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Vor 10 Jahren stand der Bonner Basketball am Abgrund

Ein Rückblick der BONNER RUNDSCHAU (Ausgabe: 8.9.2003)

BONN. Vor genau zehn Jahren war von einer Basketball-Euphorie im Bonner Raum nichts zu spüren: Zwei Jahre nach dem Abstieg des Godesberger TV (GTV) aus der Ersten Liga schien der Nachfolge-Verein BG Bonn, eine Fusion von GTV und Fortuna Bonn, am Ende. Fast alle Spieler kehrten dem Verein im Sommer den Rücken, etliche heuerten beim aufstrebenden Lokalrivalen Rhöndorf an.

 

Wenige blieben, darunter Arvid Kramer und Frank Fankhauser. Kramer sah sich und den Bonner Spitzenbasketball vor dem sportlichen Nichts. Doch der Schein trog: Im Hintergrund hatten die Strategen um BG-Präsident Dr. Hans Braun längst den Übertritt des Herren-Bereichs der BG zum Post-SV Bonn verhandelt, womit die Deutsche Telekom, als Erbe des umfangreichen Postsportwesens, zu einer Art Pflichtsponsoring gezwungen war. Das waren etwas mehr als 250 000 Mark pro Saison, erinnert sich der heutige Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich, also eine Summe, mit der nur der Untergang zu vermeiden war.

 

Tage später gab Kramer, Bundesliga-Beauftragter des neuen Teams, die erste Verpflichtung bekannt: George Devone, der Bär aus Trier. Reboundstark, aber zuweilen lethargisch, spulte der 34-jährige für die nächsten zwei Jahre sein Pensum ab. Die zweite Neuverpflichtung sollte sich als Glücksgriff für die kommenden fünf Jahre erweisen: Eric Taylor, der nur 178 cm kleine Amerikaner, konnte mit dem ebenfalls Bundesliga-erfahrenen Coach Dan Palmer verpflichtet werden.

Braun, einer von drei Geschäftsführern im Post-SV, sprach bald sogar vom möglichen Erstliga-Aufstieg im zweiten Jahr der Telekom-Förderung. Doch das Gefälle im Kader war zu groß, und schon im zweiten Spiel 93 / 94 war es ausgerechnet der Rhöndorfer TV, der die Postboten desillusionierte: 1500 Zuschauer, so viele wie seit Bundesliga-Zeiten nicht mehr, sahen im Pennenfeld einen 93:86-Erfolg des Aufsteigers. Und in der gesamten Saison sollte es Bonn nicht mehr gelingen, die Drachen in der Tabelle zu überholen.

 

Aber die Basketball-Begeisterung war wieder geweckt, dazu trug nicht unwesentlich der Rückspiel-Erfolg in Rhöndorf bei. Beide Teams lieferten sich in der Aufstiegsrunde zwei weitere packende Duelle - ebenfalls unentschieden.

 

Mittlerweile hatte John Ecker das Trainer-Zepter übernommen. Doch die Saison 1994 / 95 endete sportlich unerfreulich: Während der Post SV in der Abstiegsrunde nur Siebter wurde, floss in Honnef der Sekt: Rhöndorf stieg in die Bundesliga auf.

 

Danach überschlugen sich die Ereignisse. Die Telekom kündigte das Sponsoring aller Bundesliga- und Zweitliga-Engagements in Post-Sportvereinen. Basketball in Bonn erhielt jedoch, nicht zuletzt aufgrund der entfachten Begeisterung, eine große Chance. Allerdings setzte die Telekom eine Bedingung: Gründung eines eigenen Vereins. Bereits am 27. April 1995 war der Telekom Baskets Bonn e.V. beim Amtsgericht eingetragen, 48 Stunden später wanderten alle von GTV und Fortuna erspielten Herren-Ligenplätze zu den Baskets. Der Post-SV war lediglich von 1993 bis 1995 Zwischenstation - eine Funktion, für die er fast 500 000 Euro verlangt und bis heute vor Gericht streitet.

 

Im neuen-alten Verein ging unterdessen wirklich die Post ab: Trainer Bruno Socé kam, auch Nationalspieler Klaus Perwas, und Taylor, Kramer und Carsten Schul blieben. Vom ersten Spieltag weg dominierten die Bonner die Zweite Liga. Taylor und Co. zogen die Massen an und beendeten die Spielzeit inklusive Aufstiegsrunde mit nur einer Niederlage.

 

Sechs Spielzeiten nach dem einjährigen BundesligaAbenteuer des GTV stand wieder ein Bonner Team in der Ersten Liga. Und es wurde eine phantastische Saison, die auch alle Befürchtungen widerlegte, aus der Hardtberghalle, dem neuen Baskets-Spielort, würde der Eisschrank der Liga. Auf Anhieb Platz zwei, jeweils die gleiche Platzierung 1999 und 2001; dazu sechs Jahre Europapokal.

 

So gab es für die Telekom aus sportlicher Sicht und angesichts des bis heute anhaltenden Baskets-Fiebers keinen Anlass, das Sponsoring zu beenden. Und erst kürzlich beschlossen beide Partner, den Weg mindestens weitere drei Jahre fortzusetzen - für die Spielzeiten elf bis 13.


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