SucheSuche

Traumreise

Baskets-Flügel Yorman Polas Bartolo im Portrait

In jeder Mannschaft ist so einer. Ob in der Bundesliga oder der Kreisklasse. Jeder will ihn im eigenen Team haben. Jeder hasst es, wenn er auf ihn angesetzt ist. Es ist dieser eine Spielertyp, der seine Sache so gut macht, dass der eigene Gameplan völlig über den Haufen geworfen wird. Um dies zu honorieren, gibt es jede Saison die Auszeichnung zum „Besten Verteidiger des Jahres … und Yorman Polas Bartolo ist ein legitimer Anwärter auf diesen Titel.

Immer mit Vollgas: Yorman Polas Bartolo (Foto: Jörn Wolter)

Es liegt in der Natur des Sports, dass der Fokus primär darauf liegt, das Runde durchs Runde zu befördern. Denn Ball durch den Ring zu befördern. Ob als langweiliger Korbleger, weiter Dreier gegen den Mann, oder eingeflogen als krachender Dunk, der die Zuschauer von den Sitzen reißt. Auf dem Freiplatz sind es genau diese heroischen Momente der weltumspannenden Basketball-Historie, welche von Jung und Alt imitiert, welche immer und immer wieder nachgeahmt werden. Michael Jordan’s Wurf über Craig Ehlo. Charles Barkley’s Schuss über David Robinson, Ray Allen’s Dreier aus der rechten Ecke in Spiel sechs der NBA Finals 2013. Aber defensive Sequenzen? Ist langweilig, fast verpönt, und doch so wertvoll. „Es ist aber etwas, dass du unbedingt wollen musst, um gut darin zu sein“, sagt Polas Bartolo. „Verteidigung ist natürlich Einstellungssache. Aber wenn du dir die Mühe machst, deinen Gegenspieler auszulesen, seine Stärken zu studieren und sie ihm wegzunahmen, dann kann das die ganze Mannschaft mitreißen.“

Keine Panik, glaub mir, es lohnt sich,
Ich zeig dir die ganze Welt


Dass Yorman Polas Bartolo überhaupt beim Basketball gelandet ist, hat er seinem Grundschul-Klassenlehrer im beschaulichen Camagüey zu verdanken. Als der gebürtige Kubaner neun Jahre alt ist, stehen bereits diverse abgehakte Freizeitaktivitäten auf seiner Liste. „Ich habe unheimlich viele verschiedene Dinge ausprobiert und hatte auch Spaß daran“, so der 31-Jährige. „Bevor ich mit Basketball anfing, habe ich regelmäßig Handball, und sogar Schach gespielt. Auch Judo habe ich eine Zeit lang gemacht. Und dann wurde alles anders…“

Der orangefarbene Freudenspender wird sein neuer bester Freund und ein treuer Begleiter. Polas Bartolo hat Talent. Und ist ein fleißiger Arbeiter noch dazu. Also geht es ab aufs Sportinternat, wo sein noch rohes Spiel in Form gegossen und ordentlich geschliffen wird. „Von da an wollte ich immer nur in die Nationalmannschaft. Das war mein Traum. Mein Ziel. Dafür habe ich gearbeitet, denn es war zu diesem Zeitpunkt das, was mit am meisten bedeutet: Mit der Flagge Kubas auf der Brust aufzulaufen.“

Wir segeln hoch nach Havanna,
Tanzen Rumba am Ufer in Kuba

Im Jahr 2003 feiert Yorman Polas Bartolo seine Premiere im Nationaldress seiner Heimat. Es dauert nicht lange, da erhält er den Spitznamen „El Ciclon“ – der Wirbelsturm. Wer den variablen Flügel auf dem Parkett umherflitzen sieht, erkennt schnell den Ursprung des Beisatzes. Die langen Beine lassen ihn raumgreifenden Schrittes über das Feld manövrieren. Die jedes Supermodel vor Neid erblassende Wespentaille windet sich um die von gegnerischen Centern gesetzte Blöcke, so dass er weiterhin an seinem Mann klebt. Wackelt der Ballvortrag, schnellen seine langen Arme vor, um das Leder zu stibitzen.

Wer ihm bei der defensiven Arbeit zusieht, erkennt nur schwerlich, wie viel Arbeit darin steckt, sich allabendlich des besten Angreifers der anderen Mannschaft anzunehmen. „Streng genommen gibt es kein besonderes Geheimnis“, berichtet Polas Bartolo. „Es hilft natürlich, wenn du frische Beine hast. Dafür kannst du nur sorgen, indem du auf deinen Körper achtest, dich gut ernährst und dir genug Ruhephasen gönnst. Anders als bei einem Werfer, der beim Warmup ein Gefühl für die Tagesform seines Schusses bekommt, weißt du in der Verteidigung erst mit Spielbeginn wie viel Prozent du wirklich geben kannst.“

Es ist kein Geheimnis,
Nun reisen wir rum

Bei den Telekom Baskets hat Yorman Polas Bartolo in seiner basketballerischen Entwicklung, und das wohlbemerkt jenseits der 30 Lenze, einen klaren Schritt nach vorn gemacht. Dabei verklärt der Blick auf die nackten Zahlen, was doch so offensichtlich ist, da landläufig immer noch die Meinung vorherrscht, dass der offensive Output das Maß aller Dinge darstellt. So gesehen wären die in der Bundesliga durchschnittlich erzielten 7,1 Punkte und 3,5 Rebounds pro Begegnung ein klarer Rückschritt gegenüber seiner letztjährigen Saison in Gießen (2015/2016: 9,9 PpS, 3,9 RpS). Doch ist das Bonner Ensemble insgesamt weniger auf Zählbares des Deutsch-Kubaners angewiesen, als dies noch bei den Mittelhessen der Fall war. Auf dem Hardtberg kann der Musterathlet all seine Energie in die Verteidigung investieren, während am anderen Ende des Feldes die Teamkollegen mehr Verantwortung übernehmen. „Deswegen denken die Leute ab und zu, dass ich offensiv nicht gefährlich bin.“

Doch weit gefehlt. Hin und wieder sind es die zwei harten Dribblings vom Flügel aus, die ihn am Verteidiger vorbeischießen lassen, ehe er mit einem beidbeinig eingesprungenen Dunk abschließt. Oder diese beinahe schon patentierte Bewegung zur Grundlinie, bei der er sich mit einem Spinmove zur Mitte hin seines Bewachers entledigt, um den Ball gefühlvoll in den Korb zu legen. Und manchmal fällt sogar der sonst etwas wacklige Dreier wie gegen Würzburg, wo beide Versuche von „Downtown“ ihr Ziel finden und er mit 21 Zählern den Matchwinner gibt. „Ich glaube, dass ich immer noch ein bisschen besser sein kann“, sagt Polas Bartolo. „Wenn ich einst dachte, dass die Nationalmannschaft das geilste sein würde, was ich im Basketball erlebe, dann war es anschließend der Schritt nach Deutschland zu gehen. Aber durch die Spiele im Europapokal habe ich gemerkt, dass da noch mehr geht. Und auf diese Reise bin ich richtig heiß.“

 

 


Druckansicht zum Seitenanfang