kein Deutsch sprechen? Finden Sie nicht, dass zu viele Osteuropäer im Team sind? WIEDLICH: Sie meinen Spieler aus Kroatien und Slowenien? Ja. Hätte man die neue Ausländerregelung nicht auch mit mehr Amerikanern nutzen können? WIEDLICH: Wir sind ja noch nicht komplett. Wir werden noch bis zu vier Spieler verpflichten, wovon zwei unsere Regionalliga-Jugend-Mannschaft stützen sollen, und wenn wir das Ganze nach Nationalitäten optimiert bekommen, können diese beiden im Verletzungsfall auch im Bundesligateam eingesetzt werden. Aber im FIBA-EuroCup dürfen nur zwei Amerikaner eingesetzt werden. Auch bei Cotonou-Nationalitäten kennt die FIBA kein Pardon. Insofern sind wir limitiert. Das ist für Köln und Bonn ein massiver nationaler Wettbewerbsnachteil, denn mehr Amerikaner zu verpflichten und in Meisterschaft und FIBA-EuroCup mit wechselnder Teamzusammenstellung anzutreten, muss man sich auch leisten können. Wir können das nicht. Es wäre auch fraglich, ob das für die Teamchemie gut wäre. Hätten wir einen Litauer als Headcoach, hätten wir schwerpunktmäßig Litauer im Team. Ich empfinde es als völlig normal, wenn ein Trainer verstärkt auf Spieler seines Vertrauens setzt, weil er seinen Heimatmarkt am besten kennt. In Oldenburg, Trier und Tübingen z.B. spielen halt verstärkt Amerikaner unter US-Trainern. Und hätten wir einen deutschen Coach, hätten wir schwerpunktmäßig mehr deutsche Spieler . . . WIEDLICH: . . . das kann ich fast ausschließen. Es gibt zu wenige deutsche Spieler für das Niveau, das wir benötigen, und die, die es gäbe, sind für uns nicht bezahlbar. Hätte man nicht mehr Spieler aus dem alten Kader halten können? WIEDLICH: Auch hier muss ich leider antworten: Man muss sich das leisten können. Jochen Luksch und ich sind uns in Sachen Haushaltsdisziplin sehr einig, wir sind auf einem guten Weg. Was wir wirklich bedauern, ist der Weggang von Oluoma Nnamaka, aber das hat allein sein Agent zu verantworten. Wir haben uns finanziell bis zur Decke bei ihm gestreckt, aber der Agent hat uns definitiv abgesagt. Nnamaka hat bis heute keinen neuen Verein. Das Ganze erinnert mich fatal an das, was damals ein Agent mit Paul Burke angestellt hat. Geht es konkreter? WIEDLICH: Der Spieler will bleiben, aber der Agent, der rein nach der Formel "mehr Gehalt = mehr Provision" agiert, giert nach höheren Angeboten als das vorliegende. Wochen, Monate verstreichen, aber die tollen Angebote kommen nicht und irgendwann muss der Spieler irgendwo spielen für weniger Geld als von seinem letzten Verein angeboten. Manchmal verstehe ich die Spieler nicht, wem sie sich da ausliefern. Was erwarten Sie von der nächsten Saison? WIEDLICH: Wir müssen mit wesentlich weniger Geld als letzte Saison . . . Stopp, dieses Gejammere ums Geld können einige Fans nicht mehr hören! WIEDLICH: Ich jammere nicht, sondern nenne Fakten ; wir leben bei den Baskets nicht in Traumwelten. Jeder von uns Verantwortlichen ist jederzeit bereit, in einem Face-to-Face-Gespräch den Fans auf Fragen zu antworten, aber mit der anonymen Kritik im Internet ist das so eine Sache. Was wollten Sie sagen? WIEDLICH: Wir müssen mit wesentlich weniger Geld als letzte Saison, aber mit viel mehr Kampf und kollektivem Ehrgeiz die Playoffs erreichen. Es gibt also ein Ziel, die Playoffs, und einen Weg dahin, die kämpferische Einstellung. Wir haben etwas wiedergutzumachen. Wie meinen Sie das? WIEDLICH: Wir hatten vergangene Saison sehr gut bezahlte Spieler mit hohem Leistungspotenzial, aber nur manchmal ein Team. Gegen einen 9. Platz in der Hauptrundentabelle habe ich nichts einzuwenden, wenn immer das Letzte gegeben worden ist . . . Ist ein 9. Platz für die Baskets nicht zu wenig? WIEDLICH: Berlin und Bonn sind die einzigen Clubs, die zwischen 96/97 und 03/04 immer die Playoffs erreicht haben, was zeigt, dass man auch Mal Neunter werden kann. Was ich sagen will: Der 9. Platz letzte Saison war das Ergebnis einer zuweilen enttäuschenden Team-Einstellung. Das war nicht nur für die Fans manchmal gruselig anzuschauen. Deshalb spreche ich von Wiedergutmachung in Sachen Einstellung. Die letzte Saison scheint Sie ja ziemlich zu wurmen . . . WIEDLICH: Ja und ohne Einschränkung. Das System "Profi-Teamsport" hat aber auch einen Konstruktions- bzw. Marktfehler, nämlich den, dass die Sportler, die einen wirtschaftlichen Schaden mitverursachen, keinerlei Konsequenzen fürchten müssen. Aber die Auswahl der Sportler trifft der Club bzw. die sportliche Leitung, insofern gilt für die Spieler nur "mitverursachen". Wir hatten im Sommer 2004 einfach unsere Hausaufgaben nicht so gründlich gemacht wie die Jahre davor. Sie meinen Predrag Krunic und Arvid Kramer? WIEDLICH: Ich sagte wir und damals waren die beiden ein Teil von wir. Anderes Thema: Ist das Hallenprojekt nach dem "Go" durch die Fachämter nun wirklich realistisch? WIEDLICH: Alle administrativen Hausaufgaben sind gemacht, wir sind auf einem guten Weg, aber eine schlüsselfertige Bauweise können wir uns nicht leisten. Wir werden verdammt viel selbst machen müssen, und unter wir verstehe ich mehr als nur den Baskets-Vorstand. Ich hätte mir gewünscht, der Hallenfortschritt wäre zwei, drei Jahre früher gekommen, aber auch so verspätet ist es ein wichtiger Schritt zur Sicherung des BBL-Standortes Bonn. Was ärgert Sie bei dem ganzen Thema Halle? WIEDLICH: Eine Menge, über die ich besser schweige. Aber einen Punkt nenne ich gerne: Ich werde oft gefragt "Und, kommt die Halle jetzt?" Eine solche Frage zeigt mir, dass unsere Infos nicht gefruchtet haben oder dass die Vermittlung eines solch komplexen Themas in unserer Medienwelt nicht mehr möglich ist. Eine Halle kommt nicht von selbst, man bekommt sie nicht von der Politik oder sonstwem geschenkt, es sei denn, eine Stadt wird Mit-Besitzer oder Mit-Betreiber. Das alles ist in Bonn nicht der Fall. Ich glaube, den Unterschied zwischen der angestrebten Baskets-Halle und neuen Hallen von Braunschweig über Quakenbrück bis Bamberg haben die wenigsten verstanden. Das ist aber genau der Grund, warum es so lange gedauert hat. In verschiedenen Internetforen glauben einige Fans, dass die Baskets zu viel Energie in die neue Halle stecken und die nächste Saison deshalb sportlich vernachlässigen. Wie sehen Sie das? WIEDLICH: Wenn es nur darum ginge, eine Überbrückungssaison bis zur neuen Halle einzulegen, hätten wir schon aus rein wirtschaftlichen Gründen keinen vorzeitigen Trainerwechsel veranstaltet. Genau das Gegenteil ist richtig: Die nächste Spielzeit ist für uns eine Schlüsselsaison, weil sie die letzte oder vorletzte in der alten Halle ist. Wir mussten etwas ändern und haben es geändert. Neuer Trainer, neues Team, ist das die Änderung? WIEDLICH: Unser Grundanliegen bleibt, dass aus den erarbeiteten Erlösen aus Sponsoring und Ticketing das beste Team komponiert wird. Zum Schluss zum Diskussionsforum der Fans. Lesen Sie das eigentlich alles? WIEDLICH: Fast täglich. Möchten Sie dazu einiges sagen? WIEDLICH: Bei einer ernsthaften und schlüssigen Argumentation eines Fans, der uns kritisiert, lasse ich mir die Kritik durch den Kopf gehen. Meistens startet die Kritik jedoch unter falschen Prämissen, was man den Fans aber auch nicht vorwerfen kann, weil sie die Zwänge des Geschäfts nicht kennen und nur wenig aus der Spieler-, Agenten- und Sponsorenwelt wissen. Andererseits: Was letzte Saison sportlich-taktisch-personell auf dem Feld ablief, da sah ich vieles ähnlich wie die Fans. Dann nennen Sie einmal einen Geschäftszwang! WIEDLICH: Eine junge deutsche Mannschaft zu verpflichten, hört sich immer gut an. Aber wer trägt das Risiko? Wenn der Zuschauer keine Lust mehr hat auf hohe Heimniederlagen, kommt er einfach nicht mehr, und Sponsoren schauen sich so ein Experiment auch nicht lange an, wenn es erfolglos ist. Die Fans wünschen sich, dass Spieler länger in Bonn bleiben. Warum klappt das nicht? WIEDLICH: Nebenbei: Bei anderen Clubs bleiben sie auch nicht länger. Spieler unterschreiben heute kaum noch feste Zwei-Jahresverträge, weil sie davon ausgehen, dass nach einer guten Saisonleistung ihr Gehalt explodiert. Das bedeutet, dass mit jeder Vertragsverlängerung beim alten Club ein Spieler teurer wird, während, wie zurzeit, bei allen Clubs die Etats eher sinken. "Sasa" Nadjfeji war vier Jahre Bonner, Oluoma drei Jahre, danach muss man als wirtschaftlich Verantwortlicher - Identifikation hin oder her - genau überlegen, was man tut, wie weit man mit dem Gehalt geht. Zudem: Was ein Spieler in den Augen der Fans leistet oder nicht, also ob das Leistungs-Gehaltsverhältnis stimmig ist, dieses Geheimnis kann und darf ich nicht lüften. Aber dieses Verhältnis ist der einzige Faktor, der meine Meinung über einen sportlichen Angestellten prägt. Überspitzt formuliert: Einige Spieler letzte Saison hätten angesichts ihrer Gehaltshöhe freistehend keinen Korbleger vergeben dürfen. Zurück zum Team: Fehlt nicht noch mindestens ein Starter? WIEDLICH: Ja sicher. Wird bald verpflichtet. Wird das ein Amerikaner sein? WIEDLICH: Vermutlich ja, aber es gibt auch andere interessante Optionen. Die Fans bemängeln, dass so wenige Infos über ausstehende Spielerverpflichtungen nach außen dringen. Verstehen Sie das? WIEDLICH: Aus Fan-Sicht geht das in Ordnung. Aber wir haben auch hier eine klare Linie: keine öffentlichen Mutmaßungen vor einer endgültigen Verpflichtung. Eine der ersten Aussagen von Danijel Jusup nach seiner Ankunft war: "Es herrscht Chaos auf dem europäischen Basketballmarkt." Und das stimmt. Wir müssen nicht durch öffentliches Mutmaßen den Marktwert eines Spieler in die Höhe treiben. Der Markt ist ein Dschungel, in dem man sich mit dem Streuen von Namen einen Bärendienst erweist. In den Fan-Foren und bei interwetten.com spielen die Baskets keine besondere Rolle bei Vorhersagen für den Meister oder die Playoff-Kandidaten 2006. Das war Mal ganz anders . . . WIEDLICH: Das ist eine Rolle, in der wir uns pudelwohl fühlen. Uns hat bundesweit niemand auf der Rechnung, und in Bonn sind die Erwartungen niedriger als sonst, vielleicht endlich Mal realistisch. Wir können nur Kredit zurückgewinnen. Möchten Sie noch etwas loswerden? WIEDLICH: Wir haben ein sehr gutes Trainerteam. Ich gebe aber gerne zu, dass wir erst allmählich beginnen, Danijel Jusups Philosophie zu verstehen. Uns allen imponiert, wie sehr der neue Headcoach beim Training manchmal auch Spieler ist, also aktiver Teil des Ganzen. Ich habe mich lange nicht mehr so auf eine Saison gefreut wie diesmal.