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„Beim Drive denke ich: Dunk!“

Baskets-Guard TJ DiLeo im Offseason-Interview

Er kam als Backup für die Zwei, wurde nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Konstantin Klein zum Point Guard berufen, um schlussendlich in der Playoff-Serie gegen Bamberg zum personifizierten #BasketsSpirit zu mutieren. Vor seiner Abreise nach Philadelphia sprach TJ DiLeo über Selbstvertrauen, wiedergefundene Offensivqualitäten und ein neues Kapitel im Buch seines Vaters.

Hat in Bonn zu seinem Spiel gefunden: TJ DiLeo (Foto:Jörn Wolter)

Nach drei Jahren in Gießen bist du vergangenen Sommer zu den Telekom Baskets gewechselt. Was hast du seither über Bonn – die Stadt und den Club – gelernt, das du zuvor noch nicht wusstest?
TJ DiLeo: „Meine Karriere ist ja noch relativ jung, die Baskets erst mein zweiter Verein als Profi. Aber du bekommst natürlich viele Geschichten anderer Spieler zu hören und bekommst mit der Zeit ein Gespür dafür, wie es an den einzelnen Bundesliga-Standorten zugeht. Was mich in Bonn wirklich ungemein positiv überrascht und überzeugt hat, war die Art und Weise wie sich hier um persönliche Dinge gekümmert wird. Es sind diese kleinen, auf den ersten Blick unscheinbar daherkommenden Sachen, die dir das Leben als Profi aber um einiges leichter machen. Wenn du bei der Bank oder beim Arzt brauchst, hast du einen festen Ansprechpartner und Hilfe bei der Vereinbarung eines Termins. Stimmt etwas in der Wohnung nicht, wird dir direkt geholfen. Es kann leichter kaum sein, sich hier nur auf Basketball zu konzentrieren, weil um das Training und die Spieler herum alles top organisiert ist.“

In der Bundesliga hast du für die Baskets in 17:17 Minuten durchschnittlich 4,2 Punkte, 1,4 Rebounds und 2,4 Assists aufgelegt – das ist in den meisten Kategorien weniger als zuvor in Gießen (5,6 PpS, 2,4 RpS, 2,2 ApS). Den nackten Zahlen nach zu urteilen muss es eine wenig zufriedenstellende Saison gewesen sein…
(überlegt) „Statistiken sind nur die eine Seite der Medaille. In den letzten zwei, drei Monaten habe ich mich als Spieler gefunden. Habe gemerkt, was und wie ich in der Bundesliga sein möchte. Coach Krunic hat dabei das ganze Jahr über einen großen Anteil daran gehabt, dass ich mich in die Richtung entwickeln konnte, die mir persönlich liegt. Mein Selbstvertrauen ist auf einem Level wie nie zuvor. Und ich glaube, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist.“

Kannst du ein konkretes Beispiels dazu nennen, wie Coach Krunic dir geholfen hat?
„Dadurch, dass ich dieses Jahr viel auf der Eins spielen musste, habe ich eine andere Mentalität entwickelt. Anfangs ging es mir nur darum den Ball zu verteilen, möglichst keine Fehler zu machen und Josh auf der Zwei als Werfer in Szene zu setzen. Einerseits habe ich dadurch ein viel besseres Gespür dafür entwickelt, die Verteidigung zu lesen und entsprechend unsere Systeme zu initiieren, damit derjenige mit dem heißen Händchen in eine gute Position kommt. Coach hat mich immer wieder dazu ermuntert, auch den eigenen Abschluss zu suchen, im Angriff selbst gefährlich zu sein. Meine Einstellung hat sich gewandelt. Wenn ich zum Korb ziehe, geht es in erster Linie nicht mehr darum, gegen die Hilfe der Verteidigung den freien Mann zu finden. Beim Drive denke ich jetzt in erster Linie: Dunk!“

Haben wir in der Serie gegen Bamberg einen komplett neuen TJ DiLeo gesehen, oder musste er nur wieder wachgekitzelt werden?
„In unserem Aufstiegsjahr in der ProA mit Gießen habe ich bereits Anzeichen von dem gezeigt, was jetzt wieder zum Vorschein kam. Damals habe ich auch weitaus mehr auf der Eins gespielt und war an beiden Enden des Feldes ein echter Faktor. Von daher war dieser Zug von mir nicht komplett neu, aber sicherlich deutlich ausgereifter als früher.“

Im Laufe der Saison hattest du auf dem Scoutingbogen von „DNP“ (Did Not Play, Anm. der Red.) gegen Bayreuth bis 35:48 Minuten im vierten Spiel gegen Bamberg die vollen Bandbreite. Wie schwer war es, körperlich und mental immer bereit zu sein?
„Das war definitiv eine Herausforderung, aber Coach Krunic hat uns immer gut auf die anstehenden Spiele eingestellt und viel mit uns geredet. Du wusstest als Spieler also immer, woran du zu jeden Zeitpunkt der Saison warst. Das hat es vor allem mir sehr viel leichter gemacht, nie den Fokus zu verlieren.“

Dein Vater hat einen Ratgeber für Rookies geschrieben, die aus den USA nach Europa kommen. Welches Kapitel könntest du beisteuern?
(überlegt lange) „Das ist gar nicht so einfach … aber ich würde darüber schreiben, wie wichtig es ist sich vernünftig zu integrieren. Werde Teil der Kultur, der Stadt, des Landes. Setz dich mit den Gebräuchen und Gepflogenheiten, mit der Sprache auseinander – das macht es dir und deinem Umfeld viel leichter, aber vor allem auch angenehmer. Es ist toll in einem Berufsfeld arbeiten zu dürfen, dass dich quer über den ganzen Globus schickt und wo du in kurzer Zeit viele Bekanntschaften und Freundschaften schließen kannst.“

In der Sommerpause werden bekanntlich nicht nur permanent die Füße hochgelegt. An welchem Aspekt deines Spiels willst du während der Offseason explizit feilen?
(lacht) „Ein bisschen Entspannung darf aber auch sein, oder?! Das dauert bei mir aber nie lange, dafür bin ich einfach zu gern in der Halle. Ich werde wahrscheinlich wieder einiges mit meinem Bruder und meinem Vater zusammen machen. Sicherlich zieht es mich auch wieder auf dem Temple-Campus, wo im Sommer regelmäßig Jungs ihre Alma Mater besuchen und dort trainieren – vielleicht treffe ich dort auch Ryan Brooks. Was mein Spiel angeht, will ich an meinem Dreier aus dem Dribbling heraus arbeiten. Aus dem Catch-and-Shoot heraus oder als in der Ecke wartender Schütze war es dieses Jahr schon ganz gut, aber gerade nach dem Pick-and-Roll will ich in Zukunft als Werfer noch mehr Gefahr ausstrahlen.“


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