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12.5.1999: 1.700 Baskets-Fans in Berlin

Baskets-Historie: Sonderzüge, PKWs und 20 Busse

Zwei Jahre nach ihrer ersten Finalteilnahme waren die Baskets zurück in der Endrunde – und erneut hieß der Gegner Alba Berlin! Dabei stand die Saison unter keinem guten Stern: Erst verließen die Stars Eric Taylor, Sebastian Machowski und Sinisa Kelecevic den Verein, anschließend erkrankte ein Großteil des Teams am Epstein Barr-Virus, woraufhin die Basketball Bundesliga die ersten drei Spieltage ohne die Baskets auskommen musste. Die „Vom Virus zum Vize“-Saison 1998/1999 gipfelte dennoch im Finale in Berlin – unterstützt von 1.700 frenetischen Baskets-Fans!

Baskets-Fans pendelten öfter zwischen Berlin und Bonn als Regierungsbeamte. (Foto: Wolter)

Hurl Beechum hatte die Baskets soeben mit 41 Punkten gegen Lokalrivalen Dragons Rhöndorf ins Finale um die Deutsche Meisterschaft 1998/1999 geballert, da machten sich die Baskets-Verantwortlichen um Wolfgang Wiedlich schon Gedanken um die Finalserie gegen den Titelverteiger Alba Berlin. Finale und Berlin? Das bedeutete in der in Bonn sich ausbreitenden Baskets-Euphorie automatisch: Sonderzug und Kampf um begehrte Tickets! 

„Nicht nur in Bonn, sondern auch bei uns erwarten wir eine ausverkaufte Halle. Dieses Duell mobilisiert die Massen. Man braucht nur an die Züge aus Bonn zu denken, die im deutschen Basketball einmalig sind", schätze ALBA-Manager Robert Mayer im General Anzeiger die Situation folgerichtig ein. 

Doch bis zu Spiel 1 war der Sonderzug nicht realisierbar. Stattdessen machten sich "nur" 200 Baskets-Fans mit Fanbussen, dem Flugzeug oder per Auto auf den Weg in die Hauptstadt, um ihre Mannschaft im Kampf um den Titel zu unterstützen. 

Spiel 1 (2.5.1999) ging jedoch, wie bereits 1997, mit 71:62 an Berlin. Baskets-Trainer Bruno Socé übte im Anschluss harsche Kritik an seinem Nationalspieler Drazan Tomic, der einen „Rucksack mit mehreren Kilos Übergewicht“ mit sich herumtrage. Und wer so einen Rucksack mit sich herumtrage, könne nicht treffen. Tomic hatte in der Schlussphase zwei wichtige Freiwürfe daneben geworfen und somit die Chance verpasst, die Baskets auf drei Punkte heranzubringen.

Die Kritik, oder „Brunos Psycho-Doping“, wie es der Express formulierte, zeigte dann im zweiten Spiel Wirkung. Neben Hurl Beechums 23 Punkten gelangte Tomic mit 17 Zählern zu alter Stärke. Zusammen führten sie die Baskets vor 4.000 Fans in der mehr als ausverkauften Hardtberghalle zum deutlichen 91:77-Sieg. Es war die erste Playoff-Niederlage der Albatrosse seit zwei Jahren. Um eines der begehrten Heimspiel-Tickets zu ergattern, campierten hunderte Fans bereits am Vormittag vor der Hardtberghalle. Innerhalb von zwei Stunden war das zweite Spiel ausverkauft. 

Viel Pech hatten die Baskets im dritten Aufeinandertreffen: Point Guard Derrick Phelps rutschte kurz vor der Halbzeitpause ohne Fremdeinwirkung auf einem Schweißfleck aus – Leistenzerrung. Der angeschlagene US-Star biss auf die Zähne, konnte jedoch humpelnd nicht verhindern, dass Bonn das Spiel mit 58:63 verlor. Stattdessen spielte Steven Hutchinson mit 22 Punkten groß auf. Wie sehr es im zweiten Finale zur Sache ging, beschrieb die Berliner Morgenpost wie folgt: „Von wegen körperlos… Was im dritten Finalspiel um die Deutsche Meisterschaft unter der (Fehl-)Leitung der völlig überforderten Schiedsrichter ablief, war eine einzige Materialschlacht.“

Eine Materialschlacht lieferten sich auch die Fans in der Max-Schmeling-Halle: Gut 1.200 Baskets-Fans waren ihrer Mannschaft mit dem vierten Sonderzug der Vereinsgeschichte an die Spree gefolgt und brannten auf den Rängen mit Trommeln, Tröten und Konfetti ein Feuerwerk der Emotionen ab. Dafür traten sie um fünf Uhr morgens die Reise vom Bonner Hauptbahnhof an. Dass ein Wagen aufgrund technischer Mängel gar keinen Strom hatte, die Getränke nicht gekühlt werden konnten, und der Speisewagen komplett fehlte, trübte nur kurz die Vorfreude auf das Spiel. 

Aufgrund des starken Ticketansturms stand das vierte Finalspiel in Bonn kurz davor, in die 18.000 Zuschauer fassende Kölnarena verlegt zu werden. Doch Berlin erteilte den Umzugsplänen eine Absage. Das "Baskets-Beben", so titelte der Express damals, konnten die Albatrosse dann jedoch nicht verhindern. Die Baskets "spielten den Meister an die Wand" (General-Anzeiger), siegten spektakulär mit 91:77 (41:32)! "Wir haben heute mit Herz gespielt. Aber in Berlin brauchen wir Herz und Verstand", mahnte Coach Socé im Anschluss. 

Innerhalb kürzester Zeit hatten die Telekom Baskets Bonn es erneut geschafft: der nächste Sonderzug rollte Richtung Berlin! 450 Meter lang, 16 Waggons - der damals längste Zug der Baskets-Geschichte! Um der großen Nachfrage Herr zu werden, stellten die Stadtwerke Bonn zusätzlich 20 Sonderbusse bereit, welche die Baskets-Massen über die Autobahn in die Hauptstadt bringen sollten. Auch die damalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann war gekommen und verabschiedete die Fans an der Beethovenhalle! Gut 1.700 Bonner Schlachtenbummler kamen schließlich in Berlin zusammen.

Foto: Wolter

Alba Berlin tat alles, um gegen die „schwarz-weiß-magenta Invasion“ anzukommen. Saßen die Baskets-Fans in den bisherigen Spielen noch geschlossen hinter dem Berliner Korb, wurden sie im alles entscheidenden fünften Spiel kreuz und quer in der Halle verteilt. Aus gutem Grund: „Gerade hinter dem Korb können die Zuschauer gezielten Einfluss auf das Spiel nehmen“, erklärte ALBA-Manager Robert Mayer dem General-Anzeiger. Man wolle sich diesen Heimvorteil nicht nehmen lassen. Angekommen in der Max-Schmeling-Halle: das nächste unsportliche Foul! Plötzlich sind die Bonner Trommeln nicht mehr erlaubt. Die Baskets-Fans machten das Beste draus, auch wenn wie zwei Jahre zuvor erneut Alba Berlin auf heimischen Parkett nach einem 91:68 (44:42)-Sieg das Meisterbrett in die Höhe streckte. Zuhause in Bonn wartete dennoch ein brechend voller Münsterplatz auf die Bonner Basketballer: Partystimmung trotz, oder gerade wegen einer erneuten Vizemeisterschaft! Die Saison 1998/1999, die mit so vielen Fragezeichen begann, wurde mit Feuerwerk und großen Emotionen beendet. 

 

Vom Virus zum Vize - der Saisonrückblick: 

 

 

Hintergründe, Ergebnisse, Statistiken und Fotos aus der Saison 1998/1999 sind hier zu finden. >>

 

 


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