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Mit rauchenden Colts

Josh Mayo hat mehr denn je den Finger am Abzug

Sie nennen ihn den „Mann mit den rauchenden Colts“. Alternativ „Capitano“. Oder einfach beim Namen: Joshua Andrew Mayo. Bonns Spielmacher verlängerte im vergangenen Sommer erstmals in seiner Karriere einen auslaufenden Vertrag beim gleichen Verein. So sehr dies die Baskets-Gemeinde freute, so fieberhaft schlafen seither die gegnerischen Verteidigungslinien vor einem Aufeinandertreffen mit den Magentafarbenen – der 1,81 Meter-Mann ist immerhin der beste Dreierschütze der Liga.

Keiner trifft öfter aus der Distanz: Josh Mayo ist der gefürchteste Schütze der BBL. (Foto: Jörn Wolter)

Im Vergleich aller Spieler in der easyCredit BBL hat kein anderer Akteur öfter von jenseits der 6,75 Meter-Linie getroffen. Für Mayo stehen aktuell satte 77 versenkte Dreier zu Buche, dahinter reihen sich auf den Rängen Brion Rush (75, Göttingen), Julius Jenkins (73, Jena) sowie Gabe York (70, Bayreuth) ein. Interessant dabei: Das Verfolger-Trio besteht – den Angaben auf der Bundesliga-Homepage vertrauend – ausnahmslos aus Shooting Guards. Der Berufsbezeichnung ist in der Definition der Position sozusagen vorgegeben. Mayo jedoch firmiert offiziell als Point Guard, als Spielgestalter, als Regisseur, als systemischer Taktgeber und verlängerter Arm des Trainers. „Ich selbst würde mich mittlerweile eher als Combo Guard bezeichnen“, kommentiert der 30-Jährige mit einem breiten Grinsen. „Natürlich bin ich grundsätzlich ein Einser, spiele dieses Jahr aber auch viel auf der Zwei, da TJ (DiLeo, Anm. der Red.) als Point Guard regelrecht aufblüht.“

Es ist ein unschätzbarer taktischer Vorteil, dass Baskets-Coach Predrag Krunic das Guard-Tandem im zweiten Jahr in Folge unter seinen Fittichen hat und die individuelle Qualitäten noch mehr zum Vorteil des Kollektivs einsetzen kann. Das bedeutet im Falle von Mayo, dass seine Fähigkeiten als Schütze mehr denn je zur Geltung kommen – ohne, dass es dabei zwingend zu einem Abschluss seinerseits kommen muss. „Letzte Saison haben die Teams mich zu Beginn ein wenig unterschätzt, was vor allem mit zwei Faktoren zu tun hatte: In den ersten Wochen fiel mein Wurf überhaupt nicht, und zudem war ich in der Liga ein neues Gesicht“, sagt Mayo. „Jetzt sieht das anders aus, weswegen die Verteidigung meist ein sehr wachsames Auge auf mich richtet. Daraus ergeben sich für uns viele Möglichkeiten.“ Einerseits rennt der Familienvater oftmals wie von der Tarantel gestochen durch ein Labyrinth von für ihn gestellten Blöcken, um freistehend an der Dreierlinie den Pass zu erhalten. Andererseits lässt er es aber auch gern kraftsparend und entspannt in der Ecke stehend angehen. Mayo: „Auch dann bin ich eine Gefahr und die Defense ist zu einer Entscheidung gezwungen: Bleibt der Verteidiger bei mir, oder sinkt er in die Mitte des Feldes zur Hilfe ab? Wenn er bei mir bleibt, haben unsere großen Jungs beispielsweise nach einem Pick-and-Roll viel mehr Platz auf dem Weg zum Korb. Versucht mein Verteidiger dort zu stören, bin ich wiederum für den Wurf frei.

“Ein taktischer Teufelskreis, an dessen Ende die Baskets so oder so ein gutes Blatt ausgeteilt bekommen. Eine Dreierquote von 44,3 Prozent belegt, dass Mayo auch bei der Wurfauswahl meist ein „heißes Händchen“ beweist. Ob aus dem Dribbling im Eins-gegen-Eins, nach einem Pick-and-Roll, aus dem Fastbreak heraus oder nach erhaltenem Pass per Pull-up Jumper, der Wahl-Texaner feuert aus allen erdenklichen Lagen auf den Korb. „Es kommt dabei immer ein wenig darauf an, was mir die Verteidigung gibt. Aber grundsätzlich kreiere ich mir meinen Wurf am liebsten selbst aus dem Dribbling heraus“, gesteht Mayo, und lacht. „So habe ich es in der Jugend im Training gelernt, und das scheint sich festgesetzt zu haben.“

Diese Vorliebe macht sich im modernen Basketball, wo große Spieler entlang der Dreierlinie gefühlt einen Block nach dem anderen stellen, bezahlt. Aus dem Bereich nahe der Korb-Korb-Linie sowie vom Flügel aus nimmt Mayo die meisten seiner Würfe. Doch der Guard relativiert: „Dabei geht es nicht immer nur um den Schuss an sich, sondern allgemein darum aggressiv zu sein und die Verteidigung unter Druck zu setzen“, beschreibt der Mannschaftskapitän. „Das gilt jedoch nicht nur für mich, denn wir haben gleich mehrere starke Schützen im Team, die von der Verteidigung respektiert werden müssen – wodurch wir oft an die Linie gehen.“

Öfter denn je lautet die defensive Marschroute der Konkurrenz, Mayo und Co. im Backcourt besonders dicht auf den Füßen zu stehen, was jedoch oft in Fouls resultiert. Brachten es die Baskets laut des Statistik-Tools Synergy in der kompletten abgelaufenen Saison 2016/2017 auf gerade einmal zwei erfolgreiche Vierpunkt-Spiele, wurden für die Spielzeit 2017/2018 bislang bereits deren sieben verzeichnet. Mayo: „Oftmals hat der Verteidiger so viel Schwung drauf, dass ihn das Momentum automatisch in dich reindrückt, wenn du um einen Block rennst und direkt hochgehst.“Beim Gang in den dichten Zahlenwald wird schnell klar, warum die BBL-Coaches ihren Mannen mit auf den Weg geben, sich an Mayos Fersen zu heften. Bonns Scharfschütze braucht keine Anlaufzeit, um gleich nach dem Hochball seine Schüsse abzufeuern und bei noch voller Trommel viele Treffer zu landen. Von den bereits genannten 77 erfolgreichen Dreiern netzte der Amerikaner allein 31,2 Prozent (24 Treffer) im ersten Viertel einer Partie ein – bei einer nahezu wahnwitzigen Trefferquote von 60,0 Prozent.

„Ich versuche ohne Ball oft das Tempo zu wechseln, um meinen Bewacher abzuhängen“, sagt Mayo. Dies gelingt dieser Tage besser denn je, wodurch sich auch das Verhältnis zwischen Dreierversuchen und Würfen aus dem Zweipunkte-Bereich drastisch verlagert hat. In seiner Premierensaison bei den Baskets waren 59,8 Prozent aller Mayo-Würfe Dreierversuche, anno 2017/2018 schickt er über zwei Drittel seiner Schüsse von „Downtown“ auf die Reise (67,0 Prozent). Eine Entwicklung, die nicht beliebig weitergeführt werden kann, aber in der Tendenz dazu führt, dass Bonn sich momentan klar auf Playoff-Kurs befindet.




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