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#tbt: Die „Mutter aller Spiele“ wird geboren

8.3.1997: ALBA Berlin – Telekom Baskets Bonn 68:70

Zweieinhalb Tage trainingsfrei. Nochmal: Zweieinhalb Tage! Es musste etwas monumental Bewegendes geschehen sein, dass Bruno Socé so viel „Freigang“ gewährte. Etwas, das die Dimension einer auf den letzten Drücker geschafften Playoff-Teilnahme hat. So geschehen vor genau 21 Jahren durch einen fulminanten 70:68-Coup bei ALBA Berlin, der den Telekom Baskets Bonn das Ticket zur Teilnahme an der Postseason sicherte – und den Grundstein für einen bis heute einmaligen Finaleinzug eines Aufsteigers legte.

Der Stratege und seine rechte Hand: Bruno Socé und Eric Taylor. (Foto: Jörn Wolter)

Die Ausgangslage hätte spannender nicht sein können. Bonn, der souveräne Aufsteiger aus dem Rheinland, hatte in seiner BBL-Debütsaison einige Zeit gebraucht, um sich an das höchste nationale Level zu gewöhnen. Eine zwischenzeitliche Durststrecke von acht Niederlagen aus elf Spielen schien alle Hoffnungen auf eine – ohnehin sehr optimistisch formulierte – Playoff-Teilnahme zunichte gemacht zu haben. Dann kam die Zielgerade der regulären Saison 1996/1997, und auf eben jener fuhren die Schützlinge von Trainer Bruno Socé in beachtlicher Manier aus fünf Ansetzungen satte vier Siege ein. Doch die höchste zu nehmende Hürde stand den Bundesstädtern am letzten Hauptrundenspieltag erst noch bevor: Ein Auswärtsspiel bei ALBA Berlin.


Die „Albatrosse“ waren zu dieser Zeit noch im internationalen Geschäft unterwegs, ein Aufeinandertreffen mit dem renommierten FC Barcelona stand bereits in wenigen Tagen an, was Socé für sein Team als Vorteil ansah. „Unsere Chancen, in Berlin zu gewinnen, stehen sehr gut“, gab der Kroate vor dem Tipoff forsch zu Protokoll. Und fügte ob des speziellen Verhältnisses zwischen ihm und Berlin-Trainer Svetislav Pesic hinzu: „Wir werden im Vorfeld kein einziges Wort über das Spiel reden. Wir haben höchsten Respekt voreinander, und ein geschenkter Sieg würde unsere Freundschaft nur belasten.“

Ein Sieg an der Spree. Es wäre das perfekte Geschenk für die in vier Bussen angereisten Baskets-Fans gewesen. Und ein schönes Präsent für Bonns Nationalspieler Klaus Perwas zu dessen 26. Wiegenfest. Doch ausgerechnet der sonst so stoische und coole „Feldherr“ zeigte in der nach der Pause eng geführten Partie an der Freiwurflinie ungewohnterweise Nerven. „Wenn ich in einer entscheidenden Phase vier Freiwürfe vergebe, kann ich mich nicht freuen“, so Perwas später. „Selbst wenn wir gewonnen haben.“

Es dauerte, doch letztlich konnte auch das Geburtstagkind über den 70:68-Coup freudestrahlend lachen. Eric Taylor hatte die Magentafarbenen 20,7 Sekunden vor Schluss an der Linie auf 70:66 scheinbar bereits auf die Siegerstraße geführt, doch ausgerechnet der an diesem Abend insgesamt eher schwache ALBA-Star Wendell Alexis konterte im nächsten Angriff. Berlin musste bei 4,2 Sekunden verbleibender Restspielzeit taktische foulen und schickte Perwas an die Linie – der zwei Fahrkarten löste. Alles schien, als solle der große Favorit in sprichwörtlich letzter Sekunde tatsächlich noch den Kopf aus der Schlinge ziehen können, oder zumindest eine Verlängerung erwirken. Doch wieder war es Taylor, der den Hauptstädtern dazwischenfunkte, im wahrsten Sinne des Wortes, und einen Pass von Henning Harnisch stibitzte. Die Sensation war perfekt!




Punkteverteilung

Telekom Baskets Bonn:

Behnke (9), Perwas (5/1 Dreier), J. Rohdewald (9/3), G. Rohdewald (6), Gibala, Taylor (16/1), Kramer, Kelecevic (19/1), Machowski (6/2)

ALBA Berlin:

Rödl (8), Lütcke (3/1), Obradovic (9/1), Pesic (4), Öztürk (4), Arigbabu, Hupmann (15), Alexis (6), Harnisch (19/3)


Statistik

Rebounds: Bonn: 30 / Berlin: 25
Assists: Bonn: 12 / Berlin: 13
Steals: Bonn: 11 / Berlin: 9
Turnover: Bonn: 21 / Berlin: 19


Bonn landete durch den Sieg auf dem siebten Tabellenplatz und traf in der ersten Playoff-Runde auf Lokalrivale Rhöndorf. Sechs Spiele völliger Ausnahmezustand im Rheinland, mit besserem Ende für die Baskets. Völlig euphorisiert wurde im Halbfinale die Konkurrenz im Eilverfahren (3:0) aus dem Wettbewerb geworfen. Der Aufsteiger stand im Finale – bis heute gelang dies keinem BBL-Neuling mehr. Dort kam es zum Wiedersehen mit Berlin. Die „Albatrosse“ sicherten sich zwei Siege in den Auftaktbegegnungen der „Best-of-Five“-Serie, vor der dritten Partie war in der Hauptstadt alles für die große Sause, die Meisterschaftsfeier vorbereitet. Abermals schockte Taylor die Pesic-Schützlinge, der berühmte „Schuss vom Parkplatz“ sorgte dafür, dass die blauen und gelben Luftballons unter der Hallendecke blieben. Erst nach dem vierten Spiel, ausgetragen in der Hardtberghalle, durften Harnisch und Co. das heißbegehrte „Waschbrett“ in die Höhe stemmen.

 


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